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US-Präsident Joe Biden: Wie lange garantiert er uns noch Sicherheit?


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Tagesanbruch
Hoffentlich bleibt uns das erspart

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 08.02.2023Lesedauer: 7 Min.
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Präsident Biden: Das waren die Schwerpunkte seiner Rede. (Quelle: reuters)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Deutschlands Wohl und Wehe hängt von einem 80-Jährigen ab: Das ist die nüchterne Wahrheit. In der vergangenen Nacht hat der alte Mann vor dem amerikanischen Kongress eine Rede gehalten, in der er auch darüber sprach, wie er Amerikas Gesundheitskrise in den Griff bekommen will: die Corona-Folgen, die Drogenepidemie, all die Psychosen, die Dauergeißel Krebs. Joe Biden hat den oppositionellen Republikanern in seiner Rede zur Lage der Nation angeboten, gemeinsam für die Gesundheit und das Wohl der US-Bürger zu kämpfen, weil er auf allen anderen Politikfeldern kaum noch Entgegenkommen erwarten kann. Die Republikaner dominieren das Repräsentantenhaus und werden ihrerseits von Extremisten, Betrügern und Spinnern dominiert. Diese Leute lügen das Blaue vom Himmel herunter und versuchen alles zu torpedieren, was der Präsident initiiert. Seine schlechten Umfragewerte dürften auch mit dem ununterbrochenen Rumgegifte der Miesmacher im TV, auf Facebook und Twitter zu erklären sein.

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Trotzdem ist Joe Biden erstaunlich erfolgreich und hat in seinen ersten beiden Präsidentschaftsjahren eine Menge hingekriegt:

  • Es ist ihm gelungen, den Corona-Anstieg der Arbeitslosenrate umzudrehen. Nun ist sie mit 3,4 Prozent so niedrig wie seit 50 Jahren nicht mehr.
  • Trotz der Energiekrise hat seine Regierung die Inflation gedämpft und den hochgeschnellten Benzinpreis auf ein verträgliches Maß gedrückt.
  • Die USA investieren mehr als 250 Milliarden Dollar in die Entwicklung von Computerchips und haben zugleich die Digitaldiktatur China vom Zugang zu modernen Chips abgeschnitten. Damit hat Biden das Wettrennen um die Technologien der Zukunft zugunsten der Demokratie entschieden.
  • Er hat außerdem den Terrorpaten Aiman al-Sawahiri, Mitorganisator der Anschläge vom 11. September 2001, ausschalten lassen und al-Qaida geschwächt.
  • Er hat die Staatshilfen für Veteranen aufgestockt, die Waffengesetze immerhin leicht verschärft und ein Gesetz zum Schutz der Ehe für alle durchgesetzt.
  • Und nun hat er auch noch das größte Klimaschutzpaket aller Zeiten durch den Kongress gebracht: Mit dem "Inflation Reduction Act" will er Amerikas marode Infrastruktur und fossile Wirtschaftszweige in die grüne Zukunft katapultieren. Mehr als 400 Milliarden Dollar soll das Ganze kosten, Unternehmen erhalten großzügige Subventionen.

Genau an diesem Punkt beginnen allerdings die Probleme. Nicht für Joe Biden, sondern für uns. Weil die Amerikaner Firmen bevorzugen, die in den USA produzieren, sind massive Nachteile für europäische Unternehmer zu befürchten. Die könnten dann versucht sein, ihre Produktion nach Amerika zu verlagern. Deshalb geben sich europäische Politiker seit Wochen in Washington die Klinke die Hand, um die Amis wenigstens zu kleinen Zugeständnissen zu überreden.

Seit gestern ist auch Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck in der US-Hauptstadt, wo unser Korrespondent Bastian Brauns ihn begleitet hat. "Läuft es gut, entsteht am Ende womöglich ein grüner Freihandelsraum zwischen den USA und der Europäischen Union. Es wäre ein Schritt in Richtung einer klimaneutralen Außenwirtschaftspolitik", schreibt mein Kollege in seinem Report. "Läuft es aber schlecht, steht der Wohlstand Deutschlands und der EU bei unruhiger Weltlage auf dem Spiel. Im schlimmsten Fall droht ein Handelskrieg." Den könnte die EU kaum gewinnen. Die Folgen für die exportbasierte deutsche Wirtschaft wären brutal: Jeder Bürger hierzulande würde sie spüren.

