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Nordkoreaner kämpfen gegen Ukraine: Plötzlich geht alles ganz schnell


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Nordkoreaner kämpfen gegen Ukraine
Plötzlich geht alles ganz schnell


Aktualisiert am 06.11.2024Lesedauer: 6 Min.
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Auf diesem von der nordkoreanischen Regierung über die staatliche Nachrichtenagentur KCNA verbreiteten Foto marschieren Soldaten während einer Militärparade in Pjöngjang (Archivbild): Die Soldaten des Kim-Regimes sind erstmals unter ukrainischen Beschuss geraten. (Quelle: Uncredited/dpa)

Erstmals sind Nordkoreaner unter ukrainischen Beschuss geraten. Der Vorfall zeigt einmal mehr eine beunruhigende Entwicklung: Nordkorea ist nun Kriegspartei. Was bedeutet das für die Lage in Kursk?

Die ersten Gerüchte gab es bereits im Juli 2024. Eine Gruppe nordkoreanischer Ingenieure sei auf dem Weg in die von Russland besetzte ukrainische Stadt Donezk, um beim Wiederaufbau zu helfen, meldeten Medien aus Südkorea. Zwei Monate später besuchte der neu ernannte Chef des russischen Sicherheitsrats und ehemalige Verteidigungsminister Sergei Schoigu Nordkorea und traf sich dort mit Machthaber Kim Jong Un.

Dann ging alles ganz schnell.

Bereits Anfang Oktober meldeten ukrainische Geheimdienstquellen, dass sechs nordkoreanische Offiziere bei einem Angriff nahe Donezk gestorben seien. Südkoreas Regierung bestätigte das. In den folgenden Wochen überschlugen sich die Berichte: Nordkoreanische Truppen würden in Russland ausgebildet, seien danach an die Grenze zur Ukraine geschickt worden. Erst vergangene Woche erklärte US-Außenminister Antony Blinken, dass ihr Einsatz gegen ukrainische Truppen kurz bevorstehe.

Und so ist es offenbar gekommen. Am Montag erklärte Andrij Kowalenko, Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, auf Telegram: "Die ersten Militärangehörigen der DVRK (Demokratische Volksrepublik Korea, Anm. d. Red.) sind bereits in der Region Kursk unter Beschuss geraten." Dieser kurze Satz markiert ein neues Kapitel des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Video | Ukrainische Soldaten begeistert von deutschen Leopard-Kampfpanzern
Quelle: Glomex

Mindestens 10.000 Nordkoreaner in Kursk

Noch ist nicht viel über den Vorfall bekannt. Hat die ukrainische Armee russische Stellungen in Kursk angegriffen, in denen Nordkoreaner stationiert waren? Waren die Soldaten des Kim-Regimes Teil eines Angriffs auf Ukrainer in der Region? Gab es auf einer oder beiden Seiten Verletzte oder gar Tote? All das ließ Kowalenko unbeantwortet. Auch die ukrainische Militärführung und die Regierung in Kiew äußerten sich nicht dazu.

Allem Anschein nach sollen die nordkoreanischen Soldaten zunächst die russische Gegenoffensive in Kursk unterstützen. Anfang August waren ukrainische Soldaten in die Grenzregion einmarschiert. Zwischenzeitlich kontrollierten sie mehr als 1.000 Quadratkilometer russischen Bodens. Russlands Antwort ließ länger auf sich warten, ist jedoch in den vergangenen Wochen angelaufen – und wird nun wohl von nordkoreanischen Soldaten unterstützt. Mindestens 10.000 Nordkoreaner sollen laut US-Angaben bereits in Kursk stationiert sein, die Ukraine spricht von 11.000 Mann. Mehr könnten folgen.

Video | Selenskyj warnt vor Nordkoreanern in Kursk – und kritisiert westliche Verbündete
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Quelle: reuters

Nordkorea wird damit zur Kriegspartei. So argumentiert zumindest Marko Milanovic, Professor für internationales Recht an der britischen University of Reading. "Nordkorea ist nun Täter und nicht nur Komplize bei Russlands Rechtsverletzung", schreibt Milanovic in einem Blogeintrag für das Fachmagazin "European Journal of International Law". Das gelte besonders dann, wenn Nordkorea die Kommandogewalt über seine Soldaten nicht vollständig an Russland übergebe. Seine Ansicht teilen auch andere Völkerrechtler.

