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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Unheilvolle Verbindung "Trump und Musk wollen den Staat an die Wand fahren"

Donald Trump hat Elon Musk öffentlich gerüffelt. Doch so schnell gibt der US-Präsident seinen wichtigsten Unterstützer nicht auf, glauben Experten.
Hat Elon Musk etwa den Bogen überspannt und den Zorn seines Präsidenten auf sich gezogen? Nach einer Kabinettssitzung am Donnerstag kritisierte Donald Trump den Milliardär in seinen Diensten in ungewohnter Deutlichkeit. Das letzte Wort bei Entlassungen in der staatlichen Bürokratie hätten die Minister und nicht Musks neu geschaffenes Department of Government Efficiency, kurz Doge. Musk solle lieber mit dem Skalpell und nicht mit der Axt vorgehen, schrieb Trump in seinem Netzwerk Truth Social.
Kritik an Musks mitunter rustikalem Vorgehen gegen Behördenmitarbeiter kam bislang am ehesten aus der Zivilgesellschaft. Zehntausende Angestellte in verschiedenen Behörden haben der Unternehmer und seine meist jungen Helfer schon entlassen, auch in sensiblen Bereichen wie der Atomsicherheit und der Flugaufsicht. Es laufen bereits Tausende Klagen gegen die Entscheidungen von Doge, den Zugriff auf die Daten von Steuerzahlern hat ein Gericht der Organisation untersagt. Die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann ist aber skeptisch bei der Frage, ob Trump sich von Musk abwenden könnte.
Zerwürfnis zwischen Trump und Musk?
"Es wird schon länger mit einem Zerwürfnis zwischen Musk und Trump gerechnet, da beide große Egos haben und von anderen Unterwerfung einfordern", sagt die Forscherin vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung t-online. "Trump lässt bekanntlich auch Leute fallen, die ihm nicht mehr nützlich sind, beispielsweise den extrem rechten Propagandisten Steve Bannon. Insofern kann es schon sein, dass Trump Musk fallen lässt oder ihn größerer Unsicherheit aussetzt."
Für wahrscheinlich hält Hofmann das aber nicht. "Es gibt auch eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen den beiden", so die Forscherin, die sich mit dem Einfluss von Internetunternehmen auf die Gesellschaft beschäftigt. "Die US-Regierung kann auf bestimmte Dienste von Musk nicht mehr verzichten, zum Beispiel auf seine Starlink-Satelliten oder die Raketen seiner Firma SpaceX."
Trumps Rüffel für Musk nur Show?
An ein baldiges Zerwürfnis zwischen Trump und Musk glaubt auch der Politikwissenschaftler David Sirakov nicht. "Trump weiß, was er an Musk hat und wird an ihm festhalten, weil der für ihn die Drecksarbeit bei der Zerschlagung der staatlichen Bürokratie macht", sagt der USA-Experte von der Atlantischen Akademie in Rheinland-Pfalz t-online. "Hin und wieder weist Trump Musk scheinbar in die Schranken, lässt ihn aber doch weitermachen."
- Hohe Verluste für Elon Musk: Tesla-Chef verliert ein Viertel seines Vermögens
Aber müsste Musk nicht selbst ein Interesse daran haben, moderater aufzutreten? Das Ansehen des Unternehmers in der Öffentlichkeit hat stark gelitten. Der Kurs der Tesla-Aktie ist seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar von 421 Euro auf 241 Euro gefallen, die Verkäufe des Elektroautobauers sind zumindest in Europa eingebrochen – mutmaßlich wegen Firmenchef Musk.
"Im Zweifel verdient Elon Musk mit SpaceX mehr Geld als mit Tesla, zumal er jetzt an Milliardenaufträge der Regierung kommt", sagt David Sirakov. "Vielleicht nimmt er es dafür in Kauf, Tesla zu versenken. Für Musk scheint es sich jedenfalls noch auszuzahlen." Sein Wirken in der US-Regierung sei zudem ideologisch motiviert, glaubt Sirakov: "Der Endgegner ist das System selbst. Trump und Musk wollen den Staat an die Wand fahren und neu aufbauen, wie es ihnen passt. Und was sie nicht haben wollen, das bleibt kaputt."
"Nicht alle Ministerien lassen sich Musks Verhalten gefallen"
Trump scheint sich auch nicht daran zu stören, dass Musk immer wieder mit seiner Rolle als Schattenpräsident kokettiert und damit die Autorität Trumps öffentlich infrage stellt, so Sirakov. "Trump weiß, dass er durch die Massenentlassungen Millionen von Menschen in den USA in soziale Unsicherheit stürzt und will so schnell wie möglich Fakten schaffen vor den Zwischenwahlen 2026."
Widerstand gegen Musks Vorgehen erwartet Sirakov aus einer anderen Richtung: "Trumps Rüffel im Kabinett zeigt auf jeden Fall, dass sich nicht alle Ministerien Musks Verhalten gefallen lassen. Seine Doge-Abteilung ist ja gar nicht richtig legitimiert, greift aber in die Hoheit der Ministerien ein", erklärt Sirakov. "Das Außen- und das Verteidigungsministerium zum Beispiel haben ihre Mitarbeiter angewiesen, nicht auf die E-Mails von Musk zu antworten, in denen er fragt, was diese in der Woche zuvor geleistet hätten."
"Habe da große Zweifel"
Auch Politikwissenschaftlerin Hofmann glaubt nicht, dass Musk seinen Kurs ungehindert fortsetzen kann. "Musk tut, was alle Oligarchen tun: Er bereichert sich, indem er seinen Firmen staatliche Aufträge verschafft. Irgendwann muss er aber mit Schüssen von der Seitenlinie rechnen. Anderen Großunternehmen, die von staatlichen Aufträgen profitieren, wird es nicht gefallen, wenn Musk sich auf ihre Kosten bereichert."
Sein Vorgehen gegen zentrale staatliche Funktionen könnte auch zu einer Gegenbewegung in demokratischen Institutionen führen, "die um ihre Autorität und ihren Fortbestand fürchten müssen", glaubt Hoffmann. David Sirakov ist allerdings skeptisch, ob die Institutionen den Lauf der Dinge noch aufhalten können.
"Die große Frage ist, wie resilient das Verfassungssystem der USA gegen eine Regierung ist, die ein autoritäres Regime errichten will. Werden sich Trump und Musk an Gerichtsurteile halten, die sein Handeln einschränken? Ich habe da große Zweifel."
- Telefonate mit Jeanette Hofmann und David Sirakov am 7. März 2025
- Eigene Recherche