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Diese Frau wird Merz Probleme machen


Tagesanbruch
Diese Frau wird Merz Probleme machen

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 28.04.2025 - 05:00 UhrLesedauer: 6 Min.
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Friedrich Merz: Er holt sich nicht nur Freunde in sein engstes Umfeld als Kanzler. (Quelle: IMAGO/Uwe Koch/imago)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Sie dürfen sich freuen: Deutschland macht heute einen wichtigen Schritt hin zu einer funktionsfähigen Regierung. Raus aus den unstabilen Verhältnissen, rein ins Machen.

Dass das bitter nötig ist, zeigte sich am Samstag: Da diskutierten am Rande der Beerdigung von Papst Franziskus die Regierungschefs der Ukraine, USA, Frankreichs und Großbritanniens die Frage, wie man mit Wladimir Putin Frieden schaffen kann. Ikonische Bilder von Handschlägen, Spaziergängen, Vieraugengesprächen in den hohen Hallen des Petersdoms gingen um die Welt.

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Und Deutschland? Das war zwar unter anderem mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Rom vertreten, spielte aber bei diesen Gesprächen keine Rolle. Das wirtschaftlich mächtigste Land Europas, das eine Führungsrolle beansprucht – unsichtbar im Auge des Sturms.

Das soll sich nun rasch ändern. Im CDU-Präsidium sollen heute Morgen die Minister für die künftige Regierung vorgestellt werden. Am Mittag dann will der künftige Kanzler Friedrich Merz die sieben Bald-Regierenden, die die CDU stellt, in Berlin der Öffentlichkeit präsentieren, parallel soll CSU-Chef Markus Söder in München die drei Kandidaten der CSU verkünden. 60 Prozent des neuen schwarz-roten Kabinetts sind dann schon einmal bekannt. Bis zum 6. Mai, dem Tag der Kanzlerwahl, will die SPD die restlichen Ministernamen liefern.

Offiziell hatte die Union vorab strenge Geheimhaltung über die so wichtigen Personalien im Regierungsteam Merz verordnet. Am Wochenende sickerten Informationen aber dennoch durch, rasch kursierten Berichte, einige davon stichhaltig: So gilt Alexander Dobrindt (CSU) für das herausfordernde Amt des Bundesinnenministers als gesetzt, der Merz-Vertraute Thorsten Frei (CDU) als Kanzleramtschef und Johannes Wadephul als Favorit für den Posten als Außenminister.

Der CDU-Abgeordnete verhandelte für Merz mit der SPD die Themen Außen- und Verteidigungspolitik, die in dieser Legislatur enorme Bedeutung behalten dürften. Als Zeichen für Wadephuls künftige Rolle darf wohl auch gewertet werden, dass der 62-Jährige in der vergangenen Woche dem Papst in Rom die letzte Ehre erwies.

Nach Informationen des Portals "Table Media" soll außerdem die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) neue Ministerin für Bildung und Familie werden, Nina Warken (CDU) Gesundheits- und Dorothee Bär (CSU) Forschungsministerin. Das Amt als Wirtschaftsministerin soll derweil die Spitzenmanagerin und frühere CDU-Abgeordnete Katherina Reiche übernehmen.

Mit demnach mindestens drei Ministerinnen auf CDU-Ticket könnte Merz heute der Forderung von Frauen in der Unionsfraktion wie der SPD nachkommen, seinen Teil des Kabinetts paritätisch zu besetzen. Eine Überraschung – schließlich hat er sich in der Vergangenheit ablehnend zur Vorgabe einer 50/50-Besetzung geäußert. "Wir tun damit auch den Frauen keinen Gefallen", hatte er im vergangenen Jahr gesagt und auf die gescheiterte SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht verwiesen. Es folgte harsche Kritik – vielleicht hat sie ihn erreicht.

Reiches Personalie allerdings könnte noch für einige Diskussionen sorgen. Sie war nämlich bis 2015 parlamentarische Staatssekretärin, erst im Umweltministerium unter Norbert Röttgen (CDU), anschließend im Verkehrsministerium unter Alexander Dobrindt. Abrupt wechselte sie dann als Hauptgeschäftsführerin zum Verband kommunaler Unternehmen (VKU) – und stand für diesen raschen Wechsel in die Wirtschaft ohne Karenzzeit scharf in der Kritik, auch in der eigenen, wirtschaftsfreundlichen Partei. Nun leitet Reiche mit Westenergie eine Tochtergesellschaft des Energiekonzerns Eon, ist zudem Aufsichtsrätin bei einem schwedischen Energiekonzern und beim Autozulieferer Schaeffler. Gut dotierte Wirtschaftsposten also in Hülle und Fülle. Vielen dürfte da ein erneuter plötzlicher Wechsel zurück in die Politik zu viel der Wirtschaftsnähe sein.

Auch eine andere Personalie, die schon länger als fix gilt, ist außerhalb der Union bereits umstritten: Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn wird wohl den Fraktionsvorsitz für die CDU und CSU im Bundestag übernehmen. Nach Informationen meines Kollegen Johannes Bebermeier wollte der ehrgeizige CDU-Politiker diesen Posten unbedingt. Und soll ihn auch erhalten.

"Na und?", mögen Sie nun fragen. Immerhin geht es nicht um ein Ministeramt, sondern um eine in der Öffentlichkeit wesentlich weniger prominente Stelle. Der Fraktionsvorsitzende aber hat Macht, die ihm unterstellten Parteien im Bundestag zu steuern. Und Spahn hat in der Vergangenheit deutlich erkennen lassen, in welche Richtung die Union nach seinem Willen gehen soll: in Richtung der AfD.

Für seinen Rechtsdrall ist der Ex-Minister ohnehin bekannt. Zuletzt sorgte er für Empörung, als er empfahl, mit der in Teilen rechtsextremen AfD umzugehen, "wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch". Sobald Protest erklang, ruderte Spahn zwar zurück. Doch längst ist es kein Geheimnis mehr, dass in der Union die Stimmen lauter werden, die eine Annäherung an die AfD befürworten – auch im Hinblick auf mögliche künftige Regierungskoalitionen.

Mit Spahn hätte dieses Lager in der Union wohl eine starke Speerspitze im Parlament. Und für den künftigen Kanzler Merz, der Abgrenzung zur AfD versprochen hat, könnte er so zu einer großen Gefahr werden.

Bereits jetzt soll es nach Informationen von t-online hinter den Kulissen Gespräche zwischen Unionspolitikern und der AfD geben, wenn es um die Vorsitze in den Ausschüssen im Bundestag geht, die in den nächsten Sitzungswochen besetzt werden sollen. Die AfD macht sich Hoffnungen, im Gegensatz zur vorherigen Legislatur dank Stimmen aus CDU und CSU mindestens den Haushaltsausschuss, vielleicht sogar noch weitere Vorsitze zu ergattern. Unter Spahn könnte ein solcher Austausch zum Usus auch bei anderen Themen werden – und die Grundlage bilden für künftige Kooperationen.

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Stellt sich Merz' neues Team so auf, wie von Experten prognostiziert, stehen ihm auch nach der Regierungsbildung keine leichten Zeiten bevor: Protest erwartet ihn von außen, potenzielle Attacken von innen. Der neue Kanzler wird auf der Hut sein müssen.


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Zum Schluss

Grund zur Freude.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche. Morgen schreibt Florian Harms wieder für Sie.

Herzlichst

Ihre Annika Leister
Politische Reporterin im Hauptstadtbüro von t-online
X: @AnnLei1

Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per E-Mail an t-online-newsletter@stroeer.de.

Mit Material von dpa.

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