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Corona-Schnelltests: Andere haben längst einen Masterplan


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Ab März auch in Deutschland
Masterplan für Schnelltests? Andere haben ihn längst


17.02.2021Lesedauer: 4 Min.
Teststation in Sindelfingen: Hier können sich Bürger bereits seit mehr als einer Woche kostenlos testen lassen – mit Erfolg.Vergrößern des Bildes
Teststation in Sindelfingen: Hier können sich Bürger bereits seit mehr als einer Woche kostenlos testen lassen – mit Erfolg. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa)
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In Deutschland werden Corona-Schnelltests leichter zugänglich. Ab März sollen sie kostenlos verfügbar sein. Beispiele aus dem In- und Ausland zeigen schon seit Wochen, wie es geht.

Gesundheitsminister Jens Spahn sprach zurückhaltend von einer wichtigen Maßnahme für einen sicheren Alltag in Corona-Zeiten. Viele Experten sehen darin aber ein möglicherweise entscheidendes Instrument im Kampf gegen die Pandemie: kostenlose und frei verfügbare Schnelltests.

Jeder Bürger soll sich den Plänen Spahns zufolge ab dem 1. März unkompliziert testen lassen können, zum Beispiel in Testzentren, Apotheken oder Arztpraxen. Die Kosten für die Tests will der Bund übernehmen. Und Spahn kündigte an: "Auch Laien-Selbsttests sollen nach ihrer bald erwarteten Zulassung durch das Bundesamt für Arzneimittel für alle zugänglich sein." Diese sollen dann für einen vergünstigten Preis von wahrscheinlich einem Euro in Apotheken verfügbar sein und könnten von jedem zu Hause vorgenommen werden.

Schnelltests haben inzwischen eine hohe, wenngleich keine hundertprozentige Sicherheit – liefern dafür aber innerhalb von 15 Minuten ein Ergebnis. Was kann das bringen? Und wie sollte es organisiert sein? Beispiele aus dem In- und Ausland werfen die Frage auf, warum in Deutschland erst jetzt gehandelt wird.

"Könnten den Lockdown innerhalb von Tagen beenden"

Auf der Suche nach einer geeigneten Schnelltest-Strategie ist beispielsweise Björn Schittenhelm ein kompetenter Ansprechpartner. Der Apotheker aus dem schwäbischen Böblingen wollte nicht mehr warten und startete gemeinsam mit Ärzten ein Schnelltest-Projekt, für das der Landkreis inzwischen die Kosten trägt. "Wenn wir effektiv testen, könnten wir den Lockdown innerhalb von Tagen beenden", sagte er der "Welt".


Das "Böblinger Modell" funktioniert so: Jeder kann sich zweimal pro Woche in einem der fünf Testzentren testen lassen, vor dem Besuch von Verwandten oder Geschäftsterminen zum Beispiel. Die beiden wöchentlichen Tests sind kostenlos. Das ist ein entscheidender Punkt. Böblingens Landrat Roland Bernhard sagte bei "Lanz" im ZDF: "Wir haben festgestellt, dass die ursprünglich verlangten 30 Euro eine zu hohe Hürde sind. Deshalb übernehmen wir als Pilotprojekt für einen Monat die Kosten." Vereinzelt kosten Schnelltests in Deutschland bei kommerziellen Anbietern derzeit bis zu 100 Euro.

Mehr als 100 asymptomatische Fälle entdeckt

Die Terminvergabe ist per App organisiert, sodass es nur zu kurzen Wartezeiten kommt und lange Schlangen vermieden werden. Schittenhelm sprach gegenüber der "Welt" von durchschnittlich weniger als fünf Minuten. Das Ergebnis wird ebenfalls per App übermittelt. Fällt der Test positiv aus, wird das Ergebnis mit der noch sichereren PCR-Methode in einer Arztpraxis überprüft.

Nach den ersten Tagen meldeten die Organisatoren 125 positive Ergebnisse bei 8.500 durchgeführten Tests. Dabei habe es sich ausschließlich um asymptomatische Fälle gehandelt, von denen manche unerkannt das Virus weiterverbreitet hätten.