Putin trifft sich mit Kims Außenministerin

Die enge Zusammenarbeit Russlands und Nordkoreas in diesem Krieg wurde am Montag vom Treffen der nordkoreanischen Außenministerin mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau unterstrichen. Putin begrüßte Choe Son Hui mit den Worten: "Bei uns ist heute ein Feiertag, und sich an Feiertagen mit guten Freunden zu treffen, ist eine gute Tradition". Der 4. November ist in Russland der "Tag der Einheit des Volkes". Details gab der Kreml nicht bekannt. Wohl aber überbrachte die Ministerin Grüße des Diktators Kim Jong Un an Russlands Präsidenten.

Es bleibt abzuwarten, wann und in welchem Ausmaß nordkoreanische Soldaten tatsächlich gegen ukrainische Truppen eingesetzt werden. Bis auf die Meldung aus der Ukraine vom Montagmorgen gab es bisher keine Anzeichen dafür. Das wird sich voraussichtlich bald ändern, warnten sowohl Kiew als auch Washington.

Welchen Einfluss haben die Nordkoreaner auf die Kämpfe in Kursk?

Zudem bleibt abzuwarten, ob der Einsatz der Nordkoreaner für Russland eine entscheidende Hilfe sein kann. Russland hat zwar in den vergangenen Monaten hohe Verluste erlitten – der estnische Geheimdienst sprach zuletzt von 40.000 gefallenen, verletzten oder vermissten Soldaten allein im Oktober. Dennoch gelingt es Russland, den Druck auf die ukrainischen Verteidiger aufrechtzuerhalten, besonders im Donbass. Und auch in Kursk scheint Russland Fortschritte zu machen.

Bereits Mitte Oktober berichtete der US-Thinktank Institute for the Study of War, dass Russland rund 46 Prozent des von der Ukraine eroberten Territoriums in Kursk wieder zurückgewonnen habe. Experten gehen davon aus, dass es sich dabei jedoch lediglich um die Gebiete handle, die für die Ukrainer ohnehin schwierig zu verteidigen waren.

Michael Bohnert von der US-Denkfabrik Rand Corporation etwa sagte dem "Business Insider", dass die ukrainischen Truppen dort kämpfen könnten, wo es vorteilhaft für sie sei, während sie sich von schwierigeren Lagen zurückziehen könnten. "Das ist eine sehr effiziente Weise zu kämpfen", so Bohnert.

William Alberque vom US-Thinktank Stimson Center bestätigte dem Portal diese Einschätzung: "Man könnte die jüngsten Fortschritte betrachten und sagen, dass sie groß sind, aber ich würde auch sagen, dass es daran liegt, dass die Ukraine so viel Territorium eingenommen hat, mehr als sie überhaupt verteidigen wollte." Für die Ukraine sei es nun einfach, sich zurückzuziehen und Gebiete zu besetzen, die sie unter anderen Umständen nicht hätte halten können.

Letztlich profitiert die Ukraine in Kursk vorrangig von ihrem einhaltbaren strategischen Ziel. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bereits erklärt, dass die eroberten Gebiete nicht für immer gehalten werden sollen.

Es geht den Ukrainern offenbar vor allem um eine Pufferzone, aber auch darum, die Moral der eigenen Truppen angesichts lange ausgebliebener Erfolge auf dem Schlachtfeld wieder anzuheben. Zumindest Ersteres scheint angesichts der flexiblen Taktik der Ukrainer zu funktionieren.

USA schicken weitere Radschützenpanzer

Dabei sollen Kiews Truppen nun bedeutende Unterstützung erhalten. Wie das US-Magazin "Forbes" berichtet, seien als Teil des kürzlich verkündeten 425-Millionen-Dollar-Hilfspakets der USA 212 Stryker-Radschützenpanzer auf dem Weg in die Ukraine. Damit hätte die Ukraine – trotz vorheriger Verluste bei diesen Fahrzeugen – rund 400 Stück in ihrem Arsenal.

