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Anpassungen zur Rechtschreibung: "Jogurt" und Gendersternchen falsch


Neues amtliches Regelwerk
Rechtschreibrat: "Jogurt" und Gendersternchen sind falsch


Aktualisiert am 10.07.2024Lesedauer: 4 Min.
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Jogurt: Amtlich ist der Begriff künftig tabu, im handel wird man ihn weiter lesen.Vergrößern des Bildes
Jogurt: Amtlich ist der Begriff künftig tabu, im Handel wird man ihn weiter lesen. (Quelle: Getty Images/enjoynz, Andechser Molkerei Scheitz GmbH)

Der Joghurt ist kein Jogurt mehr, Spaghetti gibt es nur noch mit "h" – und diese Änderungen können gelikt oder geliked werden: Es gibt neue Regeln zur Rechtschreibung – und eine Entscheidung zur Gendersprache.

Rund 400.000 Liter Biomilch werden jeden Tag in der Andechser Molkerei Scheitz verarbeitet – weit überwiegend zu "Bio-Jogurt". Und das soll auch so bleiben und weiter auf den Bechern stehen, nachdem eine aktualisierte Fassung der amtlichen deutschen Rechtschreibung gilt. Nach 20 Jahren der Parallelexistenz von Jogurt und Joghurt ist nur noch die Schreibweise mit h amtlich richtig. "Für uns ist auch weiterhin die Schreibweise ohne 'h' gesetzt", sagt eine Sprecherin der größten deutschen Molkerei für Bio-Lebensmittel.

Das amtliche Aus für die Jogurt-Schreibweise ist eine der Änderungen, die der Rat für deutsche Rechtschreibung erarbeitet hat, die jetzt für Schulen und Verwaltungen verbindlich sind und auch sukzessive in den Nachschlagewerken landen. Ende Juni haben auch die letzten zuständigen Stellen in den deutschsprachigen Regionen zugestimmt.

Es geht in den neuen Regeln aber nicht nur um einige ausgemistete Schreibweisen. Eine brisante Frage haben die Experten nicht anfassen wollen und damit doch schon eine Entscheidung getroffen: Gendersternchen oder der entsprechende Doppelpunkt werden nicht aufgenommen. t-online greift die wichtigsten Punkte heraus:

Das Ausmisten: Als "Jogurt" oder "Tunfisch" zugelassen wurden, löste auch das viele Irritationen aus. Dabei gibt es Variantenschreibungen bei Fremdwörtern seit jeher. "Sie sind 'Gäste auf Zeit', bis sich eine der beiden Schreibungen durchgesetzt hat", erklärte 2006 Kerstin Güthert, damalige Geschäftsführerin des Rats für deutsche Rechtschreibung.

Jetzt dürfen weitere Begriffe nicht länger Gast sein: Im aktuellen Schreibgebrauch nicht oder kaum nachweisbare "eingedeutschte" Varianten fremdsprachlicher Begriffe wurden aus dem Wörterverzeichnis gestrichen. Deshalb wird die Schreibweisen auch kaum jemand vermissen. Das bedeutet beispielhaft das Ende für:

  • Jogurt, Tunfisch, Spagetti, Panter
  • Katarr, Myrre
  • Buklee, Exposee
  • Dränage, Polonäse (Majonäse wurde bereits 2017 zurückgezogen)
  • Kurtage, Sutane

Die "Jogurt"-Hersteller aus dem bayerischen Andechs verteidigen dennoch ihre Variante: Das Schriftbild ohne "h" sei besser erkennbar und erscheine als klarer, es komme auch dem Ursprung des Wortes, dem türkischen yoğurt (gegorene Milch), näher. Aus Gründen der "Ursprünglichkeit" sei die Präferenz für diese Form der Schreibweise entstanden. Dabei soll es dort bleiben, sagt Irmgard Strobl, Leitung Produktentwicklung und Marketing: "Wir leben vom Weglassen und nicht vom Zusetzen – getreu unserem Credo 'Natürliches natürlich belassen'. Deshalb benötigen wir auch kein 'h'."

Das Gendern: Im Rechtschreibrat war umstritten, wie mit mehrgeschlechtlichen Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen umgegangen werden soll. Mit dem neuen Regelwerk ist klar: Diese Zeichen in Wörtern – wie ein Unterstrich, ein Genderstern oder Doppelpunkt – bleiben bis auf Weiteres amtlich falsch, sie "gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie". Der Rat räumt ein: Im Beobachtungszeitraum bis 2023 habe es "einen relevanten Anstieg geschlechtergerechter Schreibungen mit verkürzenden Sonderzeichen" gegeben, und das etwa auch von Kommunalverwaltungen. Aber: "Das innerhalb der Debatte meistkritisierte generische Maskulinum als Bezeichnung geschlechtsübergreifender Formen überwiegt weiterhin um ein Vielfaches."

