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Schadensbilanz zu "Sabine": 500.000 Gebäude betroffen


Erste Schätzung zu Rekord-Schaden
Schadensbilanz zu "Sabine": Allein 500.000 Gebäude betroffen

Von reuters, t-online, dpa, joh

11.02.2020Lesedauer: 4 Min.
Chaos nach "Sabine": Das Dach einer Berufsschule in Schwäbisch Hall wurde durch den Sturm schwer beschädigt.Vergrößern des Bildes
Chaos nach "Sabine": Das Dach einer Berufsschule in Schwäbisch Hall wurde durch den Sturm schwer beschädigt. (Quelle: Marvin Koss/imago-images-bilder)

Überschwemmte Keller, abgedeckte Dächer und Bäume, die auf Autos stürzen – Sturmtief "Sabine" hat in Deutschland und ganz Europa Spuren hinterlassen. Experten schätzen den Schaden sehr hoch ein.

Orkantief "Sabine" hat in den vergangenen zwei Tagen ordentlich in Deutschland gewütet. Allein in Nordrhein-Westfalen rückten fast 22.000 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Hilfsorganisationen aus. Auch der Flug- und Zugverkehr war eingeschränkt bzw. fiel ganz aus. Die deutschen Versicherer müssen für die Folgen des Orkans nach Expertenschätzungen mit mehr als einer halben Milliarde Euro zahlen. Die Versicherungsmathematiker der Kölner Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) veranschlagten den versicherten Schaden am Dienstag auf rund 600 Millionen Euro.

Der Wintersturm war am Sonntag und Montag mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde über Deutschland hinweg gezogen. Allein an Gebäuden seien 500.000 Schäden zu erwarten, erklärte MSK-Aktuar Onnen Siems. In nahezu ganz Deutschland berichteten die Leitstellen der Polizei von einer Vielzahl von umgestürzten Bäumen, die zum Teil auf geparkte Autos gestürzt waren. Bauzäune wurden umgerissen, Werbetafeln umhergeweht. In vielen Regionen hielten sich die Schäden aber in Grenzen. In Solingen klang das Aufatmen in einer Pressemitteilung der Stadt so: "Sabine war wohl doch nur ein Sabinchen."

Leseraufruf: Das Orkantief "Sabine“ ist über Deutschland gefegt. Es hat Häuser abgedeckt, Bäume umgeworfen und Überschwemmungen verursacht. Haben Sie selbst unter Sturmschäden zu leiden oder haben Folgen des Sturmes gesehen? Schicken Sie uns Ihre Bilder mit einer kurzen Info zur jeweiligen Aufnahme an leseraufruf@t-online.de. Eine Auswahl der Bilder werden wir mit Nennung des Namens veröffentlichen.

7.100 Einsätze in Nordrhein-Westfalen

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen führte "Sabine" zu mehr als 7.100 Einsätzen und 13 Verletzten, wie das Landesinnenministerium mitteilte. Ein 17-Jähriger wurde in Paderborn von einem herabfallenden Ast am Kopf getroffen und lebensgefährlich verletzt. Sechs weitere Menschen wurden schwer, sechs leicht verletzt. Unter den Verletzten seien vier Rettungskräfte.

Auch aus anderen Bundesländern wurden Verletzte gemeldet – zum Beispiel aus dem Saarland. Eine Frau schwebte noch in Lebensgefahr. Sie war nach Angaben eines Polizeisprechers am Sonntagabend zusammen mit einer Kollegin aus dem Klinikum in Saarbrücken auf dem Weg zu ihrem geparkten Auto gewesen, als ein Baum umstürzte und die beiden Frauen traf. Die Kollegin sei nur leicht verletzt worden.

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Im Kreis Lippe musste ein Zug mit 150 Passagieren evakuiert werden, der von einem umstürzenden Baum getroffen worden war. Autos und Häuser wurden beschädigt. In einigen Gemeinden kam es zu Stromausfällen. Aus Sicherheitsgründen wurden diverse Sportveranstaltungen auch für Montag abgesagt. Die Einsatzkräfte im Kreis Lippe absolvierten rund 160 Sturm-Einsätze. Insgesamt rückten etwa 400 Einsatzkräfte aus. Im Kreis Unna wurden weit über 200 Einsätze mit mehr als 600 Helfern von Feuerwehr, Rettungsdienst und Technischem Hilfswerk gemeldet. In der Landeshauptstadt kam die Feuerwehr auf fast 100 Einsätze.

