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USA-Chat-Skandal: Pete Hegseth ist untragbar als Verteidigungsminister


Chat-Skandal in den USA
Die USA haben jetzt ein fundamentales Problem

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns

Aktualisiert am 27.03.2025Lesedauer: 4 Min.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth neben Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses (Archivbild).Vergrößern des Bildes
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth neben Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses (Archivbild). (Quelle: Carlos Barria)
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Die Enthüllungen über den Chat der Trump-Regierung sind mehr als ein peinlicher Fauxpas. Sie offenbaren eine systemische Inkompetenz, die die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten fundamental gefährdet.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Jetzt ist es bittere Gewissheit. Der amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth hat leichtfertig sensible Militärinformationen in einem ungesicherten Messengerdienst verbreitet. Damit hat er nicht nur grundlegende Sicherheitsprotokolle missachtet, sondern auch das Leben amerikanischer Soldaten mutwillig gefährdet.

Nachdem die US-Regierung noch immer vehement bestreitet, dass irgendetwas falsch gelaufen sei, hat das Magazin "The Atlantic" nun Beweise vorgelegt und weite Teile des Original-Chatverlaufs in Form von Kopien veröffentlicht.

Demnach hat Pete Hegseth in seiner Textnachricht vom 15. März, die auch der Chefredakteur des "Atlantic" mitlesen konnte, exakte Zeitpunkte und Details des bevorstehenden Angriffs auf Huthi-Stellungen im Jemen preisgegeben. In einem Worst-Case-Szenario hätte dies zu einem Hinterhalt führen und amerikanische Truppen gefährden können. "Nichts ist schiefgegangen", sagt Donald Trump dazu und will ausschließlich Lob für seine befohlene Militäraktion.

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Pete Hegseth ist untragbar als Verteidigungsminister

In Wahrheit aber muss der US-Präsident seinen Verteidigungsminister Pete Hegseth jetzt entlassen – und eigentlich auch noch weitere Mitglieder seines Kabinetts. Denn die Fakten sind erschütternd: Hegseth sendete präzise Informationen über Startzeiten von F-18-Kampfjets und Drohnen, Zielkoordinaten und Einsatzzeiten – und das, wie bekannt ist, in einem Chat, zu dem versehentlich ein Journalist Zugang hatte. Weil mutmaßlich Trumps nationaler Sicherheitsdirektor Michael Waltz diesen Journalisten (vermutlich versehentlich) in diese Chatgruppe eingeladen hatte.

Diese Informationen von Pete Hegseth waren rein technisch betrachtet "klassifiziert", also als geheim eingestuft. Der einfach nachzuvollziehende Grund: Sie hätten im Falle einer Weitergabe an feindliche Kräfte katastrophale Folgen haben können. Dem Verteidigungsminister aber scheint das egal gewesen zu sein. Es wirkt fast so, als habe er mit diesen Informationen zu einzelnen Waffengattungen noch prahlen wollen. Der Verteidigungsminister einer Supermacht, der Angriffspläne in einem Gruppenchat teilt, disqualifiziert sich selbst.

In den offiziellen Richtlinien des US-Geheimdienstkoordinators steht wörtlich, was unter anderem als "TS", "top secrect", also "streng geheim" gilt und darum nur in gesicherter Umgebung ausgetauscht werden darf – und übrigens auch dokumentiert statt gelöscht werden muss. Dort ist zu lesen: "Informationen, die darauf hinweisen oder vorwarnen, dass die USA oder ihre Verbündeten einen Angriff vorbereiten."

Andere Kabinettsmitglieder sind nicht weniger problematisch

Darum sind die Reaktionen der amtierenden US-Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard und des neuen CIA-Direktors John Ratcliffe und anderer Regierungsvertreter nicht minder skandalös. Ihre am Dienstag geäußerten Behauptungen vor einer Senatsanhörung, es seien keine klassifizierten Informationen geteilt worden, entlarven sich selbst als dreiste Schutzbehauptungen.

Die US-Geheimdienstkoordinatorin scheint ihre eigenen Richtlinien entweder nicht zu kennen oder sie bewusst zu verletzten – beides ist nicht nur besorgniserregend, sondern ein Kündigungsgrund. Jeder normale Beamte würde bei solchen Verstößen umgehend freigestellt. Ein Geheimdienstapparat, der solche Vorgänge bagatellisiert, untergräbt seine eigene Glaubwürdigkeit.

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Hinzu kommt, dass sich ausgerechnet Trumps Sondergesandter für den Krieg zwischen Russland und der Ukraine, Steve Witkoff, an dem Chat mitbeteiligte. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich gerade auf russischem Boden und war zu Gesprächen mit Wladimir Putin im Kreml. Da die App Signal nicht auf Regierungstelefonen installiert werden, liegt der Verdacht nahe, dass die Chat-Teilnehmer, also auch Witkoff, private Telefone nutzten. Aufgrund der Hacking-Gefahr ein amateurhafter und potenziell schwerwiegender Fehler – erst recht auf Russland-Reisen. Die US-Regierung bestreitet auch diese Vorwürfe.

Wird Trump sich verantwortungsvoll zeigen?

Präsident Trump und seine Regierung stehen am Scheideweg: Werden sie die notwendigen personellen Konsequenzen ziehen und damit zugeben, dass Fehler gemacht wurden? In Trumps erster Amtszeit warf der Präsident die eigenen Leute fast im Wochentakt hinaus, beinahe so, als handle es sich beim Weißen Haus um seine langjährige Fernseh-Talentshow "The Apprentice". Damals fiel es ihm leicht, Bauernopfer für eigene Verfehlungen zu finden. In seiner zweiten Amtszeit aber hat er sein Kabinett ausschließlich mit Loyalisten besetzt. Jeder Rauswurf fällt also umso mehr auch auf ihn selbst zurück.

Wären die USA noch eine normale und ernst zu nehmende Demokratie, dann müsste Pete Hegseth jetzt zurücktreten – und mit ihm all jene, die diese Kultur der Nachlässigkeit und Selbstgefälligkeit offenbar schon in diesen ersten zwei Monaten kultiviert haben. Die nationale Sicherheit ist kein Spielfeld für Dilettanten. Jede Schwachstelle, jeder Fehler kann Leben kosten. Doch ob Donald Trump so handeln wird, ist mehr als fraglich. Vielleicht wird es am Ende nur jenen treffen, der wohl versehentlich den Journalisten dazugeladen hatte, also den nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz. Oder noch schlimmer: Es trifft nur einen seiner Mitarbeiter als Bauernopfer.

Die Botschaft von ihm müsste eigentlich unmissverständlich sein: Wer die Sicherheit der Nation aufs Spiel setzt, hat in einer Regierung nichts zu suchen. Hier geht es nicht mehr um parteipolitische Grabenkämpfe, sondern um fundamentale Verantwortung. Die Vereinigten Staaten können es sich nicht leisten, solche Sicherheitslecks zu tolerieren – weder gegenüber ihren eigenen Soldaten noch gegenüber ihren internationalen Partnern.

Verwendete Quellen
  • dni.gov: Office of the Director of National Intelligence Classification Guide (englisch)

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