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Ukraine: "Prigoschin kann froh sein, wenn er seinen Prozess noch erlebt"


Machtkampf um Putin
Wagner-Chef "kann froh sein, wenn er den Prozess erlebt"

Von t-online, mk

13.02.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230131-99-427103Vergrößern des Bildes
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin: "Sie wollen ihn offensichtlich nicht in der Politik, weil er so unberechenbar ist". (Quelle: Uncredited/dpa)
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Mit dem Krieg gegen die Ukraine sah Jewgeni Prigoschin die Chance für seinen Aufstieg gekommen. Jetzt kämpft der Chef der Wagner-Truppe ums politische Überleben.

Mit seiner privaten Söldnertruppe Wagner im Rücken schien Jewgeni Prigoschin lange Zeit unantastbar zu sein. Immer wieder kritisierte der Putin-Vertraute ganz unverhohlen die russische Armeeführung für das Debakel im Krieg gegen die Ukraine und machte sich so einen Namen unter Kriegsbloggern und Nationalisten. Doch im Kreml sieht man den Aufstieg des ehrgeizigen Oligarchen mit Argwohn – und versucht ihn nun offenbar zum Schweigen zu bringen.

So berichtet der russische TV-Propagandist und frühere Putin-Berater Sergeij Markow von einer Anweisung, Prigoschin und die Wagner-Truppe "nicht mehr so häufig" zu erwähnen: "Die Anweisung kam von ganz oben und sie erging nicht nur an mich", zitiert die "New York Times" Markow. "Sie wollen ihn offensichtlich nicht in der Politik, weil er so unberechenbar ist – sie fürchten sich vor ihm", sagt Markow. Vom "traurigen Schicksal" Prigoschins ist auch die Rede im Telegramkanal Tscheka-OGPU, der mutmaßlich von Wagner-Insidern betrieben wird.

Wagner-Truppe blutet aus

"Für Prigoschin haben sich die Dinge schlagartig geändert und er braucht jetzt dringend starke Unterstützung", berichtet Tscheka-OGPU. "Zuvor standen Politiker wie Sluzki und Mironow (rechtsgerichtete Duma-Abgeordnete, Anm. d. Red.) Schlange, um in seine Nähe zu kommen. Jetzt ändert sich vor unseren Augen alles und Prigoschin versucht, dies mit seiner Medientätigkeit zu kompensieren."

Prigoschins Niedergang begann mit dem Scheitern seiner Privatarmee vor Bachmut. Mehr als 20.000 Söldner soll die Truppe bei den monatelangen Kämpfen um die Stadt im Osten der Ukraine verloren haben, erobern konnte sie aber nur den Vorort Soledar. Inzwischen hat die reguläre russische Armee wieder die Führung über die Kämpfe in der Ukraine übernommen, während die Wagner-Truppe personell ausblutet und selbst in russischen Strafkolonien keine neuen Rekruten mehr anwerben kann. Für Prigoschin rächt sich nun offenbar seine Konfrontation mit der Armeeführung.

"Prigoschin sollte Verteidigungsminister werden"

Schon die Absetzung von General Sergeij Surowikin als Oberbefehlshaber in der Ukraine Anfang Januar war ein herber Rückschlag für Prigoschin. Surowikin gilt als Sympathisant der Wagner-Truppe und hat diese bei den Kämpfen in der Ukraine unterstützt. Ersetzt wurde Surowikin ausgerechnet durch Generalstabschef Walerij Gerassimow – Prigoschins erklärtes Feindbild neben Verteidigungsminister Sergeij Schoigu. Immer wieder hatte Prigoschin die beiden verbal massiv attackiert, gerne im Tandem mit Tschetschenenführer Ramsan Kadyrow. Der russische Exil-Journalist und Menschenrechtler Wladimir Osetschkin spricht gar von einer Verschwörung Prigoschins, Kadyrows und Surowikins, die nun gescheitert sei.

"Prigoschin sollte Verteidigungsminister oder dessen Stellvertreter werden, Kadyrow wollte die Nationalgarde leiten", sagte Osetschkin dem unabhängigen russischen Portal "Wir können es erklären". Putins Geheimdienst FSB habe aber schon im Oktober Wind bekommen von den Absprachen der drei und ihre Pläne durchkreuzt, sagt Osetschkin. Als Erstes sei dann Surowikin entfernt worden. "Prigoschins schmutzige Methoden, wie die öffentliche Beleidigung von Generälen, haben auch Surowikin einen schlechten Dienst erwiesen", so Osetschkin.

"Kompromat" gegen Prigoschin?

Prigoschin und Kadyrow hätten zwar mit allen Mitteln versucht, in Putins Nähe zu kommen, außer gelegentlichen Treffen mit dem Kremlchef aber nichts erreicht. "Wir sehen ja, dass keine Personalentscheidungen in ihrem Sinne getroffen wurden", sagt Osetschkin, der in Frankreich lebt und Überläufern aus Putins Regime zur Flucht in den Westen verhilft. Wahrscheinlich wäre Jewgeni Prigoschin ohnehin nicht in den Kreml gelangt, glaubt Osetschkin: "Der FSB hat in den 80er-Jahren eine Akte über seine Zeit im Gefängnis angelegt. Und solange es dieses 'Kompromat' gibt, hat Prigoschin keine politische Zukunft."

Tatsächlich stammt Prigoschin, wie auch Putin, aus dem Umfeld der St. Petersburger Mafia. Die Grundlage für sein heutiges Vermögen als Cateringunternehmer und Chef einer Privatarmee legte der 61-Jährige in den 90er-Jahren mit illegalen Glücksspielgeschäften. Auf den Rechtsstaat sollte er auch jetzt nicht hoffen, sagt Wladimir Osetschkin: "Prigoschin kann froh sein, wenn er seinen Prozess noch erlebt. Nach den Methoden zu urteilen, die Putin anwendet, wird er wahrscheinlich gesäubert werden."

Verwendete Quellen
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