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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Tagesanbruch Es ist bestialisch. Einfach nur bestialisch.
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Die Videobilder sind kaum zu ertragen: Russische Raketen kommen aus dem heiteren Himmel, rasen mit schrillem Pfeifen heran – dann schlagen sie ein (hier zu sehen). Explosionen, Rauchwolken, Schreie. Als der Staub sich legt, gibt er Blicke in die Hölle frei. Blutende Kinder. Wimmernde Säuglinge. Weinende Mütter. Zertrümmerte Gebäude. Putins Mörderbanden haben gestern Dutzende Raketen auf ukrainische Städte abgefeuert und auch eines der größten Kinderkrankenhäuser Europas in der Hauptstadt Kiew attackiert. Es war einer der verheerendsten Terrorangriffe seit Beginn des Krieges: mehr als 30 Tote, mehr als 120 Verletzte, unzählige Menschen traumatisiert.
Der russische Staatsterrorismus gegen die ukrainische Zivilbevölkerung ist brutal, zynisch und skrupellos. Wer glaubt, mit dem Befehlshaber solcher Grausamkeiten könne man sich gemütlich an den Verhandlungstisch setzen, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Zugleich offenbart die russische Barbarei eine eklatante Schwäche: Kremlchef Putin ist es nicht einmal ansatzweise gelungen, seine Kriegsziele zu erreichen. Selbst die Großoffensive in der Nordost-Ukraine bei Sumy ist gescheitert. Rund eintausend (in Zahlen: 1.000) russische Soldaten werden dort als Kanonenfutter verheizt – täglich. Die menschlichen Kosten des Diktatorenwahns erreichen apokalyptische Ausmaße: Dem Magazin "Economist" zufolge, das sich auf westliche Geheimdienste beruft, sind seit dem Einmarsch in die Ukraine vor zweieinhalb Jahren zwei Prozent aller russischen Männer zwischen 20 und 50 Jahren getötet oder verletzt worden; das Blatt nennt als Zahlen "zwischen 462.000 und 728.000". "Russland zeigt, dass es in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine keine Kosten scheut – weder bei den Zehntausenden toten Soldaten noch beim Kriegsmaterial. Schon jetzt gibt Putin rund ein Drittel des Staatshaushalts für sein Militär aus", berichtet mein Kollege Simon Cleven.
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Ein unfassbarer Blutzoll. Selbst ein Riesenreich wie Russland kann so einen Aderlass seiner jungen männlichen Bevölkerung nicht unbegrenzt aushalten. Während des sowjetischen Kriegszugs in Afghanistan in den 1980er-Jahren fielen 25.000 Soldaten, 54.000 wurden verwundet – binnen zehn Jahren. Stimmen die Zahlen, liegen die Verluste in der Ukraine schon jetzt zwischen sechs- und zehnmal so hoch. Das ist monströs, bestialisch, katastrophal. Künftige Historiker werden Putins Feldzüge als eines der schlimmsten Menschheitsverbrechen brandmarken – an den Ukrainern, aber auch an den Russen. Und womöglich auch als den entscheidenden Fehler, der das stolze Russland endgültig zum Regionalmächtchen degradiert hat. Ein Vasall Chinas, außenpolitisch abhängig von Pekings Gnaden, im Inneren ein Bettelstaat mit leidender Bevölkerung, verkrüppelter Kultur, geringer Lebenserwartung. Putin wollte erklärtermaßen die Ukraine vergewaltigen. Vergewaltigt hat er nun auch seine eigenen Landsleute.
Was tun gegen diesen Wahnsinn? Auf die Geschicke Russlands kann der Westen wenig Einfluss nehmen. Aber er sollte dem Aggressor noch entschlossener entgegentreten – nicht mit jeder Waffe, die er besitzt, aber sicherlich mit mehr Waffen. Und mit mehr wirtschaftlichem Druck auf den Kremlchef sowie mehr diplomatischem Druck auf jene Länder, die immer noch zu ihm halten, allen voran China, Iran, Indien, Brasilien. Wer nicht will, dass dieses Gemetzel in Europa immer weitergeht, muss dabei selbst zu Einbußen bereit sein. Ja, Deutschland ist angewiesen auf den Handel mit China und Indien, aber China und Indien sind es umgekehrt auch. Weniger Duckmäusertum und mehr Klartext gegenüber den Nutznießern des Krieges in Peking und Neu-Delhi ist jetzt angezeigt.
Und die Waffen? Die Liste deutscher Lieferungen an die Ukraine ist mittlerweile beeindruckend lang. Aber da geht mehr. Auch andere europäische Staaten dürfen mehr leisten, allen voran Frankreich, Italien, Österreich. Auch die reiche Schweiz sollte endlich aus ihrem selbstgefälligen Dornröschenschlaf erwachen. Damit Schreckenstaten wie der Angriff auf das Kinderkrankenhaus in Kiew sich nicht Mal um Mal wiederholen.
