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Drogenkrieg und "Mocro-Mafia": Anklage enthüllt Details zu Verrat


Gewaltwelle in Köln
Dieser Verrat löste einen Drogenkrieg aus


09.04.2025Lesedauer: 3 Min.
Die ersten Angeklagten im Rheinischen Drogenkrieg: Aymen G (r.) soll mit einem Verrat die Gewalteskalation ausgelöst haben.Vergrößern des Bildes
Die ersten Angeklagten im rheinischen Drogenkrieg: Aymen G. (r.) soll mit einem Verrat die Gewalteskalation ausgelöst haben. (Quelle: Sebastian Hahn)
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Ein Verrat führt zu einer Gewaltspirale: Schüsse, Explosionen und Geiselnahmen erschüttern Köln und Umgebung. Jetzt klären sich vor Gericht die Hintergründe.

Die rote Gerichtsmappe zittert, als Aymen G. am Mittwoch im Gerichtssaal Platz nimmt. Der 22-Jährige spricht ein wenig verunsichert mit seinem Anwalt Carsten Heinen, als sein Auftritt von Fotokameras begleitet wird. Sein Gesicht zeigt Aymen G. nicht. Der fast schüchtern wirkende Mann soll derjenige sein, der im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen einen Drogenkrieg ausgelöst haben soll, der bundesweit Schlagzeilen machte – und die Angst vor der sogenannten Mocro-Mafia schürte.

Aymen G. ist eigentlich kein hohes Tier in seiner international vernetzten Kölner Drogenbande. Er besorgt für die Gruppe aus dem Stadtteil Kalk Transporter, organisiert Fahrten und erfindet trickreiche Verstecke, damit die Drogen bei Polizeikontrollen nicht auffallen. Aber am 22. Juni 2024 wird er vielleicht zu dem Mann, der eine beispiellose Welle an Gewalt in Köln und Nordrhein-Westfalen auslöst.

Es ist ein lauer, aber bewölkter Sommertag, an dem ein Lkw mit drei Männern bei Köln von der Autobahn abfährt. Ihr Ziel: eine Lagerhalle in einem Industriegebiet in Hürth, vor den Toren der Stadt. Es ist 21.41 Uhr, die Sonne geht gerade unter. Da stoppt der Wagen plötzlich – und die drei Männer ziehen ihre Maschinengewehre.

Rheinischer Drogenkrieg: Steht jetzt der "Verräter" vor Gericht?

Mit schnellen Schritten gehen sie auf Saddam B. zu. Er ist Teil der Kölner Drogenbande, soll die Lagerhalle in Hürth bewachen. Denn dort lagern 700 Kilogramm Marihuana "von durchschnittlicher Qualität", wie die Staatsanwaltschaft mitteilt. 50.000 Euro versprechen sich die Kölner davon, deshalb hat Saddam B. auch einen geladenen Revolver dabei, als die Männer heranstürmen. Doch gegen deren Maschinengewehre hat er keine Chance.

Video | Video zeigt Momente nach der Explosion
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Quelle: t-online

Der 22-Jährige wird gefesselt, einer der Täter steckt ihm den Lauf der Waffe in den Mund und droht damit, ihn zu töten. Neun Minuten später sind die unbekannten Männer verschwunden – und mit ihnen die Hälfte des Marihuana.

Gewaltwelle in Köln und Umgebung: Anklage enthüllt neue Details

Aymen G. soll sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in der Nähe der Lagerhalle aufhalten. Er soll den Männern gesagt haben, wo die Drogen lagern und vor allem, wie sie gesichert sind. Erst einen Tag vorher hatte G. dabei geholfen, gemeinsam mit Saddam B. und Aymen S. die Drogen aus den Niederlanden nach Hürth zu bringen. Noch am selben Tag soll er sie verraten haben.

Saddam B., Aymen S. und Aymen G. sind die ersten Angeklagten im Kölner Drogenkrieg. Ihnen wird unter anderem bewaffneter und bandenmäßiger Handel mit Cannabis bzw. die Beihilfe dazu vorgeworfen. Aymen G. zudem besonders schwerer Raub, Freiheitsberaubung und die Beihilfe zu bewaffnetem Handel mit Cannabis. Sie sind gemeinsam angeklagt, aber auf Aymen G. sind die anderen beiden nicht gut zu sprechen. Auch deshalb sitzt zwischen ihnen ein Sicherheitsbeamter. Lesen Sie hier mehr zum Prozessauftakt.

Kölner Drogenkrieg: Kopf der Bande sitzt in Untersuchungshaft

Karim A. (Name geändert) war der Kopf der Kölner Drogenbande und soll nach dem Diebstahl erzürnt gewesen sein. Denn bei Verlust der Drogen sollte die Kölner Gruppe die Kosten selbst tragen. A. beauftragte einen seiner engsten Vertrauten damit, den Verräter in den eigenen Reihen zu finden.

Die Folge waren Geiselnahmen in Hürth und im Kölner Stadtteil Rodenkirchen, die vom Kölner SEK beendet werden mussten. Es folgten Schüsse auf Wohnhäuser und Explosionen vor Gebäuden, unter anderem vor einem Nachtclub und einem Geschäft in der Kölner Innenstadt. Die Stadt war wochenlang im Ausnahmezustand.

Die Serie an Gewalttaten endete erst, als A. im Herbst am Pariser Flughafen Roissy festgenommen wurde. Im Januar wurde er nach Deutschland ausgeliefert und muss sich bald in einem anderen Verfahren verantworten.

"Mocro-Mafia" und Gewaltspirale: Drogenkrieg erschüttert Köln

Monatelang war über die Hintergründe des Drogenkriegs gemutmaßt worden, erst die Anklageverlesung am Mittwoch brachte entscheidende Details ans Licht. Zwischenzeitlich hatte es Befürchtungen gegeben, dass die "Mocro-Mafia", ein Oberbegriff für niederländische Drogenbanden, hinter den Taten stecken könnte.

Diese Vermutung bestätigte sich jedoch nicht. Dennoch agierte die Kölner Drogenbande international. Ihre Drogen, darunter Marihuana, Kokain, Heroin und Ecstasy, bekamen sie aus Marokko und den Niederlanden, ihre Drogen wurden deutschlandweit verteilt. Woche für Woche wurden "mehrere Kilogramm" an Drogen verkauft, dabei agierte die Gruppe hochprofessionell.

Zum Prozessauftakt ließen die Angeklagten über ihre Verteidigung mitteilen, von ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Wie detailliert sie gehandelt haben sollen, sollen insgesamt 18 Verhandlungstage mit etlichen Zeugen zeigen. Und das könnte bloß der Anfang sein: Köln muss sich auf eine Reihe von noch folgenden Mammutprozessen einstellen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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