Wirtschaftlich geht es in diesen Tagen also um sehr viel. Das sollte man zwischen den schrillen Schlagzeilen über den Streit über Panzerlieferungen für die Ukraine nicht vergessen. Joe Biden versucht, Amerika nach Jahren des Niedergangs wieder aufzurichten, und er kann dabei tiefer in die Staatskasse greifen als jeder andere.

Der größte Ausgabenposten bleibt jedoch auch in seiner Administration ein anderer: Rund die Hälfte des 1,7 Billionen Dollar großen US-Haushalts fließt ins Militär. Das mag man als friedliebender Mensch auf den ersten Blick für Irrsinn halten. Beim zweiten sollte man demütiger urteilen. Mit diesem Geld schützt Amerika auch uns. Nur die amerikanische Militärmaschine bewahrt Deutschland und die anderen Nato-Staaten Europas vor den Putins dieser Welt. Bei einem Angriff von außen wäre die Bundeswehr auf sich allein gestellt binnen Stunden überrumpelt. Sie ist gegenwärtig nicht ansatzweise in der Lage, das Land zu verteidigen. Dass es gar nicht erst so weit kommt, haben wir einzig und allein Amerika zu verdanken. Und einem Mann, der trotz seines fortgeschrittenen Alters schnell, entschlossen und solidarisch handelt. Knapp zwei Jahre bleiben ihm noch in seiner ersten Amtszeit. Donald Trump und noch schlimmere Knallchargen rüsten sich schon für den Wahlkampf und wollen das Weiße Haus zurückerobern. Hoffen wir inständig, dass uns das erspart bleibt!


Jetzt schnell helfen

Beim Anblick der Bilder und Videos ist das Leid schier mit Händen zu greifen: Ganze Straßenzüge gesäumt von Trümmerbergen, die vorgestern noch Gebäude waren. Verzweifelte Angehörige, die um ihre verschütteten Kinder, Eltern, Geschwister bangen. Erschöpfte Helfer, die stundenlang im Schutt nach Opfern graben. Die Erdbeben in der Türkei und in Syrien zählen zu den schlimmsten Naturkatastrophen im Mittelmeerraum seit Jahrzehnten. Mindestens 8.000 Menschen sind wohl gestorben, Zehntausende verletzt. Orte sind zerstört, Existenzen vernichtet. Mein Kollege David Schafbuch hat im gestrigen Tagesanbruch auf Hilfsorganisationen hingewiesen, die nun dringend Spenden brauchen.

Ich möchte eine hinzufügen: Die Leute von der deutschen Syrien-Hilfe unterstützen seit Jahren Menschen in genau der nordsyrischen Region, die nun so schlimm getroffen worden ist. Im Unterschied zur Türkei gibt es dort nur wenige professionelle Erdbebenhelfer. Genau deshalb wird jeder Euro gebraucht.


Die Zukunft ist halt digital

In der Medienbranche herrscht Aufruhr: Der Bertelsmann-Konzern aus dem 100.000-Einwohner-Städtchen Gütersloh zerschlägt den einstigen Großverlag Gruner & Jahr aus der 1,8-Millionen-Metropole Hamburg. Gestern verriet Bertelsmann-Boss Thomas Rabe, was er mit den zahlreichen Titeln aus dem G&J-Portfolio vorhat: Bekannte Marken wie "Stern", "Brigitte" und "Geo" will er behalten und mit Millioneninvestitionen aufpäppeln. Neugründungen wie das Fußballheft "11 Freunde", Speisefibeln wie "Essen und Trinken" sowie die Eskapismusbibel "Landlust" werden verkauft. Zahlreiche Nischenhefte hingegen, darunter "Barbara", "Chefkoch", "Guidos Deko Queen" und die Zeitgeschichtefolianten "Geo Epoche" und "Geo Wissen" werden eingestellt.