Pool schlägt in Fenster ein

In Spenge im Kreis Herford wirbelte eine Sturmböe einen leeren Swimmingpool in die Luft. Teile des Pools schlugen in ein Haus ein und zerstörten Fensterscheiben. Im Kreis Höxter konnten Anwohner ein außer Kontrolle geratenes Trampolin einfangen und sichern.

Auf seinem Weg über Deutschland beeinträchtigte der Orkan seit Sonntagabend den Verkehr stark, die Schäden hielten sich aber in Grenzen. In Frankfurt am Main knickte ein Baukran ab, sein Ausleger krachte in das Dach des Doms. In Bayern waren Zehntausende Menschen über Stunden ohne Strom – etwa weil Bäume Leitungen beschädigt hatten.

An den Flughäfen fielen Hunderte Starts und Landungen aus. Unter anderem die Entscheidung von Eurowings, während des Sturms fast alle Flüge zu streichen, führte zu vielen Annullierungen. Der Flughafen München verhängte wegen "Sabine" am Montag einen Abfertigungsstopp. Seit etwa 7.45 Uhr am Montagmorgen wurden am Boden keine Flugzeuge mehr be- oder entladen, wie ein Sprecher sagte. Nachdem es zunächst noch vereinzelte Landungen gegeben hatte, kam der Flugverkehr später komplett zum Erliegen. Obwohl der Fernverkehr der Bahn wieder startete, mussten Bahnreisende weiterhin mit Verspätungen und Zugausfällen rechnen. Der regionale Schienenverkehr kam in vielen Gegenden ebenfalls wieder ins Rollen.

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Vergleichsweise entspannt war die Lage auf den Autobahnen: Der "WDR" meldete um 7.50 Uhr am Montagmorgen in ganz Nordrhein-Westfalen knapp 140 Kilometer Stau – eher wenig für einen Montagmorgen.Ganz ohne Behinderungen blieb es jedoch auch auf den Straßen nicht. So war etwa die A7 als zentrale Nord-Süd-Verbindung in Niedersachsen zwischen Hildesheim und dem Dreieck Salzgitter die komplette Nacht und am Morgen wegen Sturmschäden gesperrt.

Vor großen Problemen standen Eltern von Schul- und Kindergartenkindern: Etliche Städte ließen den Unterricht an ihren Schulen ausfallen – darunter die Großstädte Köln, Düsseldorf, Dortmund und Bremen, auch Teile von Bayern, Hessen, Niedersachsen und Baden-Württemberg waren betroffen. Viele Kitas blieben ebenfalls ganz geschlossen oder boten nur eine Notbetreuung an. Eltern mussten kurzfristig Alternativen organisieren oder freinehmen.

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An der Nordseeküste ist es zu Sturmfluten gekommen. Von einer Sturmflut spricht man dort, wenn die Pegelstände 1,50 bis 2,50 Meter über mittlerem Hochwasser (MHW) liegen. Auch Hamburg-St. Pauli war davon betroffen. Der Fischmarkt ist am Dienstagmorgen überflutet worden. Das Wasser stieg auf 1,74 Meter über dem mittleren Hochwasser, bestätigte ein Sprecher des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) dem "NDR". Laut Feuerwehr habe es aber keine Schäden gegeben. Bis Mittwochabend seien allerdings weitere Sturmfluten vorhergesagt.

Auf der Nordseeinsel Wangerooge wurde der Strand stark beschädigt. Die Abbruchkante sei teilweise bis zu zwei Meter hoch und erstrecke sich am Hauptstrand über eine Länge von etwa einem Kilometer, sagte der stellvertretende Ratsvorsitzende der Insel, Peter Kuchenbuch-Hanken.

Kyrill kostete drei Milliarden

Mit dem Orkan "Kyrill" aus dem Jahr 2007, der die Branche nach heutigen Werten rund drei Milliarden Euro gekostet hatte, sei er aber nicht zu vergleichen, sagte Siems. "'Sabine' wird für die Versicherer ein mittelstarkes Ereignis, wie es alle drei bis vier Jahre vorkommt." Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet damit, dass es in den nächsten Tagen stürmisch bleibt.

Verwendete Quellen
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