"Strategische Niederlage" Darum ist der Verlust von Syrien so schmerzhaft für Putin
Der Sturz des Assad-Regimes stellt auch den Kreml vor Probleme, sagen Experten. Putins Einfluss schwinde – nicht nur im Nahen Osten.
Seit 2015 hat Kremlchef Putin das Assad-Regime in Syrien militärisch gestützt. Das Ziel: Russlands geopolitische Interessen in der Region absichern. Dazu gehören der Hafen Tartus – Russlands einziger Marinestützpunkt am Mittelmeer – und die strategisch wichtige Luftwaffenbasis Hmeimim. Außerdem nutzte Moskau Syrien, um seinen Einfluss im Nahen Osten auszubauen.
Nun ist Assad gestürzt. In nur wenigen Tagen gelang es der syrischen Opposition, sein Regime zu Fall zu bringen. Der Kreml und seine anderen Verbündeten, Iran und Hisbollah, hatten Assad zuletzt kaum noch unterstützt. Doch der Verlust Syriens könnte Putin langfristig erheblich schwächen, wie das renommierte US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in einer aktuellen Analyse erklärt. Die aktuelle Lage sei eine "strategische Niederlage" für den Kreml.
Russland weniger glaubwürdig für andere Autokraten
Dass Russland Assad nicht an der Macht halten konnte, untergrabe seine Glaubwürdigkeit als zuverlässiger Partner, schreibt das ISW. Das könne auch seinen Einfluss auf autokratische Verbündete in Afrika schwächen. Russland ist mit Söldnern in mehreren afrikanischen Staaten wie Sudan, Libyen und der Zentralafrikanischen Republik aktiv. Auch in Mali und Burkina Faso hat der Kreml seinen Einfluss ausgebaut. Mit seinen Diensten für Machthaber und der Ausbeutung von Gold- und Diamantenminen in Afrika verdient Russland jedes Jahr Milliarden US-Dollar.
Um zu versuchen, seine Militärbasen in Syrien zu sichern, sei Russland nun auf Absprachen mit syrischen Oppositionsgruppen angewiesen, schreibt das ISW. Es gebe zwar Berichte darüber, dass der Kreml am 8. Dezember genau dazu bereits Vereinbarungen mit den Rebellen getroffen habe. Einzelheiten dazu seien aber nicht bekannt.
"Russland ist syrischen Oppositionsgruppen ausgeliefert"
Es gebe Hinweise darauf, dass Russlands Militärbasen in Syrien alles andere als sicher seien – selbst wenn Russland einige oder sogar alle seiner Stützpunkte in Syrien behält: "Das wäre ein großer geopolitischer Verlust für Moskau", schreibt das ISW. Denn: "Russland ist durch die weitere Stationierung in Syrien syrischen Oppositionsgruppen ausgeliefert, die der Kreml einst als Terroristen bezeichnet hat."
Das ISW berichtet außerdem von ultranationalistischen Militärbloggern in Russland, von denen viele selbst im syrischen Krieg gekämpft oder darüber berichtet haben. Viele von ihnen seien über den Sturz des Assad-Regimes verärgert. Sie kritisieren ihn als "ein weiteres Versagen der russischen Außenpolitik, in strategisch wichtigen Bereichen Einfluss auszuüben und zu behalten."
Immer mehr Militärblogger glaubten, der Sturz des Assad-Regimes werde den Terrorismus in Russland fördern. Und tatsächlich hätten russische Behörden in der Republik Dagestan bereits mutmaßliche Terroristen festgenommen, so das ISW.
- Institute for the Study of War: "Russian Offensive Campaign Assessment"