Geld für Kinder und Hartz-IV-Empfänger Steigende Energiepreise: Bundestag beschließt Entlastungen
Ein Öl-Embargo würde nicht nur die Wirtschaft, sondern auch einkommensschwache Haushalte hart treffen. Der Bundestag hat nun verschiedene Mittel der Entlastung beschlossen, darunter die 300-Euro-Energiepreispauschale.
Der Bundestag hat am Donnerstag eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, mit denen die Menschen in Deutschland von den gestiegenen Preisen, insbesondere bei Energiekosten, entlastet werden sollen. Ein Überblick.
Zuschläge für Kinder und Hartz-IV-Empfänger
Für erwachsene Hartz-IV-Empfänger gibt es eine einmalige Finanzspritze. Sie erhalten im Juli 2022 eine Zahlung in Höhe von 200 Euro. Auch Bezieher von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie Empfänger von ergänzenden Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz profitieren von dem einmaligen Zuschlag. Empfänger von Arbeitslosengeld I bekommen 100 Euro. Das Geld ist unter anderem als Ausgleich für coronabedingte Zusatzbelastungen gedacht.
Ebenfalls beschlossen wurden ein einmaliger Kinderbonus in Höhe von 100 Euro für alle Familien sowie ein Sofortzuschlag von 20 Euro im Monat pro Kind für arme Familien. Der monatliche Zuschlag zielt auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Anspruch auf Grundsicherung, Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz haben. Auch Familien, die den Kinderzuschlag bekommen, erhalten den Sofortzuschlag.
Zugleich ebnete die Koalition den Weg für den von Bund und Ländern im Grundsatz beschlossenen Wechsel der Flüchtlinge aus der Ukraine vom Asylbewerberleistungsgesetz ins Sozialgesetzbuch II oder XII. Dies bringt höhere Leistungen mit sich und ermöglicht mehr Unterstützung in den Jobcentern.
Energiepreispauschale: Rentner gehen leer aus
Erwerbstätige, Selbstständige, Gewerbetreibende und Landwirte werden im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes eine einmalige Pauschale von 300 Euro erhalten. Sie soll als Ausgleich für die gestiegenen Energiekosten wirken, ein Anspruch besteht ab dem 1. September. Arbeitnehmer erhalten die Pauschale über den Arbeitslohn. Bei den Selbständigen gibt es die Pauschale über eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen.
Beamtenpensionäre sowie Rentner erhalten die Pauschale nicht. Auch für Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland gibt es ebenso keine Pauschale wie für beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler. Bezieher von ausschließlich sonstigen Einkünften – zum Beispiel Abgeordnete – erhalten keine Pauschale. Die Pauschale ist steuerpflichtig, aber sozialabgabenfrei.
Höhere Freibeträge für Geringverdiener
Im Steuerentlastungsgesetz ist auch eine Erhöhung des steuerfreien Grundbetrags in der Einkommensteuer enthalten: er steigt um 363 Euro auf 10.347 Euro. Hinzu kommt eine Anhebung des Arbeitnehmerpauschalbetrags für Werbungskosten von 1.000 auf 1.200 Euro. Beides gilt rückwirkend zum Jahresbeginn.
Ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar wird die Pauschale für Fernpendler um drei Cent auf 38 Cent pro Kilometer erhöht. Der Schritt war bereits für die Jahre 2024 bis 2026 beschlossen worden, soll nun aber auch für 2022 und 2023 gelten.
Ampel-Koalition verspricht weitere Schritte
Angesichts der hohen Inflation stellte SPD-Chef Lars Klingbeil im TV-Sender RTL weitere Schritte in Aussicht. Die Teurungsrate steige, es sei ungewiss, wie die Energiepreise sich weiter entwickelten, sagte Klingbeil. "Deswegen bin ich völlig klar, dass wir nicht aufhören, dass wir genau hingucken, an welchen Stellen müssen wir entlasten."
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) versprach gleichfalls neue Entlastungen. 2023 müsse nach seiner Überzeugung der Grundsicherungsregelsatz erhöht werden, sagte er in der ARD. Auch der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer müsse weiter angehoben werden. Darüber hinaus sei er der Meinung, dass der Tarif der Lohn- und Einkommensteuer an die Inflation angepasst werden müsse.
Erste Beratungen über Spritpreis und 9-Euro-Ticket
Nicht entschieden wird am Donnerstag über die für die Sommermonate vorgesehenen Entlastungen beim Kraftstoffpreis und im öffentlichen Nahverkehr.
Das Gesetz zum Neun-Euro-Ticket wird am Donnerstagabend erstmals im Parlament beraten. Es sieht vor, in den Monaten Juni, Juli und August ein deutschlandweit gültiges Ticket für den ÖPNV zum Preis von monatlich neun Euro einzuführen. Die Regierung will den Bundesländern für die Umsetzung des Tickets 2,5 Milliarden Euro zahlen. Dauerkarteninhaber sollen die Differenz zu ihrem Abonnementpreis erstattet bekommen.
Am Freitag finden im Parlament erste Beratungen zum Energiesteuersenkungsgesetz statt. Ebenfalls von Juni bis August sollen dem Entwurf zufolge die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden. Für Benzin würde das eine Entlastung von knapp 30 Cent je Liter bedeuten, für Diesel sind es 14 Cent je Liter.
Die Gesetzesvorhaben stehen im Zeichen der durch den russischen Angriffskrieg gestiegenen Energiepreise. Ein Embargo gegen den Import russischen Erdöls, über das derzeit auf EU-Ebene beraten wird, könnte diesen Preisanstieg noch verschärfen (mehr dazu lesen Sie hier).
Kritiker des Vorhabens, wie die Mobilitätsexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Marion Jungbluth, fordern die Politik deshalb dazu auf, eine langfristige Strategie zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln und den vorgesehenen Zeitraum zu überdenken: "Eine Verschiebung wäre sinnvoll. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Entlastungen durch das 9-Euro-Ticket und den Tankrabatt genau dann auslaufen, wenn die Kraftstoffpreise durch das Embargo durch die Decke schießen".
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa
- Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung