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Deutsche Neonazis in Kontakt mit britischer Terrorgruppe


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Deutsche Neonazis kooperierten mit Terrorgruppe

  • Jonas Mueller-Töwe
Eine Recherche von Jonas Mueller-Töwe

Aktualisiert am 31.01.2018Lesedauer: 3 Min.
Auseinandersetzungen in Plauen: An der Demo am 1. Mai 2016 nahmen auch die britischen Neonazis teil.Vergrößern des Bildes
Auseinandersetzungen in Plauen: An der Demo am 1. Mai 2016 nahmen auch die britischen Neonazis teil. (Quelle: Sebastian Willnow/dpa)

Verhaftungen britischer Neonazis decken ein Netzwerk europaweit agierender Rechtsextremer auf. Deutsche Gruppen arbeiten seit Jahren mit der verbotenen Terrororganisation zusammen.

Im Morgengrauen des 3. Januar schlägt die britische Polizei zu. Fünf Anti-Terror-Einheiten stürmen Wohnungen in Mittelengland, unter anderem in Cambridge und Leicester. Die Razzia dauert Stunden. Sechs Verdächtige werden verhaftet. Sie sollen Terroranschläge befürwortet, geplant und in Auftrag gegeben haben – als Mitglieder und Unterstützer der verbotenen nationalsozialistischen Terrorgruppe "National Action".

Sicherheitsbehörden tauschten sich aus

Als die britische Polizei gegen die Neonazis vorgeht, werden auch deutsche Verfassungsschützer hellhörig. Laut Informationen aus Sicherheitskreisen tauschten sich das Bundesamt für Verfassungsschutz und britische Behörden im Nachgang der Festnahmen aus. Der Grund: Mitglieder der "National Action" standen in Verbindung mit Rechtsextremisten in Deutschland und kooperierten mit ihnen.

Im Mai 2016 posierten Mitglieder der britischen Gruppe mit Hitlergruß im Krematorium der Gedenkstätte Buchenwald und verbreiteten Bilder davon in sozialen Medien. Auf den Bildern zu sehen: zwei unkenntlich gemachte Männer, die Fahne der "National Action" und per Bildbearbeitung hinzugefügte zynische Kommentare. Der Staatsschutz des Landeskriminalamts Thüringen ermittelte, konnte den einzelnen Verdächtigen aber die Tat nicht nachweisen.

Kundgebung mit Neonazis in Plauen

Unbestritten ist jedoch: Die Männer hielten sich zur Tatzeit in Ostdeutschland auf. Am 1. Mai nahmen sie an einer rechtsextremen Kundgebung im sächsischen Plauen teil. Dort demonstrierte die Partei "III. Weg" gemeinsam mit einem bis dahin relativ neuen Bündnis, das sich "Antikapitalistisches Kollektiv" nennt und das dort einen Schwarzen Block bildete. Es kam zu Angriffen auf die Polizei, die schließlich mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die rund 900 Rechtsextremisten vorging.

Einer der deutschen Neonazis des "Antikapitalistischen Kollektivs" gab den nun Terrorverdächtigen aus Großbritannien anschließend ein Interview für deren Webseite. Darin tauschten sich die Rechtsextremisten über Aktionsformen des "nationalen Widerstands" aus. "Gemeinsam sind wir stark", stellte der Autor dem Gespräch voran.

Zwischen den Gruppen gebe es dementsprechend eine "grenzüberschreitende Zusammenarbeit", antwortete die Landesregierung Thüringen über ein Jahr später auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Da hatten die Neonazis des "Antikapitalistischen Kollektivs" gerade die thüringische Kleinstadt Apolda heimgesucht und erneut massiv Polizisten attackiert. Ein Beamter wurde verletzt, drei Polizeifahrzeuge schwer beschädigt. Dabei hatten die Neonazis nur eine Zwischenstation eingelegt – auf der Abreise von einer Mai-Demonstration in Halle, die die Partei "Die Rechte" angemeldet hatte.

Kontakte ins europäische Ausland

Die in Thüringen festgestellte "grenzüberschreitende Zusammenarbeit" passt zu Erkenntnissen des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg: Die Gruppe um die Neonazis des "Antikapitalistischen Kollektivs" sei international vernetzt – unter anderem auch nach Frankreich, nach Italien und in die Niederlande. Ziel sei unter anderem, Mitglieder "ideologisch und taktisch zu schulen". Die Gruppe sei zur Gewalt bereit, wenn es ihren Zielen zuträglich sei.

In der Thüringer Szene verorten Ermittler eine Kerngruppierung des Kollektivs. Ein Kader der Partei "Die Rechte" soll dort federführend sein. Und die Verfassungsschützer stellten im Nachgang des Vorfalls in Buchenwald "wiederkehrende Kontakte zu britischen Rechtsextremisten" fest – vor allem über das in Deutschland verbotene "Blood and Honour"-Netzwerk. Die subkulturellen Strukturen sollen unter anderem mit Rechtsrockkonzerten den Kampf bewaffneter Zellen finanzieren, die laut Verfassungsschutz auch in Deutschland wieder operieren.

Bewaffneter Kampf gegen Staat und Minderheiten

Die Terrorgruppe "National Action" beschäftigt britische Behörden schon seit geraumer Weile: Seit ihrer Gründung 2013 propagieren sie ein Großbritannien nur für Weiße, hetzen gegen Juden, Muslime, Homosexuelle und Andersdenkende. "Hitler hatte recht" ist einer ihrer Leitsprüche. Sie befürworteten den Mord an der Labour-Abgeordneten Jo Cox, die 2016 auf offener Straße erschossen wurde, und riefen zu weiteren Morden auf. Wenig später wurden sie als neonazistische Terrorgruppe verboten.

Erst im September 2016 verhaftete die Polizei daraufhin fast ein Dutzend Mitglieder, die die Strukturen der Gruppe auch nach dem Verbot fortführten – darunter einige Soldaten der Armee. Einer der Neonazis ist derzeit angeklagt, den Mord an einer weiteren Abgeordneten geplant zu haben. Trotz allem operierte das Netzwerk weiter. Anfang des Jahres erfolgte nun erneut ein Schlag gegen die Gruppe – sehr zum Ärger der deutschen Rechten.

Auf ihrer Internetseite empört sich die Partei "III. Weg" über die Verhaftungen: "Nicht nur in der BRD, sondern nun auch in Großbritannien, werden nationale Zusammenhänge willkürlich verboten und damit deren Anhänger kriminalisiert." Die sechs Briten müssen sich zur Zeit wegen der Vorbereitung von Terroranschlägen vor Gericht verantworten.

Verwendete Quellen
  • Verfassungsschutz Baden-Württemberg über das "AKK"
  • Liste verbotener Terrororganisationen des britischen Innenministeriums
  • Pressemitteilung der West Midlands Police
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