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Das Dilemma mit dem Biofleisch – Fleisch als Luxusgut?


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Tagesanbruch
Fleisch bald nur noch für Besserverdiener?

MeinungVon Janna Halbroth

Aktualisiert am 09.07.2021Lesedauer: 6 Min.
Discounter wenden sich von Billigfleisch ab: Doch was macht das mit unserer Gesellschaft?Vergrößern des Bildes
Discounter wenden sich von Billigfleisch ab: Doch was macht das mit unserer Gesellschaft? (Quelle: IMAGO / Ukrinform)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

denken Sie auch bei gewissen Gerichten an Ihre Kindheit? Mich versetzt der Geschmack eines saftigen Schweinebratens mit Senfkruste, brauner Soße und Kartoffeln zurück in die Vergangenheit.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir bei uns zu Hause den Sonntag rund um den duftenden Fleischklops zelebriert haben. Meine Mutter stand stundenlang in der Küche, ein herrlicher Geruch durchflutete das ganze Haus. Meine Geschwister und ich deckten den Tisch mit dem guten Sonntagsgeschirr und falteten Servietten. Bevor der Braten auf den Tisch kam, schnitt ihn mein Vater mit einem elektrischen Messer in zarte Scheiben. Und das Schönste: der kurze Weg der silbernen Gabel mit dem in Soße getunkten Fleischstück geradewegs in meinen Kindermund. Pures Glück.

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Heute sieht alles etwas anders aus. Zwar gibt es noch immer jenen köstlichen Braten, wenn ich an einem Sonntag zu Gast bei meinen Eltern bin. Doch ganz so gedankenlos wie früher kann ich dieses Glück nicht mehr genießen. Der Weg der Gabel ist noch immer kurz, doch während sie ihn zu meinem inzwischen erwachsenen Mund zurücklegt, schießen mir etliche Fragen durch den Kopf. Ist Fleischessen überhaupt noch in Ordnung? Wie viel Fleisch habe ich in dieser Woche schon zu mir genommen und wo kommt das Schwein eigentlich her, das da auf meinem Teller liegt?

Ich bin nicht die einzige, die sich solche Gedanken macht. Auch der Lebensmittelhandel greift diese Stimmung in unserem Land auf und wendet sich ab vom Billigfleisch. Discounter setzen stattdessen auf Fleisch aus zumindest etwas tiergerechterer Haltung. Neben Aldi kündigte nun auch die Handelskette Kaufland an, ab sofort kein frisches Schweinefleisch mehr anzubieten, bei dem die Tierhaltung nur die gesetzlichen Mindestanforderungen erfülle.

Aldi will ab 2030 kein Fleisch mehr aus günstiger Haltung anbieten (mehr dazu lesen Sie hier). Das klingt super. Das klingt sogar fantastisch. Viel zu lange haben Tiere einen viel zu hohen Preis für unsere Fleischgier gezahlt. Apropos zahlen. Wer sich gelegentlich in Bioläden herumtreibt, der weiß, wie das Tierwohl auch auf den Preis schlägt. Menschen, die entsprechend verdienen, können und wollen sich das womöglich leisten. Sie beruhigen ihr schlechtes Gewissen und dem Portemonnaie tut es nicht allzu weh.

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Doch was ist mit denjenigen, die sich schon jetzt das Billigfleisch kaum leisten können?

Was ist mit Menschen, für die bereits 2,79 Euro für 500 Gramm gemischtes Hackfleisch viel Geld ist? Werden sie in Zukunft gänzlich auf Fleisch verzichten müssen, weil sie es sich schlichtweg nicht mehr leisten können? Wird Fleisch damit zum Luxusgut und zu einem weiteren Katalysator einer geteilten Gesellschaft? Der Verzicht und die Abkehr vom Billigfleisch bringen weitläufige Konsequenzen mit sich. Wie soll dieses Dilemma also gelöst werden?

Schon vor rund einem Jahr forderte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner eine zweckgebundene Verbrauchssteuer auf tierische Produkte. Mit dem Geld sollten Landwirte Ställe um- oder sogar ganz neu bauen. Doch wo neue oder größere Ställe entstehen, muss auch genügend Platz sein. Klar ist: Ohne eine umfassende Regelung der Politik wird sich dieses Dilemma kaum auflösen. Sicher ist auch: Irgendwer wird diese Kosten für ein besseres Tierwohl zahlen müssen.

Vielleicht lohnt sich vor diesem Zusammenhang auch ein genauerer Blick auf die Haltungsformen. Was bedeuten sie und bewirken sie wirklich eine artgerechte Tierhaltung? Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin bei Peta, sagte mir, es handele sich dabei nur um einen "ersten Schritt zu einer Veränderung". Unterm Strich werde die Umstellung der Supermärkte und Discounter aber nur "marginale Verbesserungen für die Tiere bringen". Sie macht klar: "100 Prozent mehr Platz in der höchsten Stufe 4 hören sich zuerst gut an. Wenn man jedoch bedenkt, dass einem etwa 100 Kilo schweren Schwein dadurch statt 0,75 nur 1,5 Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen, dann erkennt man schnell, dass dies reine Tierquälerei für die bewegungsfreudigen und neugierigen Tiere bedeutet." Außerdem überraschte sie mich mit einem Gedankenspiel: "Bei Hunden wäre der Aufschrei groß, wenn wir sie derart schlecht halten und ihres Fleisches wegen töten würden."

