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Matthias Warnig: Das ist der Deutsche, dem Putin vertraut


Ex-Stasi-Spion Warnig
Der Deutsche, dem Putin vertraut


Aktualisiert am 03.03.2025 - 09:03 UhrLesedauer: 5 Min.
Matthias Warnig bei einem Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Jahr 2008.Vergrößern des Bildes
Matthias Warnig bei einem Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Jahr 2008. (Quelle: Sergei Karpukhin/Reuters)
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Matthias Warnig soll hinter der mutmaßlichen Wiederbelebung von Nord Stream 2 stecken. Seine Freundschaft mit Putin reicht lange zurück. Wer ist der Schattenmann?

Er gilt als Wladimir Putins ältester deutscher Freund: der Unternehmer Matthias Warnig. Der 69-jährige Manager agiert vorzugsweise im Hintergrund, dennoch ist er einer der zentralen Akteure im deutsch-russischen Verhältnis der vergangenen drei Jahrzehnte. Und so wundert es nicht, dass Warnig nun auch im Kontext der mutmaßlichen Wiederbelebung der Gaspipeline Nord Stream 2 genannt wird.

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Wie die "Financial Times" erfahren haben will, soll er hinter den Kulissen daran arbeiten, dass US-amerikanische Unternehmen sich angeblich um einen Neustart des 2022 beendeten Projekts bemühen. Die Ostsee-Pipeline ist hochumstritten, steht sie doch symbolisch für die Abhängigkeit Deutschlands und Europas von billigem russischem Gas – und damit auch vom Kreml.

Um diese Abhängigkeit zu verringern, hatte unter anderem der US-Präsident Donald Trump in seiner ersten Amtszeit auf eine Beendigung von Nord Stream 2 gedrängt. Nun könnte es ausgerechnet der Republikaner sein, der auf Vermittlung von Warnig den Kontakt zum russischen Machthaber Putin sucht, um die Gaspipeline zu reaktivieren.

Ein Schattenmann mit besten Verbindungen in die Politik

Warnig gilt als mächtiger Schattenmann. Er pflegt beste Verbindungen in die Politik, sowohl in die deutsche als auch in die russische. Bei zahlreichen Wirtschaftsdeals zwischen Deutschland und dem Kreml hatte der 1955 im brandenburgischen Altdöbern geborene Warnig seine Finger im Spiel. Etwa beim spektakulären Sponsorenvertrag des FC Schalke 04 mit dem russischen Staatskonzern Gazprom oder eben beim Nord-Stream-2-Projekt.

Seine berufliche Laufbahn begann er in der DDR, wo er 1974 im Alter von 19 Jahren in die Staatssicherheit (Stasi) eintrat. Laut seiner Stasi-Akte gehörte er dem Wachregiment "Felix Dschersinski" an, das direkt dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und dessen Leiter, Erich Mielke, unterstellt war. Warnigs Deckname bei der Stasi lautete "Arthur".

2012: Putin verleiht Warnig den russischen "Ehrenorden"

Später studierte Warnig Volkswirtschaft an der Hochschule für Ökonomie in Ost-Berlin. Nach der Wende arbeitete er als Investmentbanker bei der Dresdner Bank und leitete dort die Russland-Aktivitäten des Unternehmens – eine Position, die es ihm erlaubte, wichtige Beziehungen in Russland zu knüpfen. Diese sollten in den folgenden Jahren noch eine zentrale Rolle in seiner Karriere spielen.

Seit 2006 fungierte Warnig zehn Jahre lang als Geschäftsführer der Nord Stream AG, dem Unternehmen hinter der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 1, die seit Ende August 2022 kein russisches Gas mehr nach Deutschland transportiert. In dieser Funktion spielte er eine Schlüsselrolle beim Ausbau der russisch-deutschen Energiepartnerschaft. Auch bei anderen russischen Großprojekten, wie der Aluminiumgesellschaft Rusal, war Warnig aktiv.

Im Jahr 2012 erhielt er von Wladimir Putin den russischen "Ehrenorden" für seine Verdienste um die russisch-deutsche Zusammenarbeit. Den russischen Autokraten lernte Warnig wohl schon in den Achtzigerjahren kennen, als der damalige KGB-Offizier Putin für den russischen Geheimdienst in Dresden stationiert war.

Zeitung: Mit Austern die Männerfreundschaft zelebriert

Zu Beginn der Neunzigerjahre soll es zu einer einschneidenden Episode im Verhältnis der beiden Männer gekommen sein. So soll sich Warnig 1993 um Putins Ex-Frau Ljudmila gekümmert haben, nachdem diese einen schweren Autounfall gehabt hatte. Demnach sorgte er spontan für Ljudmilas medizinische Betreuung im Ausland und begleitete sie auch bei Urlaubsreisen. Auch soll er häufiger auf Putins Kinder aufgepasst haben; so spielte sein Sohn Stefan mit Putins Töchtern, wie der britische "Guardian" berichtet.

