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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Drogenkrieg Das sind die Strippenzieher der Kölner Drogenbande

Die ersten Anklagen im Kölner Drogenkrieg bringen erstaunliche Details zu den Strukturen der Kalker Drogenbande ans Licht. Sie operiert perfide und international.
Eine einfache Sicherheitskontrolle bringt das Imperium von Karim A. (Name geändert) zum Einsturz. Seit Monaten ist der 22 Jahre alte Kölner vor der Polizei auf der Flucht, wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Nach einem Flug von Dubai nach Paris geht er den französischen Fahndern am 5. Oktober 2024 ins Netz. Der Mann, der Köln monatelang in Angst und Schrecken versetzt haben soll, ist gefasst.
Karim A. gilt als Kopf der Kalker Drogenbande, die für Geiselnahmen, Explosionen, Folter und Schüsse in Köln und der Region verantwortlich sein soll. Mit seiner Verhaftung endete die Gewaltwelle in der Stadt abrupt, seitdem gelingen den Ermittlern der EG "Sattla" immer wieder Fahndungserfolge. Karim A.'s Komplizen stehen seit Anfang April in Köln vor Gericht. Darunter auch der Mann, der ihn verraten haben soll.
Kölner Drogenkrieg: Details über perfide Drogenbande enthüllt
Die ersten Anklagen im Kölner Drogenkrieg geben umfangreiche Einblicke in die Strukturen und die mutmaßliche Vorgehensweise der Kalker Drogenbande. Es ist eine Gruppe von jungen Männern und Frauen, die internationale Kontakte haben und wissen, wie sie sich vor der Polizei verstecken müssen. Sie dealen nicht nur in Köln, sondern auch in Dresden, München oder Frankfurt am Main. Ihre Drogen bekommen sie aus den Niederlanden und Marokko.
Es beginnt laut Anklage mit der Idee von Karim A. und ein paar Bekannten zwischen November 2023 und Frühjahr 2024. A. hat Kontakte in die Niederlande, entschließt sich im großen Stil mit Marihuana, Kokain, Heroin und Ecstasy zu handeln. Später verkauft die Gruppe auch Crack, also mit Ammoniak verarbeitetes Kokain. A. ist der Anführer der Gruppe, findet laut den Ermittlern aber schnell wichtige Mitstreiter.
Köln: Explosionen und Geiselnahmen erschüttern die Stadt
Zum einen ist da Azad K. (Name geändert). Er soll sich um die Lieferung der Drogen nach Köln gekümmert und dafür gesorgt haben, dass die Drogen in der Stadt verteilt werden. Er ist Karim A. demnach direkt untergeordnet.
Unterstützt wird er laut Anklage von Ahmed O. und Behzad E., die die Transporte mitorganisieren und Kontakte zu den Partnern in den Niederlanden halten. Vor allem kümmern sie sich um das Kokain und das Marihuana. Hamza B. dagegen pflegt laut Ermittlern die Kontakte nach Frankfurt am Main, schickt pro Woche mehrere Kilogramm Kokain, Heroin und Crack nach Hessen. Es sind diese fünf Männer, die hauptsächlich hinter den Geschäften der Kölner Drogenbande stecken sollen.
Unterstützt werden sie weiterhin von den drei Männern, die seit Mittwoch in Köln auf der Anklagebank sitzen. Saddam B., der Drogentransporte mit durchgeführt haben soll und die Finanzen der Gruppe im Blick hatte. Aymen S., der B. dabei unterstützte und Drogen in der Stadt versteckt haben soll. Und Aymen G., der die Transporter für die Gruppe besorgte – und der das Drogenversteck an Unbekannte verraten haben soll.
Geiselnahme in Köln: Niederländische Folterer sitzen vor Gericht
Sie gehen dabei, das gibt selbst die Staatsanwaltschaft zu, äußerst clever vor. So eröffnet die Gruppe rechtsrheinisch einen Kiosk, in dem sie das Geld waschen. Parallel werden die Drogen am Neumarkt, Appellhofplatz und Friesenplatz verkauft. Vier weibliche Mitglieder der Gruppe sollen die Drogen zudem in Clubs und telefonisch verkauft haben. Ob sie dabei auch im "Vanity" aktiv waren, ist nicht bekannt. Vor dem Club ging im September eine Bombe hoch.
Mit dem kolportierten Verrat von Aymen G. brach das Gefüge der Gruppe auseinander. G. soll ein Versteck von 700 Kilogramm Cannabis verraten haben, woraufhin Unbekannte die Hälfte der Drogen mit Maschinenpistolen stahlen. Karim A. verlor daraufhin wohl erzürnt die Kontrolle. In ganz Nordrhein-Westfalen ließ er vermutlich nach den Dieben suchen, bedrohte mögliche Täter mit Schüssen auf Wohnhäuser, Folter oder Explosionen vor Geschäften.
Dabei kaufte er sich junge, beeinflussbare Täter aus den Niederlanden. "Crime as a service", wie es die europäische Polizeibehörde Europol nennt. Drei dieser Männer sitzen ab Freitag wegen Folter und Beteiligung an einer Geiselnahme auf der Anklagebank.
Kölner Drogenkrieg: Ermittler kündigen neue Anklage an
Was Karim A. vermeintlich nicht wusste. Der mutmaßlich Schuldige Aymen G. saß zu diesem Zeitpunkt schon in Untersuchungshaft. Er wurde rund zwei Wochen nach dem Cannabis-Diebstahl gefasst.
Wann sich der Kopf der Kalker Drogenbande vor Gericht verantworten muss, steht noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft Köln arbeitet derzeit an sechs weiteren Anklagen im Kölner Drogenkrieg.
Einige Namen wurden geändert. Bis zum Urteil gilt für die Angeklagten die Unschuldsvermutung.
- Reporter vor Ort
- Eigene Recherchen