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K-Frage: Das können Laschet und Söder von den Grünen lernen


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Tagesanbruch
Das können Laschet und Söder von den Grünen lernen

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 08.04.2021Lesedauer: 6 Min.
Die Grünen-Vorsitzenden Baerbock und Habeck.Vergrößern des Bildes
Die Grünen-Vorsitzenden Baerbock und Habeck. (Quelle: Hendrik Schmidt/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages, heute stellvertretend für Florian Harms.

Ein Novum

Das Ergebnis der Bundestagswahl hätte deutlicher nicht ausfallen können. Mit 48,8 Prozent erhält die Union fast die absolute Mehrheit im neu gewählten Parlament. 255 der 520 Abgeordneten kommen aus den Reihen von CDU und CSU. Helmut Kohl lässt sich mit diesem Votum eindrucksvoll als Kanzler bestätigen.

Zugleich erlebt der Bundestag im Frühjahr 1983 eine andere, eine kleine Revolution. Eine, die Helmut Kohl überdauern soll. Die Grünen ziehen in das Parlament ein.

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Mit den 28 großteils jungen Abgeordneten erhält der Plenarsaal nicht nur Sonnenblumen, Turnschuhe und Vollbärte. Die Partei verändert die politische Landschaft. Umweltpolitik, Frauenpolitik, Entwicklungs- und Außenpolitik werden von ihnen nachhaltig beeinflusst.

15 Jahre und etliche innerparteiliche Flügelkämpfe dauert es, bis die Grünen erstmals an einer Bundesregierung beteiligt sind. Doch lange blieben die Ökos eine Partei mit Friktionen, Grabenkämpfen, Widersprüchen.

Und heute? Es scheint, als entwickeln sich die Grünen parallel zur Schwäche der anderen. Die Union hat sich in aktuellen Umfragen im Vergleich zu 1983 halbiert, die Sozialdemokratie erfährt Gleiches schon seit Jahren. Während die Grünen nicht nur in Baden-Württemberg zur Volkspartei avancieren.

In wenigen Tagen nun folgt das nächste grüne Novum. Am 19. April wird der Parteivorstand erstmals einen grünen Kanzlerkandidaten (oder eine Kandidatin) benennen.

Die Grünen im Kanzleramt. Klingt vermessen? Im Gegenteil. Nur 16 bzw. 17 Prozent der Deutschen würden derzeit Armin Laschet als Kanzler präferieren, sollte er für die Union kandidieren. Annalena Baerbock halten dagegen 23 Prozent für eine gute Kanzlerin, Robert Habeck kommt gegen Laschet auf 22 Prozent. Allerdings gegen Markus Söder, da hätten die Grünen keine Chance. Er ist der eigentliche Lieblingskanzler. So der Stand heute.

Bleibt also abzuwarten, wen die Union ins Rennen schickt. Oder besser, auf die steinige und unvorhersehbare Offroad-Tour ins Kanzleramt. Bis Pfingsten will sich die Union festlegen. Traditionell hat die CDU das erste Zugriffsrecht. Doch nur, wenn der eigene Vorsitzende auch Chancen beim Wähler und Rückendeckung in den eigenen Reihen hat.

CSU-Chef Markus Söder scheint die verbleibenden Tage derzeit abzuwarten, als wolle er dem Autoritätsverfall von Armin Laschet in aller Ruhe zusehen. Je höher die Corona-Inzidenzen steigen, desto weiter steigen derzeit seine Umfragewerte.

Keine Ministerpräsidentenkonferenz noch diese Woche? Ein Minuspunkt für Laschet. Der CDU-Wirtschaftsrat kritisiert Laschets "Brückenlockdown" als fantasielos? Punktgewinn für Söder. Bayern sichert sich schon mal 2,5 Millionen Impfdosen von Sputnik V? Noch ein Punkt.

Vieles sieht nach einem Profilierungsversuch von beiden Seiten aus. Mitten in der Pandemie klingt das so schräg wie ein Orchester, das noch schnell die Instrumente stimmt. Nur spielen die Musiker wild durcheinander. Das bildet sich nicht nur in sinkenden Umfragewerten der Union ab. Das anhaltende Chaos in der Pandemiebekämpfung kostet auch Menschenleben.

Es wird Zeit, dass die Union endlich ihren Kanzlerkandidaten bestimmt. Das wissen auch Laschet und Söder. Am Sonntag haben die beiden den Fraktionsvorstand und die Bundeskanzlerin zu einem Treffen zum Thema "Innovationsstandort Deutschland" eingeladen. Es gibt deshalb Stimmen, die munkeln, der Tag könne auch für eine Entscheidung in der K-Frage genutzt werden.

Zum Vergleich: Das Kandidatenfinale der Grünen läuft seit Monaten geräuschlos. Öffentlich profiliert sich keiner der beiden Chefs auf Kosten des anderen. In der Geschichte der Bundesrepublik ist das bislang ohne Beispiel. Und das bei der Partei, die früher für ihre Flügelkämpfe berüchtigt war.

Nach dem Motto "wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen" gibt es keine öffentlich ausgetragenen Streitereien zwischen Habeck und Baerbock. Und auch keine Einwürfe etwaiger Parteifreunde. Nicht vor laufenden Kameras. Es wurde deshalb sogar vermutet, die beiden hätten die K-Frage längst unter sich ausgemacht. So viel Harmonie kommt bei uns Wählern gut an. Habeck und Baerbock wollen sich mit diesem Stil auch fürs Kanzleramt qualifizieren.

Und doch: Die Bundestagswahl wird erst in sechs Monaten entschieden. Themen, Debatten und Stimmungen werden bis dahin andere sein. Klar ist aber auch: Vertrauen erarbeitet man sich langfristig. Hier haben die Grünen einen erheblichen Vorsprung herausgearbeitet.