Später führte Stefan Warnig das "Café des Artistes" in Berlin-Schöneberg – wenn Putin in Deutschland war, soll dieser das Lokal gern besucht haben. So berichtete etwa die "B.Z." im Jahr 2010 von einem Besuch Putins mit Altkanzler Gerhard Schröder in Warnigs Lokal. Demnach begingen die "Gas-Genossen" ihre Männerfreundschaft mit Austern, zubereitet von Küchenchef Stefan Warnig. Zu jener Zeit war Schröder schon Vorsitzender des Aktionärsausschusses der Nord Stream AG, deren Mehrheitseigner der russische Staat war.

Wie die "Zeit" im Jahr 2023 in einem Porträt über Warnig schrieb, verbinden den ehemaligen Investmentbanker und den russischen Diktator mehr als nur Geschäfte. "Hunderte Male haben sie sich seit den Neunzigerjahren getroffen. Sie haben gemeinsam gejagt, gefischt und gezecht", heißt es dort. Auch ihre Ehekrisen, die beide ungefähr zur selben Zeit durchliefen, sollen sie gemeinsam verarbeitet haben.

Warnig: "Wenn ich etwas will, arrangieren wir das"

Die österreichische Zeitung "Die Presse" veröffentlichte 2018 ein Interview mit Warnig, in dem dieser gefragt wurde, wie oft er Putin treffe. Warnig antwortete, dass der russische Präsident zwar kein Handy habe, er fügte jedoch hinzu: "Aber wenn ich etwas will, dann arrangieren wir das."

Seine engen Verbindungen zu Putin und seine Rolle bei der Umsetzung russischer Wirtschaftspolitik brachten ihm zunehmend politische und mediale Aufmerksamkeit ein. Insbesondere im Zuge der geopolitischen Spannungen zwischen Russland und dem Westen, vor allem nach der Annexion der Krim 2014 und dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022, geriet Warnig zunehmend unter Beschuss. Als enger Vertrauter des russischen Machthabers wurde er mehrfach von westlichen Regierungen, darunter den USA, mit Sanktionen belegt. So verhängte das US-Finanzministerium 2018 Sanktionen gegen ihn, was ihn dazu veranlasste, von seinem Posten bei Rusal zurückzutreten.

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Ein weiteres Beispiel für Warnigs Einfluss auf Wirtschaft und Politik ist seine Rolle bei der Vermittlung des Deals zwischen dem russischen Staatskonzern Gazprom und dem deutschen Fußballklub FC Schalke 04. 2006, im Rahmen einer sich vertiefenden Partnerschaft zwischen Russland und Deutschland, übernahm Gazprom eine Werbepartnerschaft mit dem deutschen Klub. Der Sponsorenvertrag sicherte dem Klub hohe Millionenbeträge, bei den Fans des FC Schalke war der Deal mit dem Kreml jedoch von Anfang an umstritten.

Deutsch-russische Konsultationen in der VIP-Loge

Warnig, der enge Verbindungen zu Gazprom pflegte, spielte eine Schlüsselrolle. Er soll den Kontakt zwischen Schalkes damaligem Präsidenten Clemens Tönnies und dem russischen Energieriesen hergestellt haben. Die Partnerschaft rentierte sich für den Klub finanziell, bis zu 20 Millionen Euro flossen pro Jahr an den Bundesligisten. Für Gazprom war der Vertrag eine Möglichkeit, seine Präsenz auf dem europäischen Markt zu verstärken und gleichzeitig in Deutschland ein positives Image aufzubauen.

In den VIP-Logen des Revierklubs trafen sich über Jahre die Spitzen der deutschen und russischen Politik und Wirtschaft. Neben Warnig und SPD-Altkanzler Gerhard Schröder tauchten dort laut einem Reuters-Bericht auch Gazprom-Chef Alexej Miller, der Kommunikationschef von Gazprom Deutschland, Burkhard Woelki, oder die SPD-Außenminister Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier auf. Laut einer von Reuters namentlich nicht genannten Quelle diente die VIP-Area der Arena auf Schalke "zur Anbahnung von Gesprächen zwischen hochrangigen Entscheidungsträgern".

Erst mit dem Ausbruch des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine beendete Schalke die Zusammenarbeit mit Gazprom. Erst wenige Monate zuvor war der Sponsorenvertrag um weitere vier Jahre verlängert worden. Erneut unter dem Protest von Teilen der Fans der "Königsblauen".

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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