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US-Wahlen 2020: Donald Trump kann siegen – er nutzt eine menschliche Schwäche


Meinung
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Was heute wichtig ist
Dieser Präsident kann siegen – und nutzt eine menschliche Schwäche

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 25.08.2020Lesedauer: 6 Min.
Ein Auftritt für die eigenen Anhänger: US-Präsident Donald Trump als jemand, der anpackt.Vergrößern des Bildes
Ein Auftritt für die eigenen Anhänger: US-Präsident Donald Trump als jemand, der anpackt. (Quelle: dpa)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages, heute stellvertretend für Florian Harms:

WAS WAR?

Nominierungsparteitage in den USA lassen die Kandidaten glitzern, strahlen, heroisch erscheinen. Riesige Shows in großen Arenen, die einzig dazu dienen, bei den eigenen Anhängern Wirkung zu erzeugen. Jemand, der weiß, wie sich dieser Rahmen nutzen lässt, war in der Vergangenheit US-Präsident Donald Trump.

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Doch der Präsident erlebt derzeit weniger gute Tage. Wegen der Corona-Pandemie fällt die riesige Show für ihn aus. Der Saal mit den Delegierten in Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina erinnerte gestern eher an die Kulisse eines typischen deutschen Parteitags. Und dann kam zeitgleich zu Beginn der "Republican National Convention" die nächste Hiobsbotschaft: Trumps langjährige Beraterin Kellyanne Conway verlässt das Weiße Haus.

US-Amerikaner kennen Conway aus dem Fernsehen. In den vergangenen vier Jahren hat sie die Politik des US-Präsidenten dort wie kein anderer verteidigt. Sie war es, die 2017 den Begriff "alternative Fakten" kreierte, als Trump für seine übertriebenen Teilnehmerzahlen bei der Vereidigungszeremonie scharf kritisiert worden war. Ein Skandal. Damals.

Heute würde so ein Eklat wohl kaum noch für Aufregung sorgen. Zu sehr haben wir uns an die tagtäglichen Unfassbarkeiten des US-Präsidenten gewöhnt. Erst gestern behauptete Trump, die Demokraten wollten die Wahl "stehlen". Man hört kaum noch hin.

Aus europäischer Sicht ist nur schwer zu verstehen, warum Trump für Millionen von US-Bürgern immer noch wählbar ist, trotz seines wenig präsidialen Verhaltens, seiner Lügen und Provokationen.

Trump kommt etwas zugute, was Experten komplexitätsreduziertes Denken nennen. Das funktioniert in etwa so: Unser menschliches Hirn versucht, Komplexität zu reduzieren, um zu verstehen. Das ist nicht falsch, es ist sogar überlebenswichtig. Zum Beispiel, um im Alltag schnell Entscheidungen treffen zu können. Deshalb neigen wir dazu, die Welt in schwarz und weiß einzuteilen. Die Grautöne versuchen wir auszublenden, zu ignorieren. Mehr noch: Wir denken nicht nur schwarz und weiß, sondern wir werten, ordnen komplexen Dingen einfache Eigenschaften zu. Etwas ist "schlecht" oder "gut". Kommen neue Eigenschaften bzw. Fakten dazu, versuchen wir, das Eingeordnete zu belassen, wo es ist. Wir ändern unsere Meinung nicht so schnell.

Nehmen sie das Thema Atomkraft. Die ist gefährlich, das wissen wir. Also schlecht? Ja, klar. Jetzt nehmen Sie eine weitere Eigenschaft der Atomenergie hinzu: Im Gegensatz zu Kohle oder Erdgas hilft Atomkraft vielleicht gegen die Klimakrise. Ist gut, oder nicht? In einem komplexitätsreduzierten Denken lässt Ihr Hirn dieses Argument deshalb nur ungern zu. Ist Atomkraft jetzt schwarz oder weiß? Vielleicht doch eher dunkelgrau. Die Welt ist eben komplex.

Unser Denken führt also dazu, dass wir uns Dinge zurechtlegen. Anders ausgedrückt: Wer sich im letzten Wahlkampf darüber gefreut hat, dass Donald Trump eine Mauer zu Mexiko bauen und die Wirtschaft ankurbeln wird, der wird seine Politik wohlwollend verfolgt haben. Negative Eigenschaften des US-Präsidenten sind dann weniger relevant. Bislang hat es Trump geschafft, seine engsten Anhänger bei der Stange zu halten. Ob das reicht, um die Wahl zu gewinnen? Versuchen Sie also, ihren Verstand diese Frage nicht mit "ja" oder "nein" beantworten zu lassen.


WAS STEHT AN?

Es gibt eine weitere menschliche Eigenschaft: Was nah ist, berührt uns mehr als ferne Dinge. Die sibirische Stadt Tomsk hat so viele Einwohner wie Hannover. Doch der Gift-Anschlag von Tomsk ist auf einmal ganz nah. Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny kämpft in der Berliner Charité um sein Leben. Die nächsten Tage werden entscheidend sein, es ist noch unklar, ob er den Anschlag ohne Langzeitfolgen überleben wird.

Ein Toxikologe sagte meinem Kollegen Jonas Müller-Töwe gestern, schon die Ärzte im sibirischen Omsk hätten Vergiftung ganz einfach nachweisen können. Stattdessen wurde ein durchsichtiges Spiel gespielt. Nawalny wurde festgehalten, die Vergiftung vertuscht.