Also vielleicht doch lieber ganz auf Fleisch verzichten? Aus ernährungsphysiologischer Sicht wäre das sogar gar kein Problem, wenn dabei "das vom Speiseplan gestrichene Fleisch vernünftig durch andere Lebensmittel ersetzt wird", wie mir Ökotrophologin Jessica Bolewski erzählt. Ihrer Meinung nach sollten wir uns viel öfter ins Gedächtnis rufen, dass zu viel Fleisch krank machen kann. "Es erhöht das Risiko für ernährungsbedingte Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und Darmkrebs." Empfehlenswert sei eine maximale Menge von 300 bis 600 Gramm fettarmem Fleisch pro Woche. Adieu Schweinebraten mit Senfkruste, denke ich mir dabei. Schön war's mit dir.


Olympia in Tokio findet ohne Zuschauer statt

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber die Bilder aus dem Wembley-Stadion in London haben in mir wirklich Bauchschmerzen ausgelöst. So sehr ich mich über all die Begeisterungsstürme, die so ein Turnier wie die EM mit sich bringt, gefreut habe, so sehr wurde diese Freude durch die Massen auf den Zuschauerrängen getrübt. Zu schnell ging dieses Umschalten von Stille auf Tohuwabohu. Deswegen war ich fast erleichtert, als am Donnerstag bekannt gegeben wurde, dass die Olympia-Organisatoren wegen der erneuten Verhängung des Corona-Notstands in Japan einen Zuschauerausschluss beschlossen haben.

Bis zuletzt hatte man noch an Plänen festgehalten, bis zu 10.000 Fans aus dem Inland pro Wettkampf in den Arenen zuzulassen. Nun werden in Tokio und in drei Nachbarpräfekturen bei den Spielen die Arenen leer bleiben. Vielleicht keine populäre, dafür aber eine richtige Entscheidung.

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Die Corona-Zahlen steigen – Delta-Variante auf dem Vormarsch

Mit dem Thema Corona sind wir wohl noch lange nicht durch. Die Zahlen steigen, die Delta-Variante, die noch ansteckender ist, befindet sich nun auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Sie ist sogar die vorherrschende Variante. Bei knapp zwei Drittel der bestätigten Neuinfektionen soll es sich bereits um die gefährliche Mutante handeln. Selbst wenn wir die Verbreitung irgendwann stoppen können, wird uns Corona weiterhin beschäftigen.

Jeder zehnte Corona-Infizierte entwickelt nämlich Spätfolgen – auch nach einem milden Krankheitsverlauf. Ein Interview, das meine Kollegin Christiane Braunsdorf mit einem Arzt in einer bayerischen Reha-Klinik geführt hat, schockiert mich vor diesem Hintergrund besonders. Er spricht darin von "Menschen, die nach ihrer Infektion einfach nicht mehr in ihren normalen Alltag zurückfinden konnten".


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Falls Sie Instagram haben, möchte ich Ihnen sehr gerne das Profil einer ganz besonderen Frau ans Herz legen. Ro Ya Heydari ist eine mutige Fotojournalistin aus Afghanistan, die nicht schweigend hinnehmen will, dass die Taliban das Land wieder einnehmen und damit Stück für Stück zerstören, was dort in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut wurde. Vor allem setzt sie sich für die Rechte von Mädchen in ihrer Heimat ein. Auf ihrem Instagram-Kanal porträtiert sie diese Kinder und erzählt ihre Geschichten. Beeindruckend und mutig zugleich. Hier kommen Sie zu ihrer Seite.

Donald Trumps Klagen gegen Facebook, Twitter und Google sind nur der Ausschnitt einer perfiden Gesamtstrategie, meint mein Kollege Bastian Brauns. Er erklärt, wie der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten mit einem Geflecht aus Organisationen das ganze Land mit Klagen überziehen will, um sich als Rächer der Entrechteten zu inszenieren. Mehr dazu lesen Sie hier.

Der Anschlag auf den niederländischen Journalisten Peter de Vries hat auch hierzulande viele Menschen schockiert. Dabei hat die Gewalt gegen Journalisten im vergangenen Jahr auch in Deutschland zugenommen. Ist eine solche Tat auch bei uns möglich? Mein Kollege David Schafbuch hat darüber mit Experten gesprochen und Politiker gefragt, wie man die Pressefreiheit besser schützen kann.


Was amüsiert mich?

Ob das auch für Fleisch aus der Haltungsform 4 gilt?

Ich wünsche Ihnen einen ausgeglichenen Freitag. Morgen schreibt für Sie mein Kollege Sven Böll. Außerdem wird es einen Extra-Podcast mit Marc Krüger und unserem Washington-Korrespondenten Fabian Reinbold geben. Seien Sie gespannt.

Ihre

Janna Halbroth
Redakteurin Unterhaltung
Twitter: @jannabacon

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Mit Material von dpa.

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