Sabotage in der Ostsee? Verdächtiger Tanker sollte wohl weitere Kabel zerstören
Seit Wochen ermitteln finnische Behörden wegen eines der Sabotage verdächtigten Schiffs. Nun gibt es neue Erkenntnisse.
Der von Finnland festgesetzte und unter Sabotageverdacht stehende Tanker "Eagle S" sollte offenbar weitere Unterseekabel und -pipelines zerstören. Das teilte Risto Lohi, der Chef des finnischen Ermittlerteams, das das Schiff und die entsprechenden Vorgänge untersucht, der Nachrichtenagentur Reuters am Montag mit.
Demnach hatte die Besatzung des Schiffes offenbar auch das Unterseestromkabel Estlink 1 sowie die Gaspipeline Balticconnector zwischen Finnland und Estland im Visier. "Es hätte die unmittelbare Gefahr bestanden, dass andere Kabel oder Rohre unserer kritischen Unterwasserinfrastruktur beschädigt worden wären", sagte Lohi.
Anker wohl mehr als 100 Kilometer weit über den Meeresboden gezogen
Der Öltanker "Eagle S" steht unter Verdacht, die Stromleitung Estlink2 und mehrere Kommunikationskabel an Weihnachten absichtlich beschädigt zu haben, indem er seinen Anker mehr als 100 Kilometer auf dem Meeresgrund hinter sich hergezogen haben soll. Die finnische Kriminalpolizei hat das Schiff festgesetzt und ermittelt wegen möglicher Sabotage. Der Tanker fährt unter der Flagge der Cookinseln, soll jedoch ein Teil der russischen Schattenflotte sein.
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Im Zuge der Ermittlungen hatte Finnland zunächst 8 von insgesamt 24 Besatzungsmitgliedern als Verdächtige eingestuft und mit einem Reiseverbot belegt. Der Kapitän des Schiffes ist demnach ein Georgier, die Besatzung besteht aus indischen und georgischen Staatsbürgern.
Neun Verdächtige mit Reiseverbot belegt
Laut Lohi wurde nun eine neunte Person auf die Liste der Verdächtigen gesetzt: "Wir haben die Besatzung angehört und verhört, und im Moment haben wir neun Besatzungsmitglieder als Verdächtige", so der Chefermittler. "Unsere Priorität sind natürlich die Personen, zu deren Aufgaben oder Verantwortung die Navigation des Schiffes und der Umgang mit den Ankern gehört."
Ganz ähnlich sollen schon im November Schäden an zwei Glasfaserkabeln entstanden sein, auch eines zwischen Helsinki und Rostock. Damals geriet das chinesische Schiff "Yi Peng 3" unter Verdacht, die Schäden verursacht zu haben. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte bereits kurz nach Bekanntwerden der Beschädigungen davon gesprochen, dass man von Sabotage ausgehen müsse.
Pipeline Balticconnecor wurde bereits 2023 beschädigt
Bereits am 8. Oktober 2023 wurde zudem die Pipeline Balticconnector beschädigt, die nun erneut ins Visier des Tankers "Eagle S" geraten sein soll. Damals verdächtigten finnische Ermittler das chinesische Containerschiff "NewNew Polar Bear". Mehr zu dem Fall lesen Sie hier.
Deutschland und die anderen an die Ostsee grenzenden Nato-Staaten wollen weitere mutmaßliche Sabotageakte gegen ihre kritische Infrastruktur mit einem eng abgestimmten Vorgehen verhindern. "Wir sind entschlossen, jegliche Versuche der Sabotage abzuschrecken, aufzudecken und zu bekämpfen. Jeder Angriff auf unsere Infrastruktur wird mit einer robusten und entschlossenen Reaktion beantwortet", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die die beteiligten Staaten nach einem Gipfel zur Ostsee-Sicherheit in Helsinki veröffentlichten. Mehr dazu lesen Sie hier.
Die Länder begrüßten in der Erklärung, dass die Nato den Einsatz "Baltic Sentry" zur Abschreckung feindlicher Aktivitäten im Ostsee-Raum ins Leben gerufen habe. Zudem sei der Stab Commander Task Force Baltic in Rostock aktiviert worden und koordiniere die Schiffe der Verbündeten in der Ostsee.
- reuters.com: "Oil tanker sabotage crew were poised to cut more cables when caught, Finland says" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa