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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Polizei spricht von offenen Rechnungen im Milieu Explosionen in Köln: "Opfer schweigen aus gutem Grund"
In Köln gibt es innerhalb weniger Tage zwei Explosionen. Wer steckt dahinter? Und wen sollten sie treffen?
In der Kölner Innenstadt sind innerhalb weniger Tage zwei Sprengsätze explodiert: am Montagmorgen detonierte ein mutmaßlicher Sprengsatz neben dem Club "Vanity", am Mittwoch ein weiterer vor einem Bekleidungsgeschäft in der Ehrenstraße – nur rund hundert Meter vom ersten Tatort entfernt. Mehr dazu lesen Sie hier. In beiden Fällen fahndet die Polizei nach dem Täter oder den Tätern.
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Polizei und Staatsanwaltschaft vermuten Auseinandersetzungen in der organisierten Kriminalität als Hintergrund der jüngsten Explosionsserie in Köln. Am Donnerstagnachmittag sagte der Chef der Kriminalpolizei Köln, Michael Esser, in einer Pressekonferenz, dass die Behörde vor "großen Herausforderungen durch beispiellose Fälle von Gewalt" stehe. Aus ermittlungstaktischen Gründen könne die Polizei öffentlich noch keine Ermittlungserfolge nennen und diesbezüglich auch noch nicht näher ins Detail gehen, sagte Esser weiter. Ihm sei bewusst, dass viele Kölnerinnen und Kölner sowie Geschäftstreibende wegen der Vorgänge in ihrer Stadt in Sorge sind. Die Sprengungen und Schüsse auf Häuser "werden ernst genommen", versicherte der Kriminaldirektor.
Die Polizei sei mit allen Kräften im Einsatz und arbeite mit Hochdruck an der Aufklärung der Gewaltverbrechen. Eigens dazu seien 60 Ermittler zusammengezogen worden, die "nur an diesem Komplex" ermitteln. Nach den letzten beiden Sprengungen in dieser Woche gebe es aus der Bevölkerung viele Hinweise, denen nun nachgegangen werde.
Steckt die Mafia hinter den Anschlägen?
Ein Problem sei, dass die Opfer und Geschädigten, denen die Sprengungen galten, "nicht offen mit der Polizei reden", sagte Esser. Das deute darauf hin, dass die Opfer aus gutem Grund schweigen und zwischen den Tätern und betroffenen Zielpersonen "offenbar offene Rechnungen im Milieu beglichen werden". Auch dazu machte Esser aufgrund der laufenden Ermittlungen keine weiteren Angaben.
Weil die Geschädigten schweigen, sei die Polizei umso mehr auf die Mithilfe aus der Bevölkerung angewiesen. An den Ermittlungen würden außerdem niederländische Sicherheitsbehörden beteiligt – Verbindungen zur organisierten Kriminalität in den Niederlanden lägen auf der Hand und ließen sich auch schon belegen. Mit Sprengungen und Schüssen auf Häuser sei man bei unseren Nachbarn bereits bekannt: "Dort kennt man das Problem schon länger", führte Esser aus.
Das deute darauf hin, dass die Polizei einen Zusammenhang zu einer bekannten Mafia vermutet. Ob es sich dabei um die sogenannte "Mocro"-Mafia handele, blieb unklar. Nach vorläufigen Erkenntnissen der Polizei sollen die Taten mit Auseinandersetzungen zwischen Drogenbanden auch aus den Niederlanden in Verbindung stehen. Explosionen vor Hauseingängen seien ein oft angewandtes Drohmittel der "Mocro-Mafia".
Detonationen in weiteren Städten
In den vergangenen Wochen hatte es bereits mehrfach Explosionen in Köln und anderen Städten in Nordrhein-Westfalen gegeben, darunter Duisburg und Engelskirchen. Möglicherweise war auch der Täter – oder die Täter – in dieser Woche eigens zur Tat angereist und danach wieder abgereist. Es wird international gefahndet.
Im Vordergrund stehe nun die Gefahrenabwehr, um auch die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Dazu würden ab sofort etwa zur Nachtzeit verstärkt Personenkontrollen in Köln durchgeführt.
- Pressekonferenz der Polizei Köln (19.09.2024)
- Mit Material der dpa