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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Mocro" und Co. Rocker, Clans, Mafia – die kriminelle Unterwelt in NRW
Ein Drogenkrieg und offenbar gezielte Explosionen rücken die "Mocro-Mafia" derzeit in den Fokus der Ermittler. Die Behörden haben es allerdings noch mit etlichen weiteren Gruppen zu tun.
In der Nacht zu Montag ist im Eingang eines Mehrfamilienhauses im Düsseldorfer Hafen ein Sprengsatz explodiert. Auch wenn zur Stunde noch unklar ist, ob es sich um eine weitere Tat der aus den Niederlanden stammenden sogenannten "Mocro-Mafia" handelt, erinnert das Verbrechen doch stark an die Explosionen in Köln, Duisburg und Solingen aus den vergangenen Wochen.
Mit der als "Mocro-Mafia" bezeichneten Gruppe kommt offenbar eine weitere Tätergruppierung im Bereich "Organisierte Kriminalität" in NRW hinzu, die die Behörden in Zukunft beschäftigen wird. Ein Blick in das Lagebild "Organisierte Kriminalität" des Landeskriminalamtes zeigt, dass sie bei Weitem nicht die einzige ist.
Rocker und Familienclans prallen aufeinander
Im Jahr 2022 wurden 80 Verfahren unter dem Schlagwort "Organisierte Kriminalität" bei den Behörden in NRW registriert. Acht Tätergruppen sind für diese Taten verantwortlich, im Folgenden sind sie mit den offiziellen Namen aus dem Lagebild bezeichnet.
- Deutsch dominierte Gruppen: Sie fielen vor allem mit Taten im Finanzsektor auf. Diese reichten von Steuerbetrug über kriminelle Handelsplattformen im Darknet bis hin zur betrügerischen Vermarktung einer Kryptowährung. 25 Verfahren liefen 2022 gegen Mitglieder dieser Gruppen.
- Türkisch- und arabischstämmige Familienclans: 14 Verfahren gingen auf das Konto der Familienclans, darunter vor allem Drogengeschäfte, Geldwäsche, Sozialleistungs- und Versicherungsbetrug sowie unrechtmäßiger Handel mit Autos.
- Albanisch dominierte Gruppen: Zwölf Verfahren liefen 2022 gegen diese Gruppen, auch hier vor allem wegen Drogenhandels.
- Türkisch dominierte Gruppen: Sechs Verfahren liefen gegen diese Gruppe, ebenfalls wegen Drogenhandels und der Herstellung von Drogen.
- Outlaw Motorcycle Gangs oder rockerähnliche Gruppierungen: Dieser Gruppe wurde unter anderem ein Mord im Umfeld der "Hells Angels" angelastet. Außerdem mischen sie laut Lagebild bei Drogengeschäften mit.
- Gruppierungen der italienischen organisierten Kriminalität: Dieser Gruppe wurde 2022 Geldwäsche und Kokainhandel vorgeworfen.
- Gruppierungen der russisch-eurasischen organisierten Kriminalität: Gegen sie liefen 2022 zwei Verfahren wegen des Einsatzes einer Schadsoftware und Versicherungsbetrugs.
In einem Fall waren gleich zwei Gruppen beteiligt: Zwischen Rockern sowie Mitgliedern eines türkisch- und arabischstämmigen Familienclans kam es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung. Im Mai 2022 sollen sich rund 100 rivalisierende Männer auf dem Hamborner Altmarkt gegenübergestanden haben, anschließend fielen Schüsse.
Präsenz der italienischen Mafia nimmt zu
Wie das LKA in seinem Lagebild schreibt, stehe vor allem die italienische Mafia derzeit vor einem Wandel in Deutschland. Während ihre Präsenz, vor allem die der "Ndrangheta", bundesweit und auch in NRW zunehme, verschiebe sich ihr Geschäft von einer "Rauschgiftmafia" zu einer "unternehmerischen Mafia". Das heißt: Getarnt durch den Betrieb von Restaurants und anderer Firmen, finde vor allem Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche und Steuerbetrug statt.
Albanische Tätergruppen dienen laut dem Bericht offenbar vor allem als Lieferanten von Drogen aus dem Ausland. Über die großen Nordseehäfen in Hamburg, Rotterdam, Amsterdam oder auch Antwerpen hätten die albanischen Täter Kokain geschmuggelt. Da sie meist keine Straftaten in NRW begingen, seien sie von der Polizei nur schwer zu belangen.
Drei neue Rockergruppen gegründet
Besonders detailliert beschreibt das LKA in dem Bericht die Rockergruppen. Mit den "Freeway Riders MC" in Datteln und Gladbeck und dem "Brother MC" in Waltrop hätten sich drei Gruppen im Jahr 2022 neu gegründet. Allerdings hätten sich auch fünf Gruppen, unter anderem in Bochum, aufgelöst.
Der Verein "United Tribuns" mit knapp 100 Mitgliedern wurde im August 2022 aufgelöst und verboten. In diesem Zusammenhang wurden bei einer Razzia an 38 Orten in NRW Waffen beschlagnahmt.
- Anfrage beim Landeskriminalamt NRW
- lka.polizei.nrw: "Lagebild Organisierte Kriminalität 2022"