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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Papst-Beerdigung wird zu Gipfeltreffen Dann ändert Trump plötzlich den Ton
Am Rande der Papstbeerdigung treffen Europas mächtigste Politiker auf US-Präsident Trump. Der ukrainische Präsident glaubt an eine historische Chance.
Aus Sicht der europäischen Politik ist die Beerdigung von Papst Franziskus in Rom vor allem eines: ein unverhofftes Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump – das den Verlauf des Krieges in der Ukraine beeinflussen könnte. Der Kampf gegen die russische Aggression dürfte das beherrschende Thema der Randgespräche im Petersdom gewesen sein.
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Hoffnung für die Ukraine wecken mehrere Fotos, die am Samstagvormittag in der prunkvollen Kirche entstanden sind. Sie zeigen Trump und seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj eng beieinander sitzend. Selenskyj scheint intensiv auf Trump einzusprechen, während dieser zuhört. Geteilt hat die Bilder das Büro des ukrainischen Präsidenten.
Selenskyj sprach anschließend von einem "guten Treffen" mit Trump. "Wir konnten vieles besprechen und ich hoffe auf Ergebnisse", schrieb das ukrainische Staatsoberhaupt auf der Plattform X. "Es ging um einen vollgültigen und bedingungslosen Waffenstillstand und schließlich einen verlässlichen und nachhaltigen Frieden, der einen künftigen Krieg verhindern kann", so Selenskyj. Es sei ein bedeutendes Treffen gewesen, das "Geschichte schreiben könnte".
Trump pocht auf Rohstoffabkommen mit Kiew
Tatsächlich stehen die Bilder aus dem Petersdom in scharfem Kontrast zu jenen, die bei Selenskyjs Besuch Ende Februar im Weißen Haus entstanden waren. Bei dem Treffen kam es zu einem beispiellosen Eklat. Trump und sein Vize J. D. Vance machten der Ukraine schwere Vorwürfe und verbreiteten die Unwahrheit, dass Selenskyj den Krieg gegen Russland begonnen habe. Selenskyj geriet in die Defensive, behauptete aber seinen Standpunkt.
Bei dem Treffen in Washington Ende Februar sollte eigentlich ein Rohstoffabkommen zwischen den USA und Kiew unterzeichnet werden. Dazu kam es aufgrund des Eklats und der vorzeitigen Abreise der ukrainischen Delegation nicht. Vom Tisch ist das Abkommen, das den USA ukrainische Rohstoffe im Wert von 500 Milliarden US-Dollar sichern soll, aber nicht. Kürzlich hatten beide Seiten eine Absichtserklärung für das Rohstoffabkommen unterzeichnet.
Selenskyj braucht dringend Patriotraketen
Das Abkommen selbst sollte nach Angaben der US-Regierung am heutigen Samstag unterzeichnet werden. Kiew forderte zuletzt aber weitere Sicherheitsgarantien der USA im Falle künftiger russischer Aggressionen. Diese lehnt die US-Regierung aber ab. Daher wäre das Rohstoffabkommen in seiner jetzigen Form für die Ukraine wohl eher von Nachteil. Gleichwohl machte Trump am Freitag noch einmal Druck und forderte auf seiner Plattform Truth Social, dass Selenskyj das Abkommen jetzt unterzeichnet. Ob die USA und die Ukraine im Vatikan bei dem Rohstoffdeal Fortschritte gemacht haben, war zunächst unklar.
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Für Selenskyj dürfte aber ein anderes Thema dringlicher sein: die Lieferung von Patriot-Flugabwehrsystemen. Sie sind das wichtigste Element der ukrainischen Luftverteidigung, weil sie auch russische Marschflugkörper abfangen können. Doch während Russland seine Luftangriffe zuletzt massiv verstärkt hat, gehen der Ukraine die Patriotraketen aus. Die letzte Lieferung von 90 Exemplaren erreichte das Land Ende Januar. Und Trump weigerte sich zuletzt, der Ukraine zehn Patriot-Systeme im Wert von 13 Milliarden Euro zu verkaufen. Erst am Freitag bekräftigte Selenskyj auf X seinen Wunsch nach neuen Patriots aus den USA.
