Lage auf Lesbos droht zu eskalieren Polizei geht mit Tränengas gegen Flüchtlinge vor
Auf Lesbos kehrt keine Ruhe ein. Weil Flüchtlinge demonstrierten, ging die Polizei hart gegen sie vor. Allgegenwärtig ist die Angst vor dem Coronavirus – und die Sehnsucht nach dem Festland.
Auf der griechischen Insel Lesbos hat die Polizei Tränengas gegen eine Gruppe von Migranten eingesetzt, die nach dem Brand des Lagers Moria ihren Unmut über ihre verzweifelte Lage zeigten. Die kurzzeitigen Spannungen brachen am Samstag aus, als Hunderte Migranten auf einer Straße zum Hafen von Mytilene marschierten und "Freiheit" sowie "Kein Lager" skandierten.
Die Polizei hat den Zugang abgeriegelt. Durch den Brand des überfüllten Lagers Moria am Mittwoch wurden mehr als 12.000 überwiegend aus Afrika und Afghanistan stammende Menschen obdachlos.
Einige Demonstranten hielten handgeschriebene Plakate hoch, auf denen stand "Wir wollen nicht zurück in eine Hölle wie Moria" und "Können Sie uns hören, Frau Merkel?" Vor fünf Jahren hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutschen Grenzen für viele Tausende Flüchtlinge geöffnet. Viele EU-Länder nahmen wie die Bundesrepublik Flüchtlinge auf, einige lehnen das aber bis heute ab.
Derweil mussten die Flüchtlinge bereits die vierte Nacht im Freien verbringen. "Wir schlafen im Dreck oder auf der Straße", berichtete eine Gruppe ehemaliger Lagerbewohner auf Facebook. "Wir haben nichts, womit wir uns bedecken können, nicht einmal eine Jacke, die uns vor der nächtlichen Kälte und dem Wind schützt." Einige Flüchtige schliefen sogar unter den Bäumen des örtlichen Friedhofs.
Angst vor Corona-Infektionen
Hinzu komme die Sorge vor einer Verbreitung des Coronavirus durch infizierte Lagerbewohner, die immer noch nicht gefunden worden seien, erklärte die Gruppe. Nach Angaben der griechischen Nachrichtenagentur ANA wurden die Feuer nach Protesten einiger Bewohner des Lagers gelegt, die nach einem positiven Corona-Test unter Quarantäne gestellt werden sollten.
Angesichts der chaotischen Lage warnte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Samstag vor "wachsenden Spannungen zwischen Anwohnern, Asylsuchenden und der Polizei". Versuche der griechischen Armee, ein Zeltlager zu errichten, scheiterten bislang an heftigen Protesten von Flüchtlingen und Einwohnern.
Der griechische Migrationsminister Notis Mitarachi sagte auf Lesbos vor Reportern, von Samstag an könnten Asylsuchende in den Zelten unterkommen. Einen Transfer auf das Festland lehnt die griechische Regierung allerdings ab – trotz des wachsenden Widerstandes der Bevölkerung von Lesbos gegen das Lager.
- Nachrichtenagentur AFP, Reuters