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Razzia bei Berliner Clan: "Quantensprung im Kampf gegen Kriminalität"


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Razzia bei Berliner Clan
"Ein Quantensprung im Kampf gegen Kriminalität"

  • Jonas Mueller-Töwe
InterviewVon Jonas Mueller-Töwe

Aktualisiert am 20.07.2018Lesedauer: 3 Min.
Festnahme eines Mitglieds einer Großfamilie: Seit 2018 geht die Polizei massiv gegen Clankriminalität vor.Vergrößern des Bildes
Festnahme eines Mitglieds einer Großfamilie: Seit 2018 geht die Polizei massiv gegen Clankriminalität vor. (Quelle: Archivbild/Paul Zinken/dpa)
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Ermittler haben Immobilien einer arabischen Großfamilie beschlagnahmt, die auch für einen spektakulären Goldmünzen-Raub verantwortlich sein soll. Clan-Experte Mathias Rohe sieht in der Polizeiaktion eine Trendwende.

Immobilien im Wert von fast zehn Millionen Euro haben Berliner Strafverfolger im Zuge einer Razzia bei einem arabischen Clan beschlagnahmt. Die insgesamt 77 Objekte sollen mit Gewinnen aus Straftaten finanziert worden sein. Mitgliedern der Großfamilie R. werden immer wieder schwere Delikte vorgeworfen. Unter anderem sollen drei von ihnen für den Raub einer 100 Kilo schweren Goldmünze aus einem Berliner Museum verantwortlich sein.

Clan-Experte im Interview

Der Ermittlungserfolg ist eine spürbare Konsequenz eines neuen Gesetzes: Das Vermögensabschöpfungsgesetz soll es dem Staat erleichtern, Gewinne aus der organisierten Kriminalität einzuziehen – selbst wenn die Herkunft des Geldes nicht klar ist. Im aktuellen Fall glauben die Ermittler, dass der Hartz-IV-Bezieher die zahlreichen Immobilien mit Beute aus einem Sparkassen-Einbruch finanziert hat. Jetzt muss er das Gegenteil beweisen.

t-online.de sprach mit dem Rechts- und Islamwissenschaftler Mathias Rohe von der Universität Erlangen über die Großrazzia. Er berät unter anderem den Verfassungsschutz und sieht in der Polizeiaktion eine "Trendwende". Der Rechtsstaat habe sich zuvor im Kampf gegen die Clan-Kriminalität zurückgezogen.

t-online.de: Mit welcher Art von Tätergruppe haben es die Berliner Ermittler zu tun?

Mathias Rohe: Die Verdächtigen sind Clan-Mitglieder. Nennenswerte Teile dieser Großfamilie sind in kriminelle Aktivitäten verstrickt. Das wissen wir zum Teil von Mitgliedern der Familie selbst. Drogenhandel, Waffen- und Menschenhandel, Einbruchsdiebstähle – das alles gehört dazu. Auch schwere Körperverletzung. Mit einem Anruf schaffen diese Leute es, einige Dutzend gewaltbereite junge Männer zu organisieren.

Wie konnten solche Clan-Strukturen mitten in einer deutschen Großstadt wachsen?

Viele der Familienmitglieder kamen in den Siebziger und Achtziger Jahren nach Deutschland. Hier konnten sie sich nur auf ihre Familie verlassen. Man wollte sie hier nicht und ließ sie das spüren. Der Zugang zu Arbeit oder Bildung war ihnen häufig verwehrt. Da liegen dann illegale Geschäfte nicht ganz fern – trotzdem sind bis heute längst nicht alle Familienmitglieder kriminell. Einige stellten aber irgendwann fest: Man kommt in so einer Parallelwelt hier durchaus zurecht.

Der Staat hat damals offenbar bei den Integrationsbemühungen versagt – hat er später geltendes Recht durchgesetzt?

Der Rechtsstaat hat sich aus einigen Bereichen zurückgezogen. Das ist aber nicht ausschließlich geographisch gemeint. Es gibt natürlich Ecken wie den Görlitzer Park in Berlin, wo hundert Beamte einrücken müssen, um etwas gegen den offenen Drogenhandel auszurichten. Das ist aber nicht die Regel. Auch in Charlottenburg gab es eine Schießerei.

Also geht es eher um konsequente Strafverfolgung?

Beispielsweise wurden aufgrund der Personalnot weniger schwere Straftaten kaum noch verfolgt. Und es war aufgrund der Gesetzeslage zum Teil schwer, gegen die mutmaßliche Legalisierung der kriminellen Gewinne vorzugehen.

Weil illegal verdientes Geld beispielsweise in Häuser investiert wurde.

Genau. Die Razzia in Berlin könnte eine Trendwende einläuten. Gott sei Dank.

Welche Rolle spielt das neue Gesetz zur Vermögensabschöpfung bei der aktuellen Polizeiaktion?

Wenn das neue Gesetz angewendet wird, ist das ein Quantensprung im Kampf gegen die Clan-Kriminalität. Es muss sich allerdings noch zeigen, ob es sich bewährt. Denn die Beschlagnahmungen müssen schließlich auch vor Gericht Bestand haben.

Mathias Rohe ist Rechts- und Islamwissenschaftler an der Universität Erlangen. Einer seiner Forschungsschwerpunkte liegt auf islamischem Recht in westlichen Gesellschaften. Im Auftrag des Landes Berlin fertigte er eine Studie zu "Paralleljustiz" an. Er berät als Experte unter anderem den Verfassungsschutz.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Mathias Rohe
  • Rohe, Mathias/Jaraba, Mahmoud: Paralleljustiz – Studie im Auftrag des Landes Berlin
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