Trumps Friedensplan für Kiew kaum akzeptabel
Ob die Patriots bei dem Treffen mit Trump am Vormittag Thema waren, ist ebenso unklar. Der US-Präsident hat sich bislang nicht dazu geäußert. Zunächst war ein weiteres Treffen zwischen Trump und Selenskyj im Laufe des Tages angekündigt worden, das dann aber doch nicht stattfand. Trump dürfte in den Gesprächen ohnehin andere Ziele verfolgen. Ihm dürfte es abseits des Rohstoffabkommens vor allem darum gehen, die Ukraine von seinem mit Russland ausgehandelten Friedensplan zu überzeugen.
Der gilt in seiner jetzigen Form aber als für Kiew kaum annehmbar, da er keine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und die Aufgabe der Halbinsel Krim vorsieht – was im Widerspruch zur Landesverfassung steht. Wie die "New York Times" am Samstag berichtete, hat Kiew der US-Regierung nun ihrerseits einen Friedensplan vorgelegt. Darin geht es zwar auch um Sicherheitsgarantien der USA, die so stark sein sollen, wie jene für Israel; der Plan enthält aber keine Forderung mehr nach einer Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und lässt Raum für mögliche Gebietsabtretungen.
Was können Starmer und Macron erreichen?
Trumps Friedensbemühungen dürften auch das bestimmende Thema der westeuropäischen Spitzenpolitiker gewesen sein, die ihn in Rom trafen. Außer mit dem scheidenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach Trump mit dem britischen Premierminister Keir Starmer und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Sie dürften vor allem versuchen, Trump von zu vielen Zugeständnissen an Kremlchef Putin abzuhalten.
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Die US-Regierung hatte zuletzt immer wieder eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland ins Spiel gebracht – inklusive der Aufhebung von Sanktionen. Für den Fall, dass die Ukraine sich nicht bald auf ein von den USA ausgehandeltes Friedensabkommen mit Russland einlässt, droht die US-Regierung mit dem Abbruch ihrer Bemühungen. Dahinter steckt die Drohung, dass Washington auch seine militärische Unterstützung für Kiew einstellt.
Neue Waffenlieferungen hat es seit Trumps Amtsübernahme ohnehin nicht gegeben; gravierender wäre es aus Sicht der Ukraine, wenn die USA keine Satellitenbilder und Geheimdienstinformationen mehr zur Verfügung stellen würden, wie dies nach dem Eklat im Weißen Haus kurzzeitig geschah.
Trump droht Putin mit neuen Sanktionen
Aus westeuropäischer Sicht wären sowohl ein für die Ukraine unvorteilhafter Frieden als auch ein Rückzug der USA eine ernste Sicherheitsbedrohung. Westliche Geheimdienste fürchten, dass Russland ein Friedensabkommen nutzen würde, um sich neu zu bewaffnen und womöglich noch in diesem Jahrzehnt ein Nato-Land angreifen könnte. Hinter den Kulissen versuchen Starmer und Macron wohl schon länger, diese beiden Szenarien abzuwenden.
Ob die Gespräche in Rom die Verhandlungsposition der Ukraine verbessern können, lässt sich bisher nicht abschätzen. Selenskyjs Treffen mit Trump scheint jedenfalls nicht ganz fruchtlos gewesen zu sein. Im Anschluss drohte der US-Präsident dem Kreml mit neuen Sanktionen. Das Verhalten von Kremlchef Putin gebe ihm zu denken, schrieb Trump auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. Vielleicht wolle dieser den Krieg gar nicht beenden, sondern halte ihn nur hin, und müsse daher anders behandelt werden, so Trump.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich allerdings zurückhaltend zu den diplomatischen Gesprächen am Rande der Trauerzeremonie für Franziskus. "Wir sollten nicht zu viele Erwartungen in eine sogenannte Beerdigungsdiplomatie setzen", sagte Steinmeier in Rom. Natürlich biete sich bei solchen Anlässen Gelegenheit für kurze Gespräche. "Aber eigentlich möchte ich davon abraten zu erwarten, dass hier am Rande dieser Trauerfeierlichkeiten große Außenpolitik betrieben wird."
- Material der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche