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Ukraine-Krieg – Polen-Regierungschef Tusk: Befinden uns in Vorkriegszeit


Tusk spricht von neuer Vorkriegszeit
Polnischer Regierungschef zeichnet düsteres Szenario

Von dpa
Aktualisiert am 30.03.2024Lesedauer: 2 Min.
Der polnische Premierminister Donald Tusk (Archivbild): Er sieht bereits eine neue Kriegsära.Vergrößern des BildesDer polnische Premierminister Donald Tusk (Archivbild): Er sieht bereits eine neue Kriegsära. (Quelle: Omar Havana/AP/dpa/dpa)

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist für den polnischen Regierungschef Donald Tusk der Beginn einer neuen Ära. Jedes Szenario sei nun möglich.

Der polnische Regierungschef Donald Tusk sieht ein neues, kriegerisches Zeitalter in Europa. Eingeläutet sei es durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine worden. "Ich weiß, es klingt niederschmetternd, vor allem für die jüngere Generation, aber wir müssen uns daran gewöhnen, dass eine neue Ära begonnen hat: die Vorkriegszeit. Ich übertreibe nicht; das wird jeden Tag deutlicher", sagte er der "Welt" und europäischen Partnermedien.

Polen ist besonders dicht an Kriegsschauplatz der Ukraine, bei russischen Raketenangriffen auf den Westen der Ukraine wird immer wieder auch in Alarm ausgelöst. Bei Angriffen auf die westukrainische Stadt Lwiw seien die Explosionen auch in Polen zu hören, sagte Tusk. So stiegen zur Vorsicht vor wenigen Tagen Kampfjets auf, als sich eine russische Rakete dem polnischen Luftraum genähert hatte. Außerdem wird ein großer Teil der militärischen Versorgung über Polen in die Ukraine gebracht.

"Ich möchte niemandem Angst machen, aber Krieg ist kein Konzept mehr aus der Vergangenheit. Er ist real, und er hat schon vor über zwei Jahren begonnen."

"Solche Situation haben wir seit 1945 nicht mehr erlebt"

Am beunruhigendsten sei derzeit, dass buchstäblich jedes Szenario möglich sei, sagte Tusk. "Eine solche Situation haben wir seit 1945 nicht mehr erlebt." In dem Jahr ging der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Hitler-Deutschlands zu Ende.

Zugleich sagte Tusk, er beobachte eine Revolution in der europäischen Mentalität. Niemand stelle mehr infrage, dass man sich gemeinsam verteidigen müsse. "Schauen Sie sich Deutschland an, dort hat ein gewaltiger Umschwung stattgefunden. Heute wetteifern CDU und SPD darum, wer von ihnen pro-ukrainischer ist." "Ich bin der Meinung, dass wir ein starkes Bündnis mit Amerika brauchen, aber gleichzeitig unabhängig und autark in der Verteidigung sein müssen", sagte Tusk.

Angesichts der Instrumentalisierung von Migranten durch Russland forderte er einen konsequenteren Schutz der EU-Außengrenzen. "Die Europäische Union als Ganzes, als mächtige Organisation, muss mental dafür bereit sein, für die Sicherheit unserer Grenzen und unseres Territoriums zu kämpfen." Zu Zurückweisungen von Migranten direkt an der Grenze sagte er: "Niemand kann jede Person einzeln prüfen, wenn Russland und Weißrussland Tausende von Menschen auf einmal an die Grenze schicken. Sie tun dies gezielt und kaltblütig. Wenn wir mit tausend Menschen zurechtkommen, schicken sie zehntausend und so weiter."

Das Ziel der Regierungen in Russland und Belarus sei Destabilisierung. "Sie wollen, dass wir einen Punkt erreichen, an dem wir unsere eigenen Rechte und Werte verleugnen müssen." Es gelte nun, so menschlich wie möglich zu handeln.

Tusk verwies darauf, dass er bereits zuvor vor einer Gefahr durch Moskau gewarnt habe. In seiner ersten Zeit als polnischer Ministerpräsident (2007-2014) habe niemand außer den baltischen Staaten auf seine Warnungen gehört. "Als ich sagte, Russland sei ein Problem für Europa, kein Partner, zuckte man mit den Schultern: klar, ein Pole, ein Russophober." Nun beobachte er "ohne Genugtuung" die Veränderungen in allen europäischen Hauptstädten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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