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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Israels Botschafter Ron Prosor Wer ist der Mann, der gerade auf allen Kanälen zu sehen ist?
Ron Prosor: Seit dem Angriff der Hamas auf Israel ist der israelische Botschafter überall zu sehen. Wer ist der Mann?
Ob in Talkshows, bei Demonstrationen oder auf dem Jahrestreffen der Jungen Union: Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, gibt Israel hierzulande wie kein zweiter eine Stimme.
Nachdem Terroristen der Hamas am 7. Oktober die Grenze zu Israel überquerten und das größte Massaker an Menschen jüdischen Glaubens seit der Shoah verübten, ist er als Repräsentant des jüdischen Staates in Deutschland viel gefragt.
Doch wer ist der Mann? Welchen Werdegang hat Prosor hinter sich? Und was für eine Rolle kommt ihm vor dem Hintergrund der Eskalation im Nahen Osten zu?
Wer ist Ron Prosor?
Seit dem 22. August 2022 ist Ron Prosor, Jahrgang 1958, israelischer Botschafter in Deutschland. Er kann auf eine langjährige Erfahrung in der Diplomatie zurückblicken. Prosor war bereits zwischen 1988 und 1992 israelischer Botschafter in Deutschland, damals noch in der alten Hauptstadt Bonn. Später war er in den Botschaften von London und Washington zu Hause, zudem zwischen 2011 und 2015 in New York, wo er seinem Land als ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen diente.
Prosor war in der Vergangenheit aber auch direkt in Israel tätig. Als Generaldirektor des Außenministeriums überwachte er im Jahr 2005 den Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen. In seiner Funktion als Offizier diente er in einer Artillerieeinheit dem israelischen Militär.
Zusätzlich hat Prosor auch eine akademische Vergangenheit. Bis 2022 leitete der Politikwissenschaftler das Abba Eban Institut für Internationale Diplomatie am interdisziplinären Zentrum Herzliya, wo er seit dem Jahr 2021 eine Professur für die Praxis der internationalen Diplomatie innehat.
Mit seinem Posten in Berlin habe der israelischen Premier Yair Lapid ihm einen "Traum erfüllt", wie Prosor gegenüber dem "Spiegel" sagte. Der Bezug zu Deutschland ist dabei auch familiärer Natur: Seine Eltern mussten 1933 vor dem Nationalsozialismus aus Deutschland ins heutige Israel flüchten. Für den 65-Jährigen würde sich mit seinem neuen Einsatzort ein Kreis schließen.
Welche Rolle spielt Prosor in der aktuellen Lage?
Seit dem infolge der Terrorangriffe der Hamas wieder Krieg im Nahen Osten herrscht, ist Prosor hierzulande auf vielen Kanälen zu sehen. Als Botschafter fungiert Prosor als Stimme Israels in Deutschland. Den Überfall der Hamas-Terroristen bezeichnete er zuletzt als "Zeitenwende".
Beim Deutschlandtag der Jungen Union sagte Prosor unlängst: "Wir werden die Infrastruktur der Hamas völlig zerstören. Wir werden die Führung der Hamas eliminieren. Die Hamas hat diesen Krieg gewollt und ihn uns aufgezwungen."
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Prosor hat dabei auch einen kritischen Blick auf die politischen Verhältnisse in Deutschland: "Was wir auf den Straßen in Berlin und anderen deutschen Städten erleben, sind keine pro-palästinensischen Kundgebungen, sondern anti-israelische."
Er forderte härtere Strafen und "klare Kante" gegenüber antisemitischen Bekundungen im Zuge pro-palästinensischer Demonstrationen. "Die Straßen Berlins dürfen nicht in Gaza verwandelt werden", sagte Prosor zuletzt im Gespräch mit Justizminister Marco Buschmann (FDP).
Ein Mann der klaren Worte
Längst ist klar: Der israelische Botschafter nimmt kein Blatt vor den Mund. In einem Interview mit der Zeitung "Welt" sagte er jüngst etwa: "Wir sprechen über Barbaren. Die schlagen Babys Köpfe ab. Sie vergewaltigen Mütter und Frauen vor ihren Kindern."