Prekärer Gipfel
Wenn sich heute die 32 Staats- und Regierungschefs der Nato zum dreitägigen Gipfel in Washington einfinden, gibt es viel zu tun und auch etwas zu feiern: Am Abend steht ein Festakt zum 75-jährigen Bestehen des Verteidigungsbündnisses auf dem Programm. Es gilt, Schweden als jüngstes Mitgliedsland zu begrüßen und ein neues Hilfspaket für die Ukraine zu schnüren. Neben der Zusage, Kiew im nächsten Jahr mit 40 Milliarden Euro Militärhilfe zu unterstützen, soll die Lieferung weiterer Luftverteidigungssysteme verlautbart werden. Außerdem will anstelle der USA künftig die Nato selbst von einem neuen Stützpunkt in Wiesbaden aus die Koordination der westlichen Waffenlieferungen übernehmen. Und auch eine zwar unkonkrete, aber für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj halbwegs gesichtswahrende Formulierung zum möglichen Bündnisbeitritt seines Landes werden sich die Damen und Herren sicher überlegen.
Über allem aber schwebt die bange Frage, wie es um die körperliche und geistige Fitness des Gastgebers bestellt ist: Seit dem desaströsen TV-Duell mit dem Nato-Verächter Donald Trump reißen die Forderungen nicht ab, der 81-jährige Joe Biden möge seinen Rückzug von einer neuerlichen Präsidentschaftskandidatur verkünden – was den tatterigen Trotzkopf bislang jedoch nicht zu beeindrucken scheint. Insofern werden sich die Bündnispartner auch verstärkt mit dem Szenario befassen, demnächst nicht nur gegen den Kremldiktator, sondern auch gegen einen Feind in den eigenen Reihen bestehen zu müssen. Zudem hat Viktor Orbán bereits im Vorfeld mit seinen Besuchen in Russland und China diplomatische Verstimmungen im Westen verursacht. Auf dem Nato-Gipfel ist der Streit programmiert, analysiert Außenpolitikredakteur Patrick Diekmann.
Hass tötet
Im September 1991 kam bei einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis der 27-jährige Asylbewerber Samuel Yeboah aus Ghana ums Leben. Zwei weitere Bewohner der Unterkunft wurden schwer verletzt. Doch obwohl es Hinweise auf einen möglichen rechtsextremen Hintergrund des Verbrechens gegeben hatte, schloss die Staatsanwaltschaft zunächst die Akte. Erst knapp 30 Jahre später wurde ein szenebekannter Rechtsextremist als Tatverdächtiger ermittelt – und im vergangenen Oktober unter anderem wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt.
Seit Februar dieses Jahres gibt es einen weiteren Prozess zu der tödlichen Tat: Ein 54-jähriger Deutscher muss sich wegen Beihilfe zum Mord verantworten, weil er den Haupttäter in seinem Entschluss bestärkt haben soll. Heute Nachmittag will das Oberlandesgericht Koblenz in der Sache urteilen. Die Verteidigung hat einen Freispruch gefordert, die Bundesanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren. Wie es auch kommt: Beobachter sehen in dem Fall einen Beleg, wie tief der militante Fremdenhass in Teilen der deutschen Bevölkerung wurzelt.
Giganten-Duell
Nach dem hart umkämpften Sieg gegen Deutschland geht Spanien dezimiert ins EM-Halbfinale gegen Frankreich: Jungstar Pedri ist verletzt nicht mehr dabei, die Abwehrspieler Daniel Carvajal und Robin Le Normand fehlen gesperrt. Frankreichs Trainer Didier Deschamps hingegen kann heute Abend in München (21 Uhr im ZDF) aus dem Vollen schöpfen – und wer weiß, vielleicht erzielt seine Équipe Tricolore um Superstar Kylian Mbappé ja sogar mal ein Tor aus dem Spiel heraus? Der Sieger des Duells trifft am Sonntag in Berlin dann entweder auf die Niederlande oder auf England, die sich morgen im Halbfinale messen.
Lesetipps
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Die Ariane 6 ist nicht nur ein wichtiges, sondern auch ein verbummeltes Pionierprojekt. Heute soll die europäische Trägerrakete endlich zu ihrem Jungfernflug starten. Mein Kollege Steve Haak nimmt Sie mit ins All.
Ohrenschmaus
Apropos All: Mein diesbezüglicher Lieblingssong ist dieser hier.
Zum Schluss
Kürzlich bekamen wir in unserer Redaktion Besuch von Abonnenten des Tagesanbruchs. Mario Suhrbier aus Strausberg regte an, öfter Schnappschüsse zu veröffentlichen, die Leserinnen und Lesern einreichen. Praktischerweise hatte er ein Foto aus dem Berliner Zoo mitgebracht. Herzallerliebst, oder?
Allen Zwei- und Vierbeinern wünsche ich einen lieblichen Tag.
Herzliche Grüße
Ihr
Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de
Mit Material von dpa.
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