Richterbund zur Clan-Kriminalität Richterbund-Chef: "Wir haben zu häufig weggeschaut"
In Kiel wollen die Innenminister über Clan-Kriminalität diskutieren. Der Chef des Richterbundes kritisiert jahrzehntelange Versäumnisse. Die Familien seien nicht als Kriminelle ins Land gekommen.
Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes (DRB), Jens Gnisa, sieht Clan-Kriminalität auch als Ergebnis integrationspolitischer Versäumnisse. In einem Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" sagte Gnisa, arabischstämmige Großfamilien seien "nicht als Kriminelle in unser Land gekommen".
Die deutsche Mehrheitsgesellschaft habe mit Blick auf Integration und Identifikation "sicher nicht alles richtig gemacht" – vor allem, was die "Kettenduldungen" angehe. "Wir haben den Aufenthaltsstatus von geflüchteten Menschen nicht konsequent geklärt und zu häufig weggeschaut", so Gnisa. "Jetzt häufen sich die Probleme."
Innenministerkonferenz in Kiel
Stellenkürzungen bei der Polizei und Ökonomisierungstendenzen nach dem Motto "Privat vor Staat" hätten zu einer "Laissez-faire-Politik" geführt, die der Kriminalität zu große Nischen gelassen habe. "Nun erleben wir vor dem Hintergrund einer gesellschaftlichen Wende endlich wieder eine konsequentere Rechtsanwendung."
Über das richtige Vorgehen gegen kriminelle Großfamilien diskutieren von Mittwoch an auch die Innenminister von Bund und Ländern bei ihrer Frühjahrskonferenz in Kiel. Bei einem gemeinsamen Abendessen im Tagungshotel stehen erste Beratungen über Streitthemen an. Dazu gehören Abschiebungen nach Afghanistan, eine bessere Vernetzung beim Kampf gegen Clan-Kriminalität und die Kostenbeteiligung des Fußballs an Polizeieinsätzen.
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Proteste gegen Abschiebungen
Für den Abend sind in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt zwei Demonstrationen angekündigt. Der Flüchtlingsrat und weitere Organisationen wollen auf dem Platz der Kieler Matrosen vor dem Tagungshotel gegen Abschiebungen in Krisengebiete demonstrieren und in Richtung Dreiecksplatz ziehen. Von dort startet eine weitere Demonstration gegen einen Rechtsruck in die Gegenrichtung. "Wir rechnen mit insgesamt 800 Teilnehmern", sagte ein Polizeisprecher.
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Für Kritik vor der Konferenz sorgten Überlegungen, Ermittlern den Zugriff auf Daten von "smarten" Geräten wie digitalen Sprachassistenten zu ermöglichen.
- Nachrichtenagentur dpa