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Jerusalem: Forscher entdecken mittelalterliche Graffiti im Abendmahlssaal


Jerusalem
Jahrhundertealte Graffitis im Saal des letzten Abendmahls entdeckt

Von t-online, dom

19.04.2025 - 11:35 UhrLesedauer: 2 Min.
imago images 0755936595Vergrößern des Bildes
Jerusalem: Der Saal des letzten Abendmahls auf dem Berg Zion. Hier wurden jetzt Graffitis entdeckt. (Quelle: IMAGO/imageBROKER/Marco Brivio/imago)
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In der Zeit zwischen 1400 und 1530 verewigten sich Reisende in einer weltberühmten Pilgerstätte in Jerusalem. Ihre Botschaften wurden jetzt entschlüsselt.

Fachleute haben in einer bedeutenden Pilgerstätte in Jerusalem, dem Abendmahlssaal auf dem Berg Zion, zahlreiche Graffitis aus dem Spätmittelalter entdeckt. Mithilfe digitaler Fototechniken wurden die bislang unbekannten Inschriften und Zeichnungen sichtbar gemacht.

Die Forscher um den Fotografen Shai Halevi von der israelischen Altertümerbehörde und den Historiker Ilya Berkovich von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften berichten in der Fachzeitschrift "Liber Annuus", dass sie etwa 40 Graffiti dokumentiert haben, darunter Inschriften, Wappen und Zeichnungen. Die Funde datieren sie grob in die Zeit zwischen 1400 und 1530, aber es gibt auch ältere Graffitis.

Blitzlicht-Hightech macht Inschriften sichtbar

Die Graffitis belegen, dass im Mittelalter Pilger sowohl aus dem europäischen Westen als auch – in der Mehrzahl – aus dem arabischsprachigen Osten nach Jerusalem kamen, um den von Kreuzrittern erbauten Saal zu besuchen. Laut christlichen Quellen soll Jesus hier sein letztes Abendmahl abgehalten haben. In jüdischer und islamischer Überlieferung gilt der Ort als Grab des biblischen Königs und muslimischen Propheten David.

Um die mit Kohle aufgeschriebenen oder eingeritzten Texte zu erkennen, nutzten die Forscher Multispektralfotografie und ein Verfahren namens Reflectance Transformation Imaging (RTI). Diese Methode erlaubt es, eine Wand mehrfach abzufotografieren, wobei das Blitzlicht jedes Mal aus einer anderen Richtung ausgelöst wird. Am Computer wird dann aus den Bildern ein einziges Foto generiert, das sich aus unterschiedlichen Belichtungswinkeln betrachten lässt. Dadurch werden Unregelmäßigkeiten auf der Oberfläche sichtbar.

Christen aus deutschsprachigem Raum verewigten sich

Laut den Forschern stammen die Inschriften von Christen aus Armenien, Syrien, dem deutschsprachigen Raum, Serbien und Tschechien. Fast zwei Drittel der Texte sind jedoch in arabischer Schrift geschrieben. Die meisten davon wurden von arabischsprachigen Christen hinterlassen; nur wenige gehen auf Muslime zurück. Mindestens die Hälfte der Besucher des Abendmahlssaals waren demnach arabisch-christliche Pilger – eine Gruppe, die laut den Studienautoren bisher kaum Beachtung fand.

Berkovich und seine Kollegen konnten einige Graffitis mit historisch bekannten Personen und bedeutenden Ereignissen verknüpfen. So lautet ein armenischer Text "Weihnachten 1300". Dies könnte darauf hinweisen, dass der armenische König Hethum II. nach einer siegreichen Schlacht im Dezember 1299 tatsächlich nach Jerusalem gekommen war. Ein weiteres Beispiel ist ein Teil des Namens "Poloner", das vermutlich auf Johannes Poloner verweist, einen Regensburger Pilger, der über seine Reise ins "Heilige Land" in den Jahren 1421/22 berichtet hatte.

Besonders bedeutend ist eine arabische Inschrift mit dem Schriftzug "… ya al-Ḥalabīya". Die zweimalige Verwendung der weiblichen Endung "-ya" könnte auf eine christliche Pilgerin aus Aleppo hinweisen.

Was ist der Abendmahlsaal?

Der Abendmahlssaal, auch Coenaculum genannt, befindet sich in einem Gebäude mit wechselvoller Geschichte: Anfangs könnte dort eine Synagoge gestanden haben, später eine byzantinische Kirche sowie Kirchenbauten von Kreuzfahrern. Um 1335 kamen Franziskanermönche hinzu; ab 1523 wurde das Bauwerk zur Moschee umgestaltet. Juden, Christen und Muslime konkurrierten immer wieder um Zugang zum Abendmahlssaal. Heute ist er weiterhin eine bedeutsame Pilgerstätte für verschiedene Religionen.

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