Mit ruhiger Hand gegen die Pandemie

Am 28. März sagte Angela Merkel während ihres TV-Auftritts bei "Anne Will" einen Satz, der mir im Gedächtnis geblieben ist: "Aber ich werde jetzt nicht tatenlos 14 Tage lang zusehen und es passiert nichts, was wirklich auch eine Trendumkehr verspricht." Und drohte mit einer gesetzlichen Testpflicht für Betriebe und bundeseinheitlichen Regeln.

Seitdem sind elf Tage vergangen. Eine Ewigkeit für Pandemiebekämpfer. Am Wirrwarr in den Bundesländern hat sich nichts geändert, das Saarland hat seine geplanten testweisen Öffnungen durchgezogen und niemand kann sagen, wie viele Menschen sich in den vergangenen Tagen wirklich mit Corona infiziert haben.

Währenddessen verlautet öffentlich aus dem Kanzleramt bislang lediglich, man favorisiere einen härteren Lockdown.

Hat die Kanzlerin ihren Satz ernst gemeint? Hat sie sicherlich. Zum einen wusste sie, dass nach ihrer Fehlentscheidung ("Osterruhe"!) die Menschen eine bessere, mutige, weitsichtige Pandemiebekämpfung verlangen. Zum anderen sieht es Merkel nicht ähnlich, dass sie Ankündigungen keine Taten folgen lässt. Dass nach elf Tagen auf Merkels Worte nichts folgte, zeigt eines sicherlich: wie verfahren die politische Situation derzeit ist.

Eine mögliche Interpretation der Kanzlerinnen-Ruhe: Man arbeitet im Kanzleramt hinter verschlossenen Türen an einem Plan, der diesmal wirklich sitzt und eine breite Zustimmung auch in den Ländern und im Bundestag erfährt. Eine große deutsche Boulevardzeitung will von solchen Plänen bereits erfahren haben (Artikel hinter Bezahlschranke).

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Merkel hat ja noch drei Tage Zeit, bis die selbst gewählte Frist abgelaufen ist.


Mit schlechtem Impfstoff gegen die Pandemie

Der Impfstoff von Astrazeneca wird in den kommenden Tagen weiter für Diskussionen sorgen. Dafür hat gestern die Europäische Arzneimittelbehörde Ema gesorgt, indem sie das Mittel trotz Thrombose-Risiko ausdrücklich empfohlen hat. Der Nutzen überwiege die Risiken, so die durchaus logische Argumentation.

Anders ausgedrückt, es sterben deutlich mehr Menschen, wenn wir sie nicht impfen. Oder: Hätten wir genug andere Impfstoffe zur Verfügung, um alle Menschen zu impfen, würden wir den Astrazeneca-Impfstoff jetzt nicht mehr verwenden.

Was bleibt? Zumindest Menschen, die nur eine geringe Wahrscheinlichkeit haben, an einer Corona-Infektion zu sterben, sollten sich wohl nicht mit Astrazeneca impfen lassen. Eine sinnvolle Altersgrenze für eine solche Abwägung zu finden, scheint fast unmöglich.


Was lesen?

Wenn ein Linienrichter nach einem Champions-League-Viertelfinalspiel um ein Autogramm bittet, dann hat man es wohl an die Weltspitze geschafft. Genau das erlebte BVB-Stürmer Erling Haaland am Dienstagabend in Manchester. Von der Aktion des Unparteiischen kann man halten, was man will. Klar wurde: Der junge Norweger Haaland zieht längst nicht mehr nur die deutschen Fans in seinen Bann, er elektrisiert ganz Europa, schreibt mein Kollege Robert Hiersemann.


Die Warnung ist eindrücklich. Die Impfung werde keine Garantie für ein baldiges Ende der Pandemie sein, fürchtet die Corona-Taskforce des renommierten Fachmagazins "The Lancet". Einige der Varianten könnten immun gegen den Impfstoff sein. Hinzu komme, dass viele Länder gar nicht die Möglichkeit hätten, Varianten zu erkennen. Deshalb fordern die Experten jetzt neue, strenge Maßnahmen. Meine Kollegin Sandra Simonsen hat die Empfehlungen der Forscher zusammengefasst.


Alexej Nawalny ist Russlands bekanntester Kreml-Widersacher – und derzeit schwer erkrankt in ein Straflager gesperrt. Meine Kollegen Jonas Mueller-Töwe und Marc von Lüpke haben zusammengefasst, was über den Haftort, die dortigen Bedingungen und Nawalnys Zustand bekannt ist.


Nach der Pandemie plädiert der Ökonom Jens Südekum für ein umfassendes Konjunkturprogramm nach dem Vorbild der USA. Der Rückstand Deutschlands sei sonst nicht mehr aufzuholen. Meinem Kollegen Florian Schmidt rechnete er vor, wenn das US-Programm als Maßstab diene, müsste es in Deutschland rund 500 Milliarden Euro umfassen und auf zehn Jahre angelegt sein.


Was amüsiert mich?

In den vergangenen Stunden kursierten im Internet unzählige Witze über Armin Laschets Brücken-Analogie. Was der Ministerpräsident hätte wissen können: Es gibt in Nordrhein-Westfalen viele Orte, an denen das Licht eher am Ende eines Tunnels zu finden ist.

Ich wünsche Ihnen einen gesunden Start in den Tag. Morgen schreibt Camilla Kohrs an dieser Stelle, am Samstag gibt es dann den Audio-Tagesanbruch mit dem geschätzten Kollegen Marc Krüger.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de

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