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Treue Freunde und machtlose Gegner – So funktioniert das System Merkel


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Treue Freunde und machtlose Gegner
So funktioniert das System Merkel

Eine Analyse von Jonas Schaible

Aktualisiert am 21.02.2018Lesedauer: 5 Min.
Merkel: Sie hat den Ruf, viele Gegner abserviert zu haben – dabei scheiterten die meisten an sich selbst.Vergrößern des Bildes
Merkel: Sie hat den Ruf, viele Gegner abserviert zu haben – dabei scheiterten die meisten an sich selbst. (Quelle: Sophia Kembowski/dpa)

Mit Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Kanzlerin wieder eine Vertraute an einer Schaltstelle platziert. So hat sie immer schon gehandelt. Einige alte Gegner tragen ihr das immer noch nach.

Angela Merkel führt die CDU seit fast 18 Jahren. Sie hat in dieser Zeit vier Bundestagswahlen gewonnen und regiert seit mehr als 12 Jahren als Kanzlerin. Systematisch hat sie sich ein Netzwerk von Vertrauten aufgebaut – und sie in allen wichtigen Positionen platziert. Dabei hat sie aber auch einige gegen sich aufgebracht.

Ihre wichtigsten Verbündeten und größten Gegner im Überblick.

Das Kanzleramt

Für jeden Kanzler und jede Kanzlerin ist das Kanzleramt die wichtigste Behörde: Hier wird die Regierungsarbeit koordiniert, hier findet die wichtige strategische Arbeit statt.

Merkel hat hier stets loyale Männer als Minister installiert: Thomas de Maizière, Ronald Pofalla, Peter Altmaier. De Maizière und nun wohl auch Altmaier rutschten danach in wichtigere Funktionen ins Kabinett weiter.

Vielleicht noch wichtiger als die Kanzleramtsminister sind aber die Mitarbeiter im Team. Beate Baumann, die Büroleiterin, begleitet Merkel schon seit ihrer Zeit als Frauenministerin in den Neunzigern. Sie gilt als engste Vertraute und wichtigste Beraterin. Und ist dabei fast unsichtbar, weil sie sich eisern aus der Öffentlichkeit heraushält.

Äußerst wichtig ist auch Eva Christiansen, die seit vielen Jahren für Merkel arbeitet. Erst als Medienberaterin. Mittlerweile ist sie zuständig für strategische Planung im Kanzleramt.

Eine ähnlich zentrale Rolle spielte lange Christoph Heusgen. Er beriet Merkel von 2005 an in außenpolitischen Fragen und galt zwischendurch als de facto mächtigster deutscher Außenpolitiker – bis er auf eigenen Wunsch im vergangenen Winter als deutscher Botschafter zur UNO wechselte.

Der wahrscheinlich neue Kanzleramtschef kommt ebenfalls aus dem Haus: Helge Braun war in den vergangenen Jahren schon Staatsminister bei der Bundeskanzlerin.

Der Fraktionschef

Die Kanzlerin wird vom Bundestag gewählt und ist dem Bundestag verantwortlich – deshalb spielt Volker Kauder eine entscheidende Rolle im System Merkel. Beide kennen und vertrauen sich seit Jahrzehnten. Als sie die Fraktion führte, war er deren Parlamentarischer Geschäftsführer. Als Merkel 2005 Kanzlerin wurde, rückte er auf ihren Posten.

Seit Beginn ihrer Kanzlerinnenschaft stand also stets er der Unions-Fraktion vor. Er ist dafür zuständig, die Fraktion im Griff zu halten und Mehrheiten für Merkels Politik zu sichern. Inhaltlich mag der tiefgläubige Protestant nicht immer mit ihr übereinstimmen. Das mindert aber seine Loyalität nicht.

Die Parteizentrale

Mit Annegret Kramp-Karrenbauer ist das Konrad-Adenauer-Haus wieder ins Mittelpunkt des Interesses gerückt. Im organisatorischen und strategischen Zentrum der Partei hatte Merkel stets eher zurückhaltende Politiker bevorzugt. Keine Krawallmacher. Keine überambitionierten Ehrgeizlinge. Keine konservativen Überzeugungstäter. Ihre erste Wahl, Ruprecht Polenz, war vielen sogar zu leise und zu liberal. Sein Nachfolger, Laurenz Meyer, stolperte über den Vorwurf der Vorteilsnahme.

Für ihn übernahm zunächst für ein Jahr der loyale Kauder, danach folgten: Ronald Pofalla, der im Anschluss Kanzleramtsminister wurde, bevor er in die Wirtschaft wechselte; Hermann Gröhe, der zuvor Staatsminister bei der Kanzlerin war und jetzt als Kanzleramtschef im Gespräch ist; und der modern-liberale Peter Tauber.

Kramp-Karrenbauer jetzt ist vielleicht die profilierteste Politikerin auf diesem Posten unter Merkel, die erste mit eigenen Ambitionen – aber Merkels Amtszeit läuft ohnehin aus. Konkurrenz muss sie nicht mehr wirklich fürchten. Ansonsten passt Kramp-Karrenbauer ins Profil: loyal, verbindlich, eher leise als laut, eher liberal als erzkonservativ.

Die Partner im Kabinett

Auch in den Ministerien hat Merkel stets loyale Politiker bevorzugt – ihnen aber gleichzeitig auch viel zugemutet.

Thomas de Maizière musste aus dem Innenministerium ins Verteidigungsministerium und zurück springen. Jetzt bekommt er wohl gar keinen Posten mehr. Peter Altmaier, zuvor schon Umweltminister, wurde Kanzleramtschef, wollte aber gerne wieder ein Ressort leiten. Und Ursula von der Leyen, die in der Bundeswehr einen extrem schlechten Ruf hat, wird wohl weiter für die Truppe zuständig bleiben.

Um andere kümmerte sich Merkel besser: Annette Schavan, eine Weggefährtin, die als Wissenschaftministerin gehen musste, durfte zunächst als Botschafterin in den Vatikan. Später wollte Merkel sie auch noch an die Spitze der Konrad-Adenauer-Stiftung stellen.

Aus ihrem Kabinett droht derzeit keine Revolte – und auch die Ministerpräsidenten Reiner Haseloff, Armin Laschet, Volker Bouffier und der junge Daniel Günther sind keine ausgewiesenen Kritiker.

Die Gegner in den eigenen Reihen

Echte politische Gegner hat Merkel nie in wichtige Ämter geholt, auch nicht ins Kabinett. Sie machte weder Friedrich Merz noch Roland Koch noch Günther Oettinger noch Christian Wulff noch Ole von Beust noch Wolfgang Bosbach zu Ministern.

Der einzige, der oft einen grundsätzlich anderen Kurs vertrat und Merkel auch nicht ergeben war, war Wolfgang Schäuble. Aber die beiden hatten sich arrangiert: Sie akzeptierte seine wichtige Rolle als Finanzminister, er fiel ihr nie in den Rücken. Offenbar hatte er sich versöhnt mit dem Gedanken, nie mehr Kanzler zu werden. Seine Rolle beschrieb er einmal als unbequem, aber loyal. Als sich abzeichnete, dass das Finanzministerium für die CDU nicht zu halten sein würde, durfte er Bundestagspräsident werden.

Alle, mit denen sie nicht gut zusammenarbeiten konnte, hielt Merkel auf Abstand, wenn es ging. Allerdings haben sich regelrechte Mythen um ihre angebliche Eigenart gebildet, Konkurrenten kaltzustellen. Die meisten scheiterten an sich selbst.

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So soll sie etwa Friedrich Merz sogar eine Rolle im Kabinett in Aussicht gestellt haben, die der aber ablehnte, weil er nur das Finanzministerium wollte. Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU musste zurücktreten, weil er bei seiner Doktorarbeit plagiiert hatte. Stefan Mappus scheiterte an einem Skandal, Jürgen Rüttgers, CSU-Chef Edmund Stoiber und Roland Koch an verlorenen Wahlen.

Dasselbe gilt für Norbert Röttgen, den Merkel als Umweltminister entließ. Zuvor allerdings hatte er entschieden, als Spitzenkandidat für die Landtagswahl in NRW anzutreten – ohne sich dazu zu bekennen, auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf zu gehen. Doch er verlor deutlich. Er war einer der wenigen potentiellen Herausforderer in Merkels Kabinett, brachte sich aber letztlich selbst zu Fall.

Die jungen Herausforderer

In den vergangenen Monaten ist immer wieder die Rede von einem konservativen Flügel um Jens Spahn. Faktisch fallen im Wesentlichen drei Namen: Spahn, Paul Ziemiak und Carsten Linnemann. Ziemiak ist Chef der Jungen Union, Linnemann steht der Mittelstandsvereinigung vor. Alle drei profilieren sich als konservatives Gewissen.

Aus der Fraktion heißt es, etwa ein Drittel der Abgeordneten vertrete prinzipiell ähnliche Positionen. Wirkliche Macht haben die drei bisher nicht. Unterstützt werden sie derzeit von Koch, Merz und Bosbach. Und, besonders laut, von Alexander Mitsch und dessen sehr konservativer Werteunion, die aber eine Randerscheinung in der CDU ist.

Merkel lässt bisher keine Bereitschaft erkennen, von ihren Gewohnheiten abzuweichen und sie für ihre Kritik auch noch mit Posten zu belohnen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Protokoll von Röttgens Entlassung bei "Spiegel Online"
  • Porträt von Eva Christiansen in der "Welt"
  • Porträt von Ronald Pofalla in "Die Zeit"
  • Porträt von Beate Baumann in der "F.A.Z."
  • Porträt von Hermann Gröhe in "Die Zeit"
  • Bericht über das Verhältnis von Merkel und Merz auf "Spiegel Online"
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