Dabei gilt: Schon vor der jüngsten Eskalation im Nahen Osten schreckte Prosor nicht vor klaren Worten zurück. "Antisemitismus ist ein großes Problem", sagte er der Nachrichtenagentur AFP im April. Zugleich machte der Botschafter in der Vergangenheit mehrfach klar, dass er "viel Vertrauen in Deutschland" habe. Die "starke" deutsche Demokratie würde auch durch den Aufschwung der AfD nicht geschwächt werden. Deutschland könne außerdem "stolz darauf sein, wie sich das Land mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt hat".
Der Familienvater äußerte sich auch zu Problemen außerhalb seines politischen Metiers und zeigt sich menschennah. Bereits vor seinem Amtsantritt schrieb Prosor zu den Waldbänden im Berliner Grunewald vor einem Jahr auf Twitter: "Bei meinem Morgenlauf konnte ich den schrecklichen Rauch von den Bränden im Grunewald riechen. Leider verwüsten diese Brände weiterhin die umliegenden Wälder. Ich möchte allen Feuerwehrleuten vor Ort, die derzeit gegen die Flammen kämpfen, meine tiefe Anerkennung aussprechen."
Wo steht Ron Prosor politisch?
Prosor gehört keiner politischen Partei an – obwohl ihm Berichten zufolge vor den Parlamentswahlen im April 2019 Angebote von drei israelischen Parteien vorgelegen haben sollen. Diese lehnte er ab.
Als diplomatischer Vertreter seiner Regierung in Deutschland ist es dennoch Prosors Aufgabe, die Politik in seinem Heimatland zu erklären – und damit auch die umstrittene Justizreform, die in Israel bis zum Überfall der Hamas-Terroristen zu Massenprotesten geführt hatten.
Das kommt nicht bei allen in Deutschland gleich gut an. In einem Gastbeitrag in der "Süddeutschen Zeitung" schrieb etwa der Publizist und ehemalige Präsident der Knesset, Avraham Burg, über Ron Prosor: "Er repräsentiert nicht mich, und er spricht nicht im Namen von Millionen Israelis, die sowohl seinen Stil als auch den Inhalt seiner Botschaft verabscheuen."
Burgs Kritik: Er vermisse bei Prosor eine klare politische Positionierung bezüglich der Justizreform. Er wirft dem Botschafter vor, nur im Namen derer zu sprechen, die im Zuge der Justizreform versuchen würden, Israel umzubauen. Dem Kommentar ging ein inhaltlicher Schlagabtausch zwischen Prosor und der Politikwissenschaftlerin Muriel Asseburg voraus.
Diplomat geht offen mit Protesten um
Diese Kritik greift allerdings in Teilen zu kurz. Denn: Prosor äußerte sich in der Vergangenheit durchaus offen und mit einem unverstellten Blick zu den Demonstrationen in seinem Heimatland. So betonte er, wie wichtig eine lebendige Demokratie sei. Seine eigene Familie würde sich ebenfalls an den Protesten beteiligen, sagte Prosor. Sogar sein zweieinhalbjähriger Neffe würde bereits Parolen schreien, sagte er der Agentur "Politik und Kommunikation" im März.
In der aktuellen Lage ist Prosor derweil vor allem eines: der erste Verfechter des Rechts auf Selbstverteidigung Israels angesichts des Terrors der Hamas. Damit vertritt er nicht nur die Meinung seines Volkes und seiner Regierung – sondern auch die Haltung der Bundesregierung und Deutschlands, das fest an der Seite Israels steht.
- embassies.gov.il: "Der Botschafter"
- welt.de: "Die schlagen Babys die Köpfe ab"
- juedische-allgemeine.de: "Der Unverblümte"
- tagesspiegel.de: "Kein Latte Macchiato für Ron Prosor"
- spiegel.de: "Freundlich, aber angriffslustig"
- sueddeutsche.de: "Seine Botschaft"