Wie brisant die Frage ist, zeigt sich aber auch daran, dass die Experten eine eigene Erläuterung und einen Sonderpassus fürs amtliche Regelwerk beschlossen haben. Sonderzeichen als Bedeutungssignale innerhalb von Wörtern könnten nicht ins Regelwerk aufgenommen werden, weil sie derzeit nicht wissenschaftlich eindeutig zu begründen sind.

Sie störten Verständlichkeit, Lesbarkeit, Vorlesbarkeit und die automatische Übersetzbarkeit sowie die Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten. Aber: "Andererseits kann der Rat nicht darüber hinwegsehen, dass Wortbinnenzeichen zur Kennzeichnung aller Geschlechter benutzt werden." Die Folgeprobleme seien nicht ausreichend einschätzbar und die Entwicklung des Gesamtbereichs müsse weiter beobachtet werden. Bayern hatte im März bereits ein Genderverbot erlassen – und erklärt, sich da auch nicht um Entscheidungen des Rats für deutsche Rechtschreibung zu scheren.

Die Endungen für englische Verben: Heißt es jetzt "geliked", "geliket" oder "gelikt"? Alle Varianten wurden genutzt, aber die Sprachwächter haben sich auf zwei verständigt – "geliked" und "gelikt". Eigentlich erhalten Verben aus dem Englischen grundsätzlich die deutsche Flexionsendung, also die Endung beim Konjugieren des Verbs. Beispiele sind "surfen – surfte – gesurft" oder "jobben – jobbte – gejobbt". Zweifelsfälle waren die Verben, die in der englischen Grundform auf -e enden wie eben "to like" oder "to fake".

Kommen bei diesen Wörtern noch einer oder mehrere Buchstaben hinzu, fällt im Deutschen die Variante mit -ed weg. Jemand kann zwar "relaxed" sein, ist aber immer "relaxter", und es kann zwar etwas "gefaked" sein, es gibt aber nur die Verwendung "gefaktes" Foto.

In der Praxis wird das wahrscheinlich dazu führen, dass sich die t-Variante durchsetzt. Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen haben sich darauf bereits festgelegt, nur diese Variante zu nutzen. Das machte Froben Homburger, Nachrichtenchef der dpa, auf der Plattform X öffentlich.

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Tatsächlich geht der Trend auch dahin: Seit 2018 wird mit einer kurzen Pause mehr "gelikt" als "geliked". "Geliket" wurde ohnehin kaum, wie die Sprachwissenschaftler anhand eines riesigen Datensatzes nachvollziehen konnten.

Die Grundlage: Um Sprachentwicklung zu verfolgen, sehen sich die Experten an, welche Begriffe genutzt werden und welche nicht. Maßstab ist der sogenannte Orthografische Kernkorpus (OKK). In der Geschäftsstelle des Rats für deutsche Rechtschreibung am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) wird dazu eine riesige digitale Textsammlung mit mehr als 14 Milliarden Wortbelegen geführt, die sich zusammensetzen aus repräsentativen Daten von Zeitungs- und Zeitschriftentexten aller Länder und Regionen mit Deutsch als Amtssprache. Für einzelne Wörter lässt sich daraus nachvollziehen, wie oft sie in welchem Jahr genutzt wurden – welches Wort in welcher Schreibweise an Bedeutung gewinnt und welches verliert.

Die Entscheider: Wie wir richtig schreiben, erarbeiten die 41 Mitglieder des Rats für deutsche Schreibschreibung. Die Einsetzung des Rats war 2004 von der Kultusministerkonferenz vorgeschlagen worden als Reaktion auf heftige Kritik an der Umsetzung der damaligen Rechtschreibreform. Deutschland stellt 18 Mitglieder aus Wissenschaftverbänden, Buch- und Medienbranche sowie Schulwesen, je neun Mitglieder schicken Österreich und die Schweiz. Liechtenstein, Südtirol und die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens sind mit jeweils einer Person vertreten, Luxemburg schickt einen Vertreter ohne Stimmrecht. Der Gründungsvorsitzende war der frühere bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU). Seit 2017 steht Josef Lang an der Spitze, 2023 wurde er für eine Periode bis 2030 wiedergewählt. Er ist CSU-Mitglied, war lange Funktionsträger in verschiedenen Institutionen der Wissenschaft und früherer Bildungsstaatssekretär in Niedersachsen.

Verwendete Quellen
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