Die Bundesregierung hatte die Diagnose der Charité wohl schon erwartet. In einer gemeinsamen Erklärung forderten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) gestern "dringlich Aufklärung" bis ins Letzte. Das Problem dieser scharfen Worte der Diplomatie: Russlands Präsident Wladimir Putin betrachtet Belehrungen zum Umgang mit der Opposition eher als Einmischung in innere Angelegenheiten.

Zu oft blieben die in Russland beauftragten Morde in den vergangenen Jahren ohne Konsequenzen. Deutschland müsste also den Druck erhöhen, soll wirklich etwas erreicht werden. Etwa durch Wirtschaftssanktionen. Doch die Beziehungen zu Russland sind komplex. So stammt circa die Hälfte des in Deutschland jährlich verbrauchten Erdgases (ungefähr 100 Millionen Kubikmeter) aus Russland. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen.

Während der Krimkrise war es die Europäische Union, die sehr gezielte Sanktionen gegen Russland verhängt hatte. Zum Beispiel ist seitdem der Zugang Russlands zu Erdöl-Fördertechnologien untersagt. Solche Mechanismen treffen die russische Wirtschaft nachhaltig. Merkel und Maas müssen deshalb ein Momentum nutzen: Deutschland hat bis Ende des Jahres die Europäische Ratspräsidentschaft inne. Dort könnten Merkel und Maas handeln.

Experten sprechen von gezielter "Einhegung". Während man den diplomatischen Dialog mit Russland nicht aufgibt, antwortet man auf Regelverstöße mit gezielten Sanktionen. Doch die Balance zu finden, ist schwierig.

Nicht ausgeschlossen deshalb, dass die Bundesregierung harte Konsequenzen scheut. Schließlich kommt die Hälfte unseres Erdgases aus Russland.


Erinnern sie sich noch an die Wahlrechtsreform? Die Zahl der Bundestagsabgeordneten (709 derzeit) sollte verringert werden. Nun ist die Bundestagswahl noch ein Jahr hin, aber die ersten Wahlkreis-Kandidaten sind schon aufgestellt. Allerhöchste Zeit also, wenn das Thema nicht noch vier Jahre aufgeschoben werden soll. Das mahnt inzwischen selbst Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble an. Heute berät der Koalitionsausschuss. Doch eine Einigung ist noch nicht in Sicht.


Das Bundesamt für Statistik veröffentlicht in Wiesbaden die Zahlen für das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal. Und in München wird der monatliche Ifo-Geschäftsklimaindex bekannt gegeben. Klingt trocken, ist es auch. Für die Wirtschaft sind es aber wichtige Signale, um womöglich aus dem Corona-Tal wieder optimistischer nach vorne zu blicken.

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Bundestrainer Joachim Löw nominiert den Kader für die Nations-League-Spiele gegen Spanien (3. September) und die Schweiz (6. September). Es sind die ersten Länderspiele seit Beginn der Corona-Pandemie. Und Löw muss auf viele bewährte Spieler des FC Bayern verzichten. Es wird spannend.


WAS LESEN?

Seit Monaten forschen Wissenschaftler an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Gibt es einen Impfstoff, könnte ein Ende der Corona-Pandemie näher rücken.

Doch die Pharmaindustrie ist von wirtschaftlichen Interessen getrieben, kritisiert der Apotheker und promovierte Pharmazeut Franz Stadler im Interview mit meiner Kollegin Sandra Simonsen. Er fürchtet, die schnelle Impfstoffentwicklung und -zulassung könne zu Fehlern im Verfahren und zu Risiken für die Patienten führen. Er hofft aber auch, dass sich der Umgang mit Arzneimitteln durch die Pandemie verändert.


Wer das Champions-League-Finale zwischen dem FC Bayern und Paris schauen wollte, hatte die Qual der Wahl: Die Pay-TV-Anbieter Sky und DAZN sowie das ZDF übertrugen das Finale. Letzterer Sender hatte beim Triumph der Münchner immer wieder mit Tonproblemen zu kämpfen. Mein Kollege Noah Platschko hat mit Kommentator Béla Réthy gesprochen, der ihm erklärt hat, woran es lag und was die "Mutter aller Probleme" war.


Erinnern Sie sich noch an die Ankündigung von Tesla, ein Werk in Grünheide bei Berlin bauen zu wollen? Ich hoffe, Sie denken jetzt nicht, es dauert in Berlin doch sowieso mal wieder alles länger. Diesmal nicht. Sieht ganz so aus, als könnten die ersten E-Autos tatsächlich 2021 vom Band rollen. Die Kollegen von Zeit Online haben Bemerkenswertes aufgeschrieben (Artikel kostenpflichtig): Der Druck bei Tesla sei hoch, der Rückhalt auch.


Frauen verdienen noch immer weniger als Männer. Die erste Folge: Sie erhalten zu wenig Rente, um davon leben zu können. Die zweite Folge: Umso mehr Geld müssen Frauen deshalb schon während des Arbeitslebens zur Seite legen. Wie viel genau Sie mit 30, 40, 50 oder 60 Jahren auf der hohen Kante haben sollten, erläutert Ihnen meine Kollegin Christine Holthoff.


WAS AMÜSIERT MICH?

Die Corona-Pandemie hat nicht nur schlechte Seiten. Auch im Umgang mit missliebigen Verwandten kann die eine oder andere Opportunität entstehen.

Ich wünsche Ihnen einen gesunden Start in den Tag. Morgen schreibt Florian Harms wieder an dieser Stelle.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @peterschink

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