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Mit den bereits gelieferten Stryker-Panzern seien zwei Luftlandebrigaden ausgerüstet worden, die derzeit in Kursk kämpften, berichtet "Forbes" weiter. Die neue Lieferung könnte nun zur Ausrüstung einer weiteren Brigade genutzt werden, die ebenfalls bereits in Kursk kämpft, aber über keine solchen Schützenpanzer verfügt. Die überaus mobilen Fahrzeuge könnten die Bemühungen der Ukrainer in der russischen Region deutlich verstärken.

Fraglich ist jedoch, ob die Kursk-Invasion einen langfristigen, positiven Effekt auf die Moral der Truppe haben kann. Schon von Beginn an gab es Berichte über Zweifel der ukrainischen Soldaten an der Offensive. Denn besonders im Donbass stehen die Verteidiger unter Druck. Russland rückt hier seit Monaten vor – langsam, aber stetig.

Sollte der Plan der Kursk-Offensive gewesen sein, russische Truppen zu binden, so scheint dieser nicht aufzugehen: Russland hat seine Offensive in der Ostukraine noch verstärkt.

Ukrainischer Soldat zweifelt an Sinnhaftigkeit der Kursk-Operation

Ein ukrainischer Soldat, der für ein Marinekorps in Kursk im Einsatz ist und auf der Social-Media-Plattform X unter dem Namen "Kriegsforscher" darüber schreibt, hat angesichts der Verluste im Donbass große Zweifel an der Kursk-Offensive. Es gebe zwar positive wie negative Perspektiven auf den Vorstoß, schreibt er, aber es sei "sehr schwer zu akzeptieren und zu verstehen, welchen Vorteil es hat, hier auf den Feldern der Oblast Kursk zu sein, während man Städte mit Kellern und voller Zement verliert."

Ein Einsatz nordkoreanischer Truppen in Kursk könnte die Situation der Ukraine im Donbass weiter verschlechtern, wenn Russland wieder mehr eigene Soldaten dorthin schickt. Auch aus diesem Grund könnte das Eintreten Kim Jong Uns in den Krieg eine Zäsur darstellen und zukünftigen Historikern Material für Analysen liefern.

Schon jetzt ist die Lage im Donbass für die Ukrainer prekär. Vergangene Woche hatte der ukrainische Generalmajor Dmytro Martschenko gar erklärt, dass die Front "eingebrochen" sei. Das mag verfrüht gewesen sein, doch der Druck auf die Ukrainer steigt. Auch wenn die nordkoreanischen Soldaten Russland keinen entscheidenden Vorteil verschaffen, könnten sie den Ukrainern dennoch Probleme bereiten, wenn die Verteidiger an manchen Frontabschnitten plötzlich gegen größere Einheiten kämpfen müssen.

Scholz will Taten anderer Partner sehen

Die Unterstützer der Ukrainer sind indes besorgt, sprechen von einer Eskalation des Kriegs. Selbst UN-Chef António Guterres, der zuletzt wegen eines Treffens mit Putin in der Kritik stand, äußerte sich beunruhigt.

Der ukrainische Präsident ruft seine Partner nun einmal mehr dazu auf, seinem Land mehr Waffen zu liefern. Und er appelliert erneut dafür, der Ukraine zu erlauben, mit bereits gelieferten, weitreichenden Waffen russischen Boden zu attackieren. "Wir könnten vorab zuschlagen, wenn wir denn die Möglichkeit und Reichweite (der Waffen) hätten", sagte Selenskyj am Freitag in seiner allabendlichen Videoansprache. Er brauche lediglich die Erlaubnis der USA, Großbritanniens oder Deutschlands.

Doch von deutscher Seite aus wird sich zunächst wohl nichts ändern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte am Montag beim Antrittsbesuch von Nato-Generalsekretär Mark Rutte in Berlin: "Deutschland hat sich bewährt als ein Partner, der liefert und nicht nur Ankündigungen macht. Und ich glaube, es wäre ganz gut, wenn in dieser besonderen Situation manche der Ankündigungen, die bereits gemacht worden sind, jetzt in die Tat umgesetzt werden würden."

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