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Donald Trumps Handelskrieg: Warum Deutschland jetzt schon betroffen ist


Trumps Handelskrieg
Das nächste Opfer hat er schon im Visier


03.02.2025 - 09:01 UhrLesedauer: 6 Min.
Donald Trump nach seiner Rückkehr in Washington: Zollkrieg vom Zaun gebrochen.Vergrößern des Bildes
Donald Trump nach seiner Rückkehr in Washington: Zollkrieg vom Zaun gebrochen. (Quelle: Kevin Lamarque)
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Donald Trump hat seinen Handelskrieg gegen Kanada, Mexiko und China begonnen. Für Europa und Deutschland bedeutet das nichts Gutes.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Als der US-Präsident nach seinem Wochenende in Florida am Sonntagabend wieder in Washington landete, hatte er eine Botschaft an Europa im Gepäck. "Das Vereinigte Königreich ist außer Kontrolle, aber ich bin mir sicher, dass wir das klären können. Aber was die Europäische Union getan hat, das ist eine wirkliche Gräueltat", sagte Trump. Dann bestieg er seinen Präsidentenhubschrauber Marine One, der ihn wenig später direkt vor dem Weißen Haus absetzte.

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Kern der Botschaft aus Amerika: Die Staaten der Europäischen Union müssen mit allem rechnen – insbesondere die Exportnation Deutschland. Denn Donald Trump scheint derzeit zu allem bereit zu sein. Er droht mit einem Handelskrieg nie dagewesenen Ausmaßes. Dabei unterscheidet der Präsident nicht mehr zwischen Freunden und Feinden. Das zeigten die drastischen Maßnahmen, die Trump am Wochenende endgültig in Kraft setzte: heftige Strafzölle gegen die nächsten Nachbarn im Norden und Süden sowie gegen den großen Rivalen China.

Handelskriege ohne Grenzen

Trumps Entscheidung, nun wirklich hohe Zölle gegen Kanada und Mexiko – Amerikas engste Handelspartner – sowie China zu erheben, stellt eine historische Veränderung in der US-Wirtschaftspolitik dar. Folgten Handelskonflikte unter früheren Regierungen immer strategischen Leitlinien, die deutlich zwischen Verbündeten, Wettbewerbern und Gegnern unterschieden, gibt Trump diesen Ansatz nun offensichtlich ganz auf. Mehr noch als während seiner ersten Amtszeit geht es ihm um seinen Glaubenssatz: "Make America Great Again".

Erreichen möchte er sein propagiertes Ziel eines amerikanischen "goldenen Zeitalters", indem er die Macht aller anderen Länder zurückdrängt. Nicht mehr die Zusammenarbeit zwischen Staaten ist das Ziel, sondern eine gnadenlose Dominanz. Aus Propaganda wird jetzt Realität: Die Strafzölle von 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko und 10 Prozent auf chinesische Waren sollen am Dienstag in Kraft treten. Sobald Trump diesen Krieg in Gang gesetzt hat, dürfte er sich als nächstes Opfer die Europäische Union suchen. Ein Druckmittel hat er dazu bereits in der Hinterhand: die Unterstützung der Amerikaner für die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg.

Wie nie zuvor behandelt Trump die wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Staaten nicht nur als diplomatisches Instrument, sondern als Waffe zur Durchsetzung jeglicher politischer und strategischer Ziele. Längst verknüpft Trump seine Zollpolitik nicht mehr nur mit schlechten Handelsbilanzen. Auch um seine Ziele bei Themen wie Einwanderung, Drogenhandel oder hinsichtlich der Sicherheitsgarantien für andere Staaten zu erreichen, erpresst er Freunde und Feinde mit der US-Wirtschaftsmacht.

Das Weiße Haus teilte dazu mit: "Frühere Regierungen haben es versäumt, die außergewöhnliche Stärke Amerikas im Welthandel zu nutzen, um den Sicherheitsinteressen des amerikanischen Volkes zu entsprechen", erklärte das Weiße Haus. Präsident Trump würde nicht mehr so fahrlässig handeln.

