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14.000 Clan-Straftaten in NRW: "Schwere Verbrechen bis hin zu Tötungsdelikten"


14.000 Clan-Straftaten in NRW
"Wir reden von schweren Verbrechen"

Von afp, dpa, jmt

Aktualisiert am 15.05.2019Lesedauer: 3 Min.
Polizisten bei einer Razzia in Bochum: Shisha-Bars dienen laut Ermittlern häufig als Treffpunkte Krimineller – und sind auch für Betrugsdelikte relevant.Vergrößern des Bildes
Polizisten bei einer Razzia in Bochum: Shisha-Bars dienen laut Ermittlern häufig als Treffpunkte Krimineller – und sind auch für Betrugsdelikte relevant. (Quelle: Bernd Thissen/dpa)

Polizei und Landesinnenministerium haben in NRW die bundesweit erste Analyse zu Clankriminalität vorgelegt. Es ist von "Mafiastrukturen und Parallelwelten" die Rede.

Mit dem bundesweit ersten Lagebild zur Clankriminalität hat Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul 104 kriminelle türkisch-arabische Clans in seinem Bundesland verortet. In den Jahren 2016 bis 2018 sollen diese für rund 14.000 Straftaten verantwortlich sein, zehn Clans allein demnach fast für die Hälfte. Am auffälligsten war der anonymisiert genannte "Clan O" mit über 1.700 Delikten und 762 Tatverdächtigen. Insgesamt ermittelt wurden knapp 6.500 Verdächtige, unter ihnen viele Intensivtäter.

Zwei vollendete Tötungsdelikte

Laut der an diesem Dienstag vorgestellten Analyse des Landeskriminalamts waren mehr als ein Drittel dieser mutmaßlichen Straftaten sogenannte Rohheitsdelikte wie Bedrohung, Nötigung, Raub und gefährliche Körperverletzung, gefolgt von Betrugs- und Eigentumsdelikten. Auch zwei Tötungsdelikte und 24 versuchte Tötungen verzeichnete die Polizei. Die meisten Verdächtigen mit Clanhintergrund seien Deutsche (36 Prozent), gefolgt von Libanesen (31 Prozent), Türken (15 Prozent) und Syrern (13 Prozent), heißt es in dem Lagebild.

"Wir haben es hier eben nicht mit Eierdieben und Tabakschmugglern zu tun", erklärte Reul dazu. "Clankriminalität ist keine Kleinkriminalität – wir reden von schweren Verbrechen bis hin zu Tötungsdelikten." Es gebe Clans, die zahlten nur etwa jedes zweite Bußgeld für Verkehrsdelikte. Die Clanmitglieder glaubten offenbar, sie müssten nichts und niemanden fürchten, sagte Reul. "Genau das muss sich ändern."

Schwerpunkt im Ruhrgebiet

In ihrer Analyse kommt die NRW-Polizei zu dem Schluss, dass Clans in ganz Nordrhein-Westfalen aktiv sind. Ein Schwerpunkt liegt den Tat- und Wohnorten zufolge aber in den Ruhrgebietsmetropolen – allen voran in Essen, dahinter in Städten wie Gelsenkirchen und Recklinghausen. Clans fallen demnach auch in den Großstädten am Rhein, wie beispielsweise in Köln, und inzwischen selbst vereinzelt im ländlichen Raum auf.

Es gebe Hinweise, dass die Clans in die gesamte Lieferkette des Handels mit Kokain und Marihuana verstrickt seien, heißt es in dem Lagebild. Kontakte zu Produktionsstätten in Südamerika gebe es ebenso wie die Beteiligung an Finanzierung, Transport und Verkauf auf Straßenebene. Zu den offen illegalen Aktivitäten wie Drogenhandel, Glücksspiel und Sozialleistungsbetrug betreiben Clanmitglieder demzufolge auch scheinbar legale Geschäfte. Dazu zählen Autohandel, Sicherheitsdienstleistungen oder auch Schlüsseldienste – meist mit dem Ziel zu betrügen, Geld zu waschen oder als Tarnung für kriminelle Vorhaben.

Statistisch belegt ist das in dem Lagebild aber nur zum Teil. So werden in den drei abgebildeten Jahren lediglich zehn Verfahren zu organisierter Kriminalität geführt. Die deutliche Mehrheit der Straftaten machen die Rohheitsdelikte aus.

Ehre und das Recht des Stärkeren

"Jahrelang wurden die Hinweise der Bürger, aber auch aus Polizeikreisen, zu diesem Problem geflissentlich ignoriert", erklärte Reul. "Ob aus falsch verstandener politischer Korrektheit, oder weil man der Auffassung war, dass nicht sein kann, was nicht sein darf – damit ist nun endlich Schluss."

Kriminelle Clanmitglieder folgten nach Einschätzung der Ermittler den beiden Grundprinzipien, dass die sogenannte Ehre der Familie über alles gehe und das Recht des Stärkeren gelte, sagte Thomas Jungbluth, Leiter der Abteilung für Organisierte Kriminalität beim LKA. Reul hingegen bekräftigte: "Bei uns gilt nicht das Gesetz des Clans, sondern das Gesetz des Staats."


Der NRW-Innenminister sprach mit Blick auf kriminelle Strukturen in manchen Großfamilien von "Mafiastrukturen und Parallelwelten, in denen die Missachtung von Recht und Gesetz von einer Generation auf die nächste weitergegeben wird". Es sei deswegen auch das Ziel der Behörden, diesen Mechanismus zu durchbrechen – "schon im Interesse der Kinder, die in diesem Milieu aus Gewalt und Verbrechen aufwachsen müssen".

Verwendete Quellen
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