Neue Recherchen So profitierten deutsche Firmen von Putins riskanter Tankerflotte
Putins Schattenflotte bedroht die Ostsee: Ein Rechercheprojekt enthüllt nun, dass zahlreiche westliche Firmen an den lukrativen Verkäufen an Russlands Schattenflotte beteiligt waren.
Im Januar 2025 havarierte der Tanker "Eventin" vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns. Außenministerin Annalena Baerbock sagte dazu: "Mit dem ruchlosen Einsatz einer Flotte von rostigen Tankern umgeht Putin nicht nur die Sanktionen, sondern nimmt auch billigend in Kauf, dass der Tourismus an der Ostsee zum Erliegen kommt." An Bord des Schiffes befanden sich 99.000 Tonnen Rohöl aus Russland.
Seitdem sind die Tanker der russischen Schattenflotte im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt, weil eines der Schiffe im Verdacht steht, Ende 2024 absichtlich das Unterseekabel Estlink 2 im Finnischen Meerbusen beschädigt zu haben. Militär, Nachrichtendienste und auch Politiker betrachten die Schiffe inzwischen als erhebliches Sicherheitsrisiko.
Ein internationales Rechercheprojekt hat jetzt aufgedeckt, wie deutsche und europäische Firmen davon profitiert haben. Denn mehr als 200 ehemals westliche Tanker gehören demnach heute zur Schattenflotte. Diese Schiffe wurden von westlichen Reedereien verkauft und haben den Eigentümern Milliarden Euro eingebracht. Auch deutsche Reeder sollen Teil dieser lukrativen Verkäufe gewesen sein, wie eine Recherche zeigt, an der in Deutschland NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" beteiligt waren.
Verkäufe waren nicht illegal
Eine umfassende Datenauswertung des Projekts ergab, dass rund 230 der insgesamt mehr als 650 Schiffe der russischen Schattenflotte ursprünglich von US-amerikanischen und europäischen Reedern stammten. Die Nachfrage nach gebrauchten Tankschiffen ist nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine stark gestiegen und hat zu exorbitant hohen Preisen geführt.
Michelle Bockmann vom Branchendienst Lloyds List Intelligence erklärte, dass allen Verkäufern klar gewesen sein müsse, wohin ihre Schiffe letztlich gingen. Illegal waren die Verkäufe jedoch nicht.
Mit der Schattenflotte sind Tanker und andere Frachtschiffe mit undurchsichtigen Eigentümerstrukturen gemeint, die der Kreml benutzt, um Sanktionen infolge seines Angriffskriegs gegen die Ukraine etwa beim Öltransport zu umgehen. Gegen Dutzende dieser Schiffe hat die EU Sanktionen erlassen, doch ihr tatsächlicher Umfang dürfte weitaus größer sein.
Reeder-Verband: Entwicklung sei "besorgniserregend"
Zudem zeigten die Recherchen, dass zwischen 2022 und 2024 elf Tanker aus deutscher Handelsflotte in die russische Schattenflotte verkauft wurden. Die Reeder und Eigner der Schiffe haben mit den Geschäften schätzungsweise 200 Millionen Euro eingenommen, schreiben WDR und NDR.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) bezeichnete diese Entwicklung als "besorgniserregend". Man müsse sicherstellen, dass Schiffsverkäufe "nicht auf Kosten von Sicherheit, Compliance oder ethischen Grundsätzen" erfolgen. Die betroffenen deutschen Reedereien verteidigten in dem Bericht ihre Verkäufe damit, dass die Verkaufsverhandlungen bereits vor dem Krieg begonnen hätten und keine Auffälligkeiten bei den Käufern festgestellt worden seien.
Nach Angaben aus Regierungskreisen wird das Sanktionsregime gegen Russland regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst. Derzeit werde etwa die direkte Sanktionierung weiterer Tankschiffe vorbereitet, heißt es in dem Bericht.
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- tagesschau.de: "Milliardengeschäft für westliche Reeder"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa