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Vor Irans Küste: Kriegsgefahr – wer steckt hinter den Tanker-Explosionen?


Angriffe auf Schiffe am Golf
Zwei Öltanker stehen in Flammen – droht nun Krieg?

dpa, Jan Kuhlmann

Aktualisiert am 13.06.2019Lesedauer: 4 Min.
Feuer auf dem Öltanker "Front Altair": Der norwegische Eigner Frontline teilte mit, der Tanker mit Ölprodukten an Bord stehe in Flammen. Er sei aber nicht gesunken.Vergrößern des BildesFeuer auf dem Öltanker "Front Altair": Der norwegische Eigner Frontline teilte mit, der Tanker mit Ölprodukten an Bord stehe in Flammen. Er sei aber nicht gesunken. (Quelle: Reuters-bilder)

Seit Wochen wachsen die Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Jetzt kommen in der Region zum zweiten Mal innerhalb nur eines Monats Handelsschiffe zu Schaden. Wieder sind die Umstände nebulös.

Wenn es einen neuralgischen Punkt für den internationalen Öltransport gibt, dann ist es die Straße von Hormus. Täglich passieren schwere Tanker die schmale Meerenge zwischen dem Iran und seinen Erzfeinden auf der Arabischen Halbinsel, eine der wichtigsten Seefahrtsrouten der Welt. Sie versorgen die Welt mit dem lebenswichtigen Rohstoff. Doch schon seit Wochen wachsen dort die Spannungen zwischen den Rivalen - und erreichen nach weiteren mysteriösen Zwischenfällen mit zwei Handelsschiffen unweit der iranischen Küste einen neuen Höhepunkt. Die Sorgen vor einem bewaffneten Konflikt wachsen, die Ölmärkte reagieren nervös.

Was sich genau am Donnerstag am Golf von Oman abspielte, blieb zunächst völlig nebulös. Im Morgengrauen gehen bei der US-Marine zwei Notrufe ein, wie Washingtons 5. Flotte, die im Golf-Königreich Bahrain stationiert ist, meldet. Betroffen sind zwei Tanker einer deutschen und einer norwegischen Reederei. Die "Front Altair" des Unternehmens Frontline aus Norwegen war unterwegs nach Fernost, als am frühen Morgen an Bord Feuer ausbricht. Die Reederei spricht von einer Explosion, will aber einen Angriff nicht bestätigen, von dem das norwegische Seefahrtsamt gesprochen hatte. Bilder der iranischen Agentur Isna zeigen Flammen und eine dicke Rauchsäule.

Auch die japanische Firma Kokuka Sangyo erklärt, ihr Tanker "Kokuka Courageous" sei in die Vorfälle verwickelt. Das von der deutschen Reederei Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) gemanagte Schiff – unterwegs Richtung Singapur – wird beschädigt und setzt einen Notruf ab. 21 Seeleute, alle aus den Philippinen, werden von Bord des Tankers unter panamesischer Flagge gebracht.

Die Zwischenfälle passieren zu einer Zeit, in der die Sorgen vor einem neuen militärischen Konflikt in der Region ohnehin schon stark gewachsen sind. Die USA haben nicht nur das Iran-Atomabkommen einseitig aufgekündigt, sondern gemeinsam mit ihrem Verbündeten Saudi-Arabien auch den Ton gegenüber Teheran verschärft. Washington setzt das Land mit Sanktionen unter Druck und entsandte zudem einen Flugzeugträger sowie eine Bomberstaffel in den Nahen Osten. US-Präsident Donald Trump und sein Sicherheitsberater John Bolton dürften sich jetzt in ihrer Anti-Iran-Politik bestätigt sehen.

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Und tatsächlich: Noch am selben Tag machen die USA den Iran für die mutmaßlichen Angriffe verantwortlich. "Es ist die Einschätzung der US-Regierung, dass die Islamische Republik Iran verantwortlich für die Angriffe ist, zu denen es heute im Golf von Oman kam", sagt Außenminister Mike Pompeo bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Diese Einschätzung basiere unter anderem auf Geheimdienstinformationen. Auf Twitter schreibt er zudem, die Angriffe seien eine Bedrohung für den internationalen Frieden und die Sicherheit und eine "nicht hinnehmbare Eskalation der Spannung durch den Iran".

Viele offene Fragen

Doch sind die beiden Schiffe angegriffen worden? Und wenn ja: Von wem? Die Vorfälle erinnern an sehr ähnliche Ereignisse in derselben Region vor vier Wochen. Damals meldeten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), ein Verbündeter und Waffenbruder Saudi-Arabiens, Sabotageakte in seinen Gewässern gegen vier Handelsschiffe und sprachen von "staatsfeindlichen Operationen".


In einem Untersuchungsbericht der VAE, Saudi-Arabiens und Norwegens an den UN-Sicherheitsrat war die Rede von Haftminen, die wohl Taucher mit Schnellbooten angebracht hätten. Die Ermittler sahen "starke Anzeichen", dass wahrscheinlich ein staatlicher Akteur hinter den vier Angriffen stehe. Wer damit gemeint war, musste gar nicht ausgesprochen werden: der Iran.

Seit Wochen läuft die Propaganda in Riad heiß

Saudi-Arabien nutzte die Vorfälle, um seine Rhetorik gegen das Land weiter zu verschärfen. Schon seit Wochen läuft die Propaganda in Riad heiß und lässt kaum eine Gelegenheit aus, mit dem Finger auf den Erzrivalen auf der anderen Seite des Golfs zu zeigen. Die saudische Führung sieht sich vom Iran direkt bedroht. Da sind etwa die Huthi-Rebellen im benachbarten Bürgerkriegsland Jemen, die immer wieder Drohnen auf das Königreich abschießen und dabei auch auf wichtige Ölpipelines zielen. Für den Saudis besteht kein Zweifel, dass hinter solchen Angriff der schiitische Nachbar steckt.


Der saudische König Salman lud zu Sondergipfeln der Arabischen Liga und des Golf-Kooperationsrates (GCC) nach Mekka ein, die Resolutionen gegen den Iran verabschiedeten. In seiner Rede warf der greise Monarch dem Rivalen vor, die Region zu destabilisieren und die Versorgung der Welt mit Öl zu gefährden. Die Welt rief er auf, Irans "zerstörerische Aktivitäten" zu stoppen. Die saudische Zeitung "Arab News" – so etwas wie ein englischsprachiges Sprachrohr des Königreichs – forderte sogar "chirurgische Angriffe" der USA gegen den Iran. Sanktionen allein würden nicht die richtige Botschaft senden.

Die Zwischenfälle vor vier Wochen spielten der Führung in Riad so sehr in die eigenen Hände, dass sogar Spekulationen aufkamen, sie könnten von dort aus inszeniert worden sein. Erhärten lässt sich der Verdacht nicht. Auffällig ist bei den beiden neuen Zwischenfällen jedoch, dass sie genau an dem Tag geschahen, als der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe in Teheran weilte, um den Konflikt zu entschärfen – was den saudischen Interessen zuwider laufen würde.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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