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Die Linke: Rückzug von Schirdewan und Wissler – Das Ende der Partei naht


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Tagesanbruch
Das Ende einer Partei naht

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 20.08.2024Lesedauer: 5 Min.
"Nein zum Krieg, Ja zum Völkerrecht": Banner der Linken auf einer Friedensdemo in Berlin Ende 2023.Vergrößern des Bildes
"Nein zum Krieg, Ja zum Völkerrecht": Banner der Linken auf einer Friedensdemo in Berlin Ende 2023. (Quelle: IMAGO)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Deutschlands Parteienlandschaft steht vor einer Zäsur. Während das erst wenige Monate alte Bündnis Sahra Wagenknecht im Begriff ist, sich im Herbst in drei Landtage zu katapultieren, droht einer Kraft nach 17 Jahren das Ende: der Linken.

Geboren 2007 aus der westdeutschen SPD-Abspaltung WASG und der SED-Nachfolgepartei PDS, ist und bleibt für die Linke der Osten Heimat und Schicksalsort. Hier sitzt sie zurzeit noch in allen Landesparlamenten, hier stellt sie noch einen Ministerpräsidenten. Und hier wird vor der Bundestagswahl 2025 wohl ihr Ende eingeläutet – bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Herbst.

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In die Medien schafft die Linke es nämlich ganz im Gegensatz zu ihrer Nemesis Wagenknecht aus eigener Kraft in der Regel nicht mehr. Ausgenommen davon sind Negativ-Schlagzeilen wie an diesem Wochenende: "Linkspartei-Vorsitzende kündigen Rückzug an", hieß es da.

Eine tragische Schlagzeile für die Partei. Alle wohlklingenden Erklärungen der Parteichefs am Montag, alle Beteuerungen von Mitgliederzuwachs und Versprechen einer Neuaufstellung halfen nicht, darüber hinwegzutäuschen: Bei der Linken krankt es schon lange an vielem – vor allem aber am Inhalt und immer wieder: am richtigen Timing.

So verabschieden sich die Parteichefs Janine Wissler und Martin Schirdewan zum gänzlich falschen Zeitpunkt aus ihren Ämtern an der Parteispitze. Kopf- und führungslos steht die Partei nun da, nur wenige Wochen vor den für sie so wichtigen Landtagswahlen. Der Linken versetzen die eigenen Parteichefs so womöglich den finalen Stoß – hinein in die völlige Bedeutungslosigkeit, hinaus aus den Landtagen in zwei von drei Bundesländern.

Völlig unverständlich scheint das nur auf den ersten Blick, auf den zweiten ist es fast schon konsequent. Denn ein Gefühl für Timing besaßen Wissler und Schirdewan schon im Umgang mit Sahra Wagenknecht nicht. Viel zu lange wollten sie die – nun ehemalige – Linken-Galionsfigur in ihren Reihen halten. Selbst als Wagenknecht die Linke mit jedem Auftritt demütigte und beschädigte, als sie offen mit einer Parteigründung liebäugelte und Mitstreiter für einen Exodus um sich versammelte, hielten Wissler und Schirdewan die Füße still. Sie blieben regungs- und zu großen Teilen sprachlos, der Name Wagenknecht kommt ihnen seither kaum über die Lippen. Realitätsverweigerung in Reinform.

Auch programmatisch verpasste das Linken-Duo mehrfach den richtigen Ausstiegspunkt. Nur ein Beispiel dafür ist ihre Unterstützung für die radikalen Proteste der "Letzten Generation". Als deutsche Arbeitnehmer landauf, landab mit den Asphaltklebern zürnten und sogar die Grünen sich schon lange deutlich distanzierten, blieben Schirdewan und Wissler treu auf Kurs. Das soziale Profil der Linken, ihr Markenkern, warfen sie einmal mehr über Bord, um die Grünen nachzuahmen – nur befanden auch die sich da schon auf dem absteigenden Ast.

Mindestlohn, Gewerkschaftsarbeit und bezahlbare Mieten mag sich die Linke weiter auf die Flaggen schreiben. Hinter den Kulissen streiten auch viele Parteimitglieder an der Basis in mühevoller Kleinarbeit für diese Ziele, im Bundestag stellen ihre Abgeordneten zu diesen Themen immer wieder wertvolle Anfragen. Doch nach außen dringt von dieser Arbeit wenig bis nichts.

Von der Spitze stärker vermarktet wird, wie im Fall der "Letzten Generation", Aktivismus, der viele vor den Kopf stößt: Die parteilose Carola Rackete setzte die Parteispitze auf Platz 2 ihrer Europawahlliste. Der beste Platz gleich hinter Schirdewan selbst ging damit an eine Kapitänin, die in Italien einst wegen Seenotrettung unter Hausarrest stand und nun für radikalen Klimaschutz wirbt.

Der aktuell so schlechte Zustand der Linken ist deswegen nicht nur – aber auch ein Verdienst ihres Führungsduos: Während das Bündnis Sahra Wagenknecht sich derzeit im Steigflug befindet, hinein in die Landtage, vielleicht sogar hinein in die ein oder andere Landesregierung im Osten, steht die Linke da wie ein Vogel, der einfach nicht mehr aus der Mauser kommt. 2,7 Prozent Zustimmung bei der Europawahl, drei Prozent in Umfragen bundesweit, knapp fünf Prozent in den einstigen Hochburgen Sachsen und Brandenburg. Der Abschied des Führungsduos ist ein weiterer Schritt in den Abgrund.

Doch Schirdewan und Wissler verschließen weiter fest die Augen. Bei einer Pressekonferenz am Montag klangen sie, als sagten sie goodbye zu einer Partei in bester Form. Von Selbstkritik keine Spur, von einem Masterplan für die Zukunft noch weniger.

Da verwundert es wenig, dass die Verzweiflung bei den wahlkämpfenden Genossen im Osten immer spürbarer um sich greift. Thüringens Bodo Ramelow, der einzige Noch-Ministerpräsident der Linken, zeigt sich auf manchen seiner Plakate ohne Parteilogo und sicherte sich die Internetadresse für ein "Bündnis Bodo Ramelow". Werbung für die Person, ganz ohne die Partei. Mit Zwinkersmiley sollte das zu verstehen sein, gab Ramelow bekannt, schließlich hatte Selbiger Sarah Wagenknecht für die Benennung ihres Bündnisses einst des "Personenkults" bezichtigt.

Ramelow begeht hier jedoch den Fehler, den seine Parteichefs im Bund so oft wiederholten: Kopieren genügt nicht. Vor allem, wenn die Kopie schlecht gemacht ist.


Ohrenschmaus

Die passende Hymne zum Überlebenskampf der Linken wurde bereits 1977 geschrieben. Hier können Sie sie hören.


Was steht an?

Wo steht Deutschland? Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll diese Frage im Interview bei Sat. 1 ab 20 Uhr beantworten.

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Zum Schluss

Die Lösung für deutsche Häuslebauer:

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Morgen schreibt mein Kollege Daniel Mützel hier für Sie.

Herzlichst

Ihre Annika Leister
Politische Reporterin im Hauptstadtbüro von t-online
X: @AnnLei1

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Mit Material von dpa.

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