Landrat Bernhard betonte: "Solange wir im Schneckentempo impfen, müssen wir schnell testen." Das "Böblinger Modell" mit digital organisierten und kostenlosen Tests in festen Zentren könnte so zum Vorbild für den Rest Deutschlands werden. Als alleinige Teststrategie wäre es aber wahrscheinlich bundesweit noch nicht ausreichend. Ein Blick nach Österreich zeigt, welche weiteren Möglichkeiten es gibt.

"Nasenbohrer"-Tests in Schulen

Im Nachbarland sind sogenannte Teststraßen der Kern der Strategie. Diese können mit dem Auto befahren oder zu Fuß aufgesucht werden. 1,5 Millionen Tests sind hier innerhalb einer Woche nach Beginn der Aktion durchgeführt worden. Doch Österreich testet eben nicht nur an diesen zentralen Anlaufstellen.

Parallel sind 1,2 Millionen "Laien"-Tests an Schulen durchgeführt worden – die "Nasenbohrer", wie sie die Österreicher nennen. Bei dieser Art von Tests muss kein tiefer Rachenabstrich vorgenommen werden, es reicht stattdessen eine Probe aus dem vorderen Bereich der Nase. Zweimal pro Woche testet sich jeder Schüler und jeder Lehrer selbst. In der ersten Woche sind dabei 200 symptomfreie Infektionen bei Schülern und 76 bei Lehrern festgestellt worden.

Die "Laien"-Tests stehen aber nicht nur Schülern zur Verfügung. Jeder Österreicher hat Anspruch auf fünf Testkits pro Monat, die kostenlos in Apotheken abgeholt werden können.

Strenge Auflagen für Öffnungen

Getestet wird außerdem auch in Unternehmen. Mehr als 730 haben sich laut der österreichischen Nachrichtenagentur APA beteiligt und ihren Angestellten eine Form der Schnelltests bereitgestellt. Die Kosten bezuschusst auch in diesem Fall die Regierung mit zehn Euro je Test. "Testungen sind aktuell unser wichtigster Wellenbrecher gegen eine massive Zunahme an Infektionen aufgrund der ersten vorsichtigen Öffnungsschritte", sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober.

Das hohe Testvolumen ist gleichzeitig mit strengen Auflagen verbunden. Wer zum Friseur oder zur Massage will, muss einen negativen Test vorlegen. Das Gleiche gilt für das Betreten von Gondeln in den Skigebieten. Wichtig: Hierbei werden nur die klassischen PCR-Tests und professionell durchgeführte Schnelltests akzeptiert, nicht aber die ungenaueren "Laien"-Tests.

Um die Auswirkungen der umfangreichen Teststrategie auf die Infektionszahlen zu beurteilen, ist es in Österreich noch zu früh. Die Inzidenz im Nachbarland ist mit 108 positiven Tests pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen weiterhin hoch. Die neuen Virus-Mutationen breiten sich schnell aus, trotzdem wurden die Corona-Regeln in den meisten Landesteilen gelockert. Die Hoffnung ruht ganz auf der Test-Strategie.

Digital organisiert, mit zentralen Testzentren und besonderem Fokus auf Schulen und Betriebe – zusammengenommen zeigen die Beispiele Böblingen und Österreich, wie ein Masterplan für Schnelltests aussehen könnte. In Deutschland befindet sich dieser immer noch in der Ausarbeitung, fast ein Jahr nachdem in Südkorea die ersten Schnelltests per Notfallzulassung auf den Markt kamen. Dort haben sie sich als entscheidendes Mittel zur Bekämpfung der Pandemie längst bewährt.

Erst hieß es, sie seien nicht massenhaft verfügbar. Dann gab es Bedenken über den richtigen Umgang mit ihnen. Die Angst: Schnellgetestete könnten sich in falscher Sicherheit wiegen und sonstige Maßnahmen wie das Tragen von Masken vergessen. Andere Länder haben deutlich schneller zugegriffen. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob sich das gelohnt hat.

Verwendete Quellen
  • ZDF: "Markus Lanz" vom 16. Februar
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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