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Corona: Das sind die bitteren Folgen fünf Jahre nach den Lockdowns


Tagesanbruch
Das hat niemand vorhergesehen

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 22.03.2025 - 09:03 UhrLesedauer: 3 Min.
In dieser Hamburger Klinik starben mehrere Covid-Patienten, auch zahlreiche Pfleger infizierten sich.Vergrößern des Bildes
In dieser Hamburger Klinik starben mehrere Covid-Patienten, auch zahlreiche Pfleger infizierten sich. (Quelle: imago images)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

menschliche Gesellschaften reagieren unterschiedlich auf Krisen. Zwischen verängstigtem Rückzug und trotzigem Widerstand liegt die Bandbreite der kollektiven Reaktion auf plötzliche Erschütterungen. Zermürbung oder Resilienz, Niedergang oder Aufbruch können einseitig, aber auch gleichzeitig voranschreiten. In herausfordernden Zeiten beweise sich das Wesen einer Person, heißt es. "Das Gesicht des Menschen erkennst du bei Licht, seinen Charakter im Dunkeln", wusste schon Konfuzius. In Krisenzeiten offenbart sich aber auch die Substanz einer ganzen Gesellschaft: Ist sie belastbar oder brüchig, solidarisch oder egoistisch, zur Lösungsfindung fähig oder destruktiv?

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Wie eine Gesellschaft mit Stresssituationen umgeht, zeigt sich nicht allein im Verlauf einer Krise, sondern auch in deren Verarbeitung: Wird das Geschehen kollektiv bewältigt? Werden Entwicklungen analysiert und Entscheidungen hinterfragt? Lernt man aus den Erfahrungen und stellt sich stärker auf, um künftige Herausforderungen besser zu meistern?

Eine seiner tiefsten Krisen erlebte Europa im 14. Jahrhundert: Ausgehend von Sizilien und Norwegen verbreitete sich die asiatische Pest auf dem ganzen Kontinent. Der Bazillus fegte durch Städte und Dörfer, raffte Junge und Alte, Arme und Reiche dahin, die Menschen starben wie die Fliegen. In Italien, Spanien und Südfrankreich, aber auch in den deutschen Städten Bremen, Hamburg, Köln und Nürnberg war das Elend besonders groß. Sechs Jahre lang grassierte die Seuche, dann war mehr als ein Drittel der europäischen Bevölkerung tot.

Das Trauma saß tief. Der "Schwarze Tod" grub sich in das kollektive Gedächtnis ein, wurde in Volksliedern besungen und auf Gemälden verewigt. Religiöse Endzeitsekten entstanden, Verschwörungsapostel hetzten gegen Juden und "Hexen", denen man die Schuld am Ausbruch der Seuche in die Schuhe schob. Zugleich befruchtete das Krisenerlebnis Wissenschaft, Kultur und Bürgersinn. Die mittelalterlichen Zünfte öffneten sich für neue Gesellschaftsschichten, Mechanisierung ersetzte manuelle Arbeit, der Mainzer Johannes Gutenberg erfand den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Einige Kulturhistoriker halten die Renaissance ohne die vorherige Erschütterung durch die Pestepidemie und deren kollektive Verarbeitung für undenkbar.

Und heute? Wie verarbeiten wir die großen Krisen unserer Zeit? Fünf Jahre nach Ausbruch der Covid-Pandemie fällt die Bilanz ernüchternd aus. Mehr als 180.000 Menschen sind in Deutschland im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben, in heutigen Maßstäben eine ungeheure Zahl. Eine sechsstellige Zahl von Betroffenen leidet unter Long-Covid-Symptomen. Unzählige Kinder und Jugendliche kämpfen mit psychischen Belastungsfolgen. Der wirtschaftliche Schaden durch die Lockdowns beläuft sich auf mindestens 350 Milliarden Euro. Viele Bürger haben durch das teils erratische Handeln der Regierenden das Vertrauen in den Staat verloren; Extremisten und Gerüchteköche erstarkten.

Auf den Tag fünf Jahre ist es heute her, dass der erste bundesweite Lockdown in Kraft trat. Die weitreichende Ausgangssperre brachte das gesellschaftliche Leben weitgehend zum Erliegen, isolierte Abermillionen Menschen, drosselte die Ausbreitung des Erregers, stürzte zahllose Senioren, Jugendliche und Alleinstehende in die Vereinsamung. Noch heute spüren viele Menschen die Folgen.

War es das wert? Wie sind die Entscheidungen der Regierenden aus heutiger Sicht zu bewerten? Welche Weichenstellungen waren goldrichtig und welche damaligen Fehler rächen sich nun bitter? Werden die Schwüre eingelöst, die Gesundheitsversorgung und die Behörden so aufzustellen, dass sie auf künftige Großkrisen schneller und effizienter reagieren können? Sind wir auf die nächste Pandemie vorbereitet, die Virologen zufolge früher oder später zu erwarten ist?

Georg Mascolo hat sich intensiv mit diesen Fragen beschäftigt. Der Journalist und Buchautor zählt zu den besten Investigativ-Rechercheuren des Landes; wir kennen uns seit unserer gemeinsamen Zeit beim "Spiegel". Seine Bücher "Ausbruch. Innenansichten einer Pandemie" (mit Katja Gloger) und "Alles überstanden?" (mit Christian Drosten) sind Bestseller, weil sie nicht nur gründlich recherchiert, sondern auch spannend geschrieben sind.

Umso mehr freuen Lisa Raphael und ich uns, dass Georg Mascolo uns in unserem Studio besucht und mit uns über die Bilanz der Corona-Jahre diskutiert hat. Es ist ein aufschlussreiches Gespräch geworden, das auch neue Perspektiven eröffnet. Deshalb empfehle ich Ihnen diesen Podcast heute sehr. Schenken Sie uns dafür bitte einige Minuten Ihr Ohr:

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Georg Mascolo (rechts) hat monatelang zu den Folgen der Corona-Politik recherchiert. Mit Florian Harms spricht er über seine Erkenntnisse.
Georg Mascolo (rechts) hat monatelang zu den Folgen der Corona-Politik recherchiert. Mit Florian Harms spricht er über seine Erkenntnisse. (Quelle: t-online)

Damit wünsche ich Ihnen ein erkenntnisreiches Wochenende. Am Montag kommt der Tagesanbruch von Johannes Bebermeier, ab Dienstag lesen Sie wieder von mir.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

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Mit Material von dpa.

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