Der Aufschrei in der Medienszene hallte gestern auch durch Verlagsflure jenseits von Hamburg und durch die notorisch hyperventilierende Twitter-Manege, in der sich Journalisten gern tummeln. "Ausverkauf!", zeterte man dort, "Kahlschlag!" und "Bankrotterklärung!" Ein "Spiegel"-Journalist schmähte Bertelsmann als "Totengräber von Gruner & Jahr", womit natürlich auch der Gütersloher Oberboss Rabe gemeint war, in dem viele Medienschaffende einen aalglatten Manager ohne Gespür für die Bedeutung von Journalismus sehen.

So mag man das sehen, wenn man um seinen Job fürchtet und sich hilflos dem Rechenschieber eines Zahlenoptimierers ausgeliefert sieht. Man kann das niemandem verübeln. Man kann es allerdings auch anders sehen und muss dazu noch nicht einmal die Perspektive eines Pfennigfuchsers einnehmen: Man kann nämlich durchaus fragen, wer mehr als 30 Jahre nach Erfindung des World Wide Webs all die Papierprodukte eigentlich noch braucht. Leser können es kaum sein, jedenfalls nicht viele. Die Auflage von Heften wie "Barbara" und "Geo Epoche" ist überschaubar, Tendenz fallend. Leider hat man in dem stolzen Hamburger Verlag jahrelang an der digitalen Mediennutzung vorbeiproduziert und sich darauf verlassen, dass diese Sache mit dem Internet schon nicht so schlimm werden würde. Das war nicht nur fahrlässig, sondern auch tragisch, da die "Geo"-Geschichtsmagazine hervorragend geschrieben sind. Leider finden sie im Web kaum statt.

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Vielleicht sitzt also der wahre Totengräber nicht in Gütersloh, sondern in Hamburg. Wer in Zeiten der Digitalisierung jahrelang keine schlüssige Onlinestrategie entwickelt hat, darf sich eigentlich nicht wundern, wenn der neue Besitzer irgendwann keine Lust mehr hat, drohende Verluste auszubaden – sondern das Geld stattdessen lieber in wenige renommierte Titel wie den "Stern" steckt, um diese vielleicht doch noch in die digitale Zukunft hinüberzuretten. Es ist den Hamburger Kollegen zu wünschen, dass ihnen das gelingt. Ganz ohne Gezeter.


Der Kanzler spricht

Olaf Scholz gibt im Bundestag eine Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel ab. Außerdem muss Wirtschaftsminister Robert Habeck nach seiner Rückkehr aus Washington den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.


Zweifelhafte Ehre

Scholz' Vorgängerin Angela Merkel erhält heute den Friedenspreis der UN-Kulturorganisation: Die Unesco zeichnet sie für ihre Entscheidung im Jahr 2015 aus, mehr als 1,2 Millionen Flüchtlinge und Migranten aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Eritrea, Marokko, Algerien und Tunesien in Deutschland aufzunehmen. Für die Preisverleihung fliegt Frau Merkel höchstpersönlich nach Yamoussoukro, in die Hauptstadt der Elfenbeinküste. Zeitgleich berät heute in Kiel der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags von Schleswig-Holstein über den Bericht der Landesregierung zu den Messermorden in einem Regionalzug in Brokstedt. Der Täter kam 2014 als Flüchtling nach Deutschland. Das jahrelange Behördenchaos bei der Flüchtlingsorganisation und der Strafverfolgung ist mitverantwortlich dafür, dass er nicht aufgehalten wurde. Auch das ist ein Erbe von Merkels Regierungszeit.

Ich ahne: Das wird man bei der feierlichen Preisvergabe in Yamoussoukro geflissentlich verschweigen.


Was lesen?




Der Kremlchef will den Westen in die Knie zwingen. Der weltberühmte Vordenker Francis Fukuyama glaubt trotzdem, dass Russlands Niederlage nur noch eine Frage der Zeit ist, wie er im Gespräch mit meinem Kollegen Marc von Lüpke sagt.


Warum tut sich die CDU mit dem renitenten Hans-Georg Maaßen so schwer? Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder hat es meiner Kollegin Kati Degenhardt erklärt.


Was amüsiert mich?

Woher kommen denn all die Ballons am Firmament?

Ich wünsche Ihnen einen klarsichtigen Tag.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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