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Ukraine-Krieg: Nordkoreaner kämpfen für Russland – eine echte Verstärkung?


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Nordkoreanische Soldaten unterstützen Putin
"Nach dem ersten Angriff sind sie tot oder haben Erfahrung"


15.11.2024Lesedauer: 5 Min.
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Kim Jong Un beobachtet eine Militärübung seiner Truppen (Archivbild): Der nordkoreanische Diktator steht fest an Putins Seite. (Quelle: Uncredited/dpa)
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Schon 11.000 nordkoreanische Soldaten sollen in der russischen Region Kursk stationiert sein, darunter auch Elitetruppen. Doch sind sie eine echte Verstärkung für Russland?

Über der russischen Region Kursk hängt seit Monaten ein dichter Kriegsnebel, der sich nur selten lichtet. Die Anfang August begonnene Offensive der ukrainischen Armee in dem Gebiet hat Bewegung in die Kampfhandlungen von Kiews Truppen gebracht, die zuvor entlang der Front ausschließlich in der Verteidigung gewesen waren. Doch nur selten dringen belastbare Informationen aus der Region an die Öffentlichkeit. Der Nebel erscheint zumeist als undurchdringlich.

Wirbel hat die Kursk-Offensive jedoch in die internationale Diplomatie gebracht. Denn besonders ein Akteur tritt nun im Ukraine-Krieg noch aktiver auf als zuvor: Nordkorea. Im Westen und in der Ukraine wird die Entsendung nordkoreanischer Truppen nach Russland als weitere Eskalation des russischen Angriffskriegs betrachtet. Nato-Generalsekretär Mark Rutte erklärte vergangene Woche, die Zusammenarbeit zwischen China, Nordkorea, Russland und dem Iran werde "mehr und mehr zur Bedrohung".

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Nordkoreas Armee gilt mit rund 1,3 Millionen aktiven Soldaten und gut 7,6 Millionen Reservisten als eine der größten der Welt. Das Militär macht damit knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes aus. Kampferfahrung haben Kim Jong Uns Truppen jedoch kaum. Seit dem Koreakrieg 1950 bis 1953 war Nordkoreas Militär in keinen Krieg mit Bodensoldaten verwickelt. Wie also sollen die unerfahrenen Truppen des Regimes Russland unterstützen? Oder werden sie gar zum Klotz am Bein von Putins Truppen?

Video | Selenskyj warnt vor Nordkoreanern in Kursk – und kritisiert westliche Verbündete
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Quelle: reuters

Selenskyj über Nordkoreaner: "Es gab bereits Verluste"

Seit Oktober ist bekannt, dass Diktator Kim Jong Un mindestens 10.000 Soldaten nach Russland geschickt hat. Diese wurden zunächst über wenige Wochen im Osten Russlands auf Militärübungsplätzen trainiert und dann nach Kursk geschickt. Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sollen sogar bereits 11.000 nordkoreanische Soldaten in Kursk sein. "Einige von ihnen haben schon an Kampfhandlungen gegen das ukrainische Militär teilgenommen. Es gab bereits Verluste", sagte er am vergangenen Donnerstag.

Der Militärexperte Gustav Gressel sagt t-online, dass sich der Einsatz der Nordkoreaner bisher kaum bewerten lasse. Dazu seien die Soldaten noch in zu geringer Zahl im Einsatz gewesen – und noch dazu in Kursk, so Gressel. Die Ukraine lasse nur spärlich Journalisten und internationale Beobachter nach Kursk, sodass viele Informationen, die derzeit nach außen dringen, kaum verifizierbar seien.

Ausbildung und Ausrüstung wohl besser als für Russen

Auch Gressel erkennt in der Unerfahrenheit der Nordkoreaner ein Problem aus Sicht Russlands. Moskaus Truppen würden jedoch selbst oft über kaum Erfahrung verfügen: "Die Ausbildung mobilgemachter russischer Soldaten und Freiwilliger ist mit oft nur 14 Tagen kurz und schlecht", so der Experte. Der Unterschied zwischen den Nordkoreanern und den russischen Rekruten sollte daher nicht groß sein.

Zur Person

Gustav Gressel ist Hauptlehroffizier und Forscher am Institut für Strategie und Sicherheitspolitik der Landesverteidigungsakademie in Wien. Zuvor war er als Senior Policy Fellow bei der politischen Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) tätig. Er beschäftigt sich in seiner Forschung schwerpunktmäßig mit den militärischen Strukturen in Osteuropa und insbesondere mit den russischen Streitkräften.

"Ich würde sogar erwarten, dass die nordkoreanischen Soldaten bei einem höheren Niveau beginnen als ein russischer Frischling", sagt Gressel. "Und nach dem ersten Angriff sind sie tot oder haben Kampferfahrung."

In eine ähnliche Kerbe schlägt George Barros vom US-Thinktank Institute für the Study of War (ISW). Der Militäranalyst sagte der "New York Times", dass die nordkoreanischen Soldaten gut organisiert seien. "Das Einzige, was sie vielleicht sogar besser können als die Russen, sind Zusammenhalt und Disziplin", so Barros.

Wohl bereits 8.000 tote russische Soldaten in Kursk

Für das höhere Niveau spricht, dass Nordkorea wohl einige seiner besten Einheiten nach Russland geschickt hat. Dazu gehören laut Angaben südkoreanischer Geheimdienste Soldaten des 11. Korps, einer Spezialeinheit der nordkoreanischen Armee. Diese Soldaten sind für Missionen hinter der Frontlinie trainiert: Zu ihren Aufgaben gehört es, feindliche Einheiten zu infiltrieren, Infrastruktur zu sabotieren und gezielte Tötungen vorzunehmen. Nun aber könnten sie zum Kanonenfutter werden.

In der vergangenen Woche erklärte der ukrainische Oberbefehlshaber Oleksandr Syrskyj, dass Russland in Kursk seit Anfang der Offensive bereits knapp 8.000 Soldaten verloren habe. Dazu seien mehr als 12.000 Soldaten verletzt worden, 717 weitere gerieten demnach in ukrainische Kriegsgefangenschaft. Angesichts der gerade erst angelaufenen Gegenoffensive der Russen zur Rückeroberung des Gebiets werden die Verluste bei Moskaus Truppen – und nun auch den Soldaten aus Nordkorea – wohl weiter anwachsen.

Doch Kremlchef Wladimir Putin scheint ein Interesse daran zu haben, dass die Nordkoreaner in seinem Krieg nicht einfach verheizt werden. Laut ukrainischen Angaben sollen Kims Soldaten in Russland neben Uniformen auch Maschinengewehre, Scharfschützengewehre, Panzerabwehrraketen und -granaten erhalten haben. Die USA erklärten zudem im Oktober, dass die Nordkoreaner an Artillerie, grundlegenden Infanterietaktiken sowie der Räumung von Schützengräben ausgebildet worden seien. Nur wenige russische Soldaten erhalten Ausrüstung und Ausbildung in solchem Ausmaß.

Bei der Kursk-Gegenoffensive Russlands sollen die Soldaten laut "New York Times" wohl in zwei Gruppen eingeteilt werden. Die eine Gruppe sei als Sturmtrupps für Angriffe auf die Ukraine eingeplant, die andere Gruppe solle die wiedereroberten Gebiete sichern.

Wer hat das Kommando?

Ein weiterer wichtiger Aspekt des nordkoreanischen Einsatzes wird die Koordination der Missionen sein. Laut Gustav Gressel üben russische Offiziere dabei die Kommandogewalt aus. "Sie koordinieren den Einsatz der nordkoreanischen Einheiten mit den anderen russischen Einheiten und Waffengattungen wie etwa Drohnen, elektronischer Kampfführung oder Artillerie", sagt Gressel.

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Man wisse jedoch auch, dass Diktator Kim Offiziere mit nach Russland geschickt habe: "Es ist deshalb anzunehmen, dass nordkoreanische Fußsoldaten selbst von diesen Offizieren kommandiert werden." Auf welcher Ebene der Übergang von der nordkoreanischen Führung auf die russische übergehe, lasse sich derzeit noch nicht feststellen.

Gressel weist darauf hin, dass es durch die sprachliche Barriere zwischen Nordkoreanern und Russen besonders auf der Ebene der einfachen Soldaten durchaus zu Problemen kommen kann. Zu einem solchen Fall könnte es bereits gekommen sein. Laut Aussagen eines von Ukrainern gefangen genommenen russischen Soldaten sollen Nordkoreaner bereits versehentlich auf Russen gefeuert haben.

"Die Rote Armee diente der nordkoreanischen lange als Vorbild"

Bei Offizieren lasse sich das schwerer bewerten: "Die Rote Armee diente der nordkoreanischen lange als Vorbild", erklärt Gressel. Kontakte dürften zumindest zwischen den Nachrichtendiensten auch in den Neunzigerjahren eng geblieben sein. Daher gebe es sicherlich "einen gewissen Stock an bilingualen Offizieren".

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Nicht zuletzt muss der Einsatz der Nordkoreaner anhand seines Umfangs bewertet werden. Schon jetzt ist die Entsendung von mehreren Tausend Soldaten historisch für die Diktatur. Zwar hatte Nordkorea bereits im Vietnamkrieg Nordvietnam, im Jom-Kippur-Krieg die ägyptische Armee sowie im syrischen Bürgerkrieg das Assad-Regime unterstützt. Dabei handelte es sich jedoch stets lediglich um einzelne Spezialisten. Nach Ägypten wurden 1973 rund 1.500 Piloten, Militärberater und Spezialeinheiten entsandt.

Entsendet Kim bis zu 100.000 Soldaten?

Schon jetzt ist der Einsatz in Russland also beispiellos – und das Ausmaß könnte weiter wachsen. Denn Russland hat derzeit Probleme damit, ausreichend frische Soldaten zu mobilisieren. Vor einer neuen Mobilisierungswelle schreckt Moskau noch zurück, setzt vor allem auf finanzielle Anreize, um neue Freiwillige auszuheben. Nordkorea könnte diese Lücke schließen.

ISW-Experte Barros nannte das im Gespräch mit der "New York Times" eine "alternative Pipeline" für Russland. "Es wird sich wahrscheinlich nicht um eine einmalige Entsendung von 10.000 Soldaten handeln", sagte er. "Es wird eher eine Möglichkeit sein, regelmäßig Tausende, vielleicht bis zu 15.000 Mann pro Monat heranzuziehen." Auch ukrainische Geheimdienste gehen davon aus, dass insgesamt bis zu 100.000 Soldaten nach Russland geschickt werden könnten.

Sollte Diktator Kim sich tatsächlich dazu entschließen, solche Mengen an Soldaten nach Russland zu schicken, könnte das wiederum seinen Nachbarn Südkorea auf den Plan rufen. Bisher hat sich Seoul mit Waffenlieferungen an die Ukraine zurückgehalten, das könnte sich jedoch ändern: Präsident Yoon Suk Yeol schließt direkte Waffenlieferungen an Kiew nicht mehr aus.

"Je nach dem Grad der nordkoreanischen Beteiligung werden wir unsere Unterstützungsstrategie nun schrittweise anpassen", sagte Suk Yeol am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Seoul. "Das bedeutet, dass wir die Möglichkeit von Waffenlieferungen nicht ausschließen."

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