Wirtschaftliche Folgen für Kanada und Mexiko

Hält Trump an seinen Zöllen fest, werden die wirtschaftlichen Folgen für Kanada und Mexiko gravierend sein. Kanada exportiert fast 80 Prozent seiner Waren in die USA und Mexiko ist der größte Handelspartner der Vereinigten Staaten. Schätzungen zufolge könnte das Bruttoinlandsprodukt von Kanada um bis zu 3 Prozent schrumpfen und das von Mexiko um 2 Prozent. Zwar drohen in der Folge verteuerter Importe auch in den USA höhere Verbraucherpreise und ein geringeres Wirtschaftswachstum. Trump scheint dies aber zumindest bislang nicht zu kümmern.

"Wir werden kurzfristig vielleicht ein wenig Schmerz erleiden, und die Leute verstehen das", sagte Trump in Washington. Aber langfristig betrachtet seien die Vereinigten Staaten eben von fast jedem Land der Welt ausgenutzt worden. "Wir haben Defizite mit fast jedem Land. Und wir werden das ändern. Es war unfair", so Trump.

Vergeltungen von Kanada und Mexiko

Wie der begonnene Handelskrieg mit den beiden Nachbarländern für die US-Amerikaner ausgehen wird, ist derzeit unklar. Aber die Regierungschefs beider Länder machten am Wochenende deutlich, dass sie keinesfalls klein beigeben werden. Kanada und Mexiko planen Vergeltungsmaßnahmen. Premierminister Justin Trudeau kündigte seinerseits 25 Prozent Zölle auf US-Waren im Umfang von mehr als 105 Milliarden Dollar an. Dabei will er besonders auf politisch sensible Industrien in republikanisch regierten US-Bundesstaaten zielen. "Wir haben nicht darum gebeten, aber wir werden nicht zurückweichen", sagte Trudeau.

Mexikos neue Präsidentin Claudia Sheinbaum verfolgt eine ähnliche Strategie: Ihre Vergeltungszölle zielen insbesondere auf landwirtschaftliche Produkte aus republikanisch regierten Bundesstaaten, um politischen Druck auf Trump auszuüben. Außerdem will Mexiko eine "Importsubstitutionsstrategie" beschleunigen, das heißt, sich bei importierten Waren unabhängiger von den USA machen. Überdies beabsichtigt Sheinbaum, Trumps Zölle vor der Welthandelsorganisation (WTO) anzufechten und multilaterale Partner gegen die US-Maßnahmen zu mobilisieren.

Auf Trumps Behauptung, die mexikanische Regierung würde mit Drogenkartellen zusammenarbeiten, erwiderte Claudia Sheinbaum: "Wir lehnen die Verleumdungen des Weißen Hauses entschieden ab, die mexikanische Regierung unterhalte Allianzen mit kriminellen Organisationen, ebenso wie jegliche Absicht, in unser Territorium einzugreifen."

Trump hatte Drogenkartelle aus Mexiko zuletzt als terroristische Organisationen eingestuft, was ein militärisches Eingreifen der USA auf mexikanischem Boden ermöglichen könnte. Forderungen dazu befeuerte am Wochenende unter anderem der Multimilliardär Elon Musk, als er auf seiner Plattform X schrieb: "Nur das US-Militär kann die Kartelle zerstören."

Schon jetzt drohen schwere Folgen für Deutschland

Die langfristigen Schäden dieser Auseinandersetzung in Amerika könnten derweil schon jetzt für die Europäische Union erheblich sein, ohne dass Trump dort bislang direkte Strafzölle verhängt hat.

Denn die von Trump verhängten Zölle auf Importe aus Kanada und Mexiko betreffen auch europäische Firmen, die dort Produktionsstätten betreiben und von dort in die USA exportieren. Besonders deutsche Unternehmen, die Mexiko und Kanada als strategische Produktionsstandorte nutzen, sind betroffen:

Volkswagen – Das VW-Werk in Puebla, Mexiko, produziert Modelle wie den Jetta und den Tiguan für den US-Markt.

BMW – Die BMW-Fabrik in San Luis Potosí, Mexiko, stellt den 3er-BMW her, der größtenteils in die USA exportiert wird.

Mercedes-Benz (Daimler) – Produziert im mexikanischen Aguascalientes in Kooperation mit Nissan Modelle wie die A-Klasse und den Infiniti QX50 für den US-Markt.

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Siemens – Stellt sowohl in mexikanischen als auch in kanadischen Werken industrielle Komponenten her, die in die USA exportiert werden.

Bosch – Produziert in Mexiko Automobil- und Industriekomponenten für den nordamerikanischen Markt.

Damit stehen insbesondere die Lieferketten der deutschen Automobilindustrie vor massiven Störungen. Trump macht damit schon, bevor er Zölle gegen Europa verhängt, eine Drohung wahr: "Sehen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Schrecklich. Wir werden das stoppen", sagte er schon im Jahr 2017. Und erst kürzlich erwähnte er ein Gespräch mit Angela Merkel, das so abgelaufen sein soll:

"Ich fragte Angela Merkel: 'Angela, wie viele Chevrolets habt ihr in Deutschland?' Sie sagte: 'Keine.' Ich fragte: 'Wie viele Fords haben Sie?' Sie sagte: 'Sehr wenige, wenn überhaupt.'"

Europa muss jetzt genau hinsehen

Wenn Trump bereit ist, hohe Zölle selbst gegen Kanada und Mexiko – zwei der engsten Verbündeten und Handelspartner Amerikas – zu verhängen, gibt es wenig Grund zu glauben, dass die Europäische Union künftig verschont bleibt. Die Staaten in Europa könnten dabei in eine strategische Zwickmühle geraten. Denn weil auch China von Trumps Strafzöllen betroffen ist, könnte sich das Land stärker nach Europa orientieren wollen. Da die Amerikaner aber auch eine zunehmende Entkoppelung der Europäer von China erwarten, wird der Spielraum noch enger als ohnehin schon.

Besonders gefährdet von möglichen US-Zöllen ist neben der in Deutschland starken Automobilindustrie auch die europäische Landwirtschaft. In Brüssel denkt man bereits angestrengt nach, was man Trump anbieten könnte, um die Handelsbilanz zugunsten der USA zu verbessern. Wie der frühere SPD-Außenminister und heutige Vorsitzende der Atlantikbrücke Sigmar Gabriel zuletzt im t-online-Podcast "Das Amerika-Update" sagte, wird dabei insbesondere das dringend benötigte Flüssiggas (LNG) aus den USA eine wichtige Rolle spielen. "Das wird aber nicht reichen", sagte Gabriel.

So wie Trump bei Mexiko, Kanada und China seine Zölle als Maßnahmen gegen Drogenschmuggel, Einwanderung und unfairen Wettbewerb bezeichnet, könnten der EU ähnliche Druckmittel drohen. Dazu könnten in Europa höhere Verteidigungsausgaben für die Nato zählen. Hier hat Trump inzwischen mehrfach eine Erhöhung auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verlangt. Aber auch hinsichtlich einer weiteren US-Unterstützung für die Ukraine könnte der Präsident Druck auf die EU ausüben.

Sein langfristiger Plan

Trump hat in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder eines klargemacht: Sein Plan ist es, die Staatsausgaben Amerikas deutlich zu senken. Erstens, indem er radikale Kürzungen vornimmt. Zweitens, indem er das noch darüber hinaus notwendige Geld vorrangig von anderen Nationen eintreibt. Damit will er wiederum langfristig die eigenen Steuerzahler entlasten.

Ob das funktionieren kann, ist eine andere Frage. Aber er will dieses Ziel offenbar um jeden Preis erreichen. Egal, wie sehr Amerikas Verbündete darunter zu leiden haben. Egal, ob selbst die eigenen Wähler davon schon bald in Form einer Inflation in den USA betroffen sein könnten.

Trump gab sich am Sonntagabend in Washington siegessicher. Zu Reportern sagte er: "Ich spreche morgen früh mit Premierminister Trudeau und auch mit Mexiko. Ich erwarte nichts allzu Dramatisches. Wir haben Zölle verhängt. Sie schulden uns eine Menge Geld, und ich bin sicher, sie werden zahlen." Kurz zuvor hatte er in einem Beitrag auf seiner Plattform "Truth Social" noch einen Ausweg für Kanada aufgezeigt: Würde das Land als 51. Bundesstaat den USA beitreten, gäbe es auch keine Strafzölle mehr, so Trump.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen vor Ort
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