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Kannibalismus auf Expedition von John Franklin im Jahr 1845


Skelett von 1848 identifiziert
Forschungsexpedition: Dieses Crewmitglied wurde verspeist


01.10.2024 - 15:00 UhrLesedauer: 2 Min.
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James Fitzjames segelte auf der HMS Erebus: Er ist erst der zweite Expeditionsteilnehmer, der identifiziert werden konnte.Vergrößern des Bildes
James Fitzjames segelte auf der HMS Erebus: Er ist erst der zweite Expeditionsteilnehmer, der identifiziert werden konnte. (Quelle: FabTet )

Die letzte große Expedition des britischen Forschers Sir John Franklin endete katastrophal. Alle Seeleute starben im arktischen Eis – jetzt wurde einer von ihnen identifiziert.

Im Jahr 1845 geht der britischen Polarforscher Sir John Franklin auf seine letzte große Expedition. Ziel ist es, die Nordwestpassage von Ost nach West vollständig zu durchsegeln und den kürzesten Seeweg von Europa nach Asien zu finden. Zwei Schiffe verlassen mit insgesamt 134 Männern an Bord England – und kehren nie wieder zurück.

Die HMS Erebus und die HMS Terror bleiben 1846 im Packeis der Victoria Strait in Höhe der unwirtlichen King-William-Insel (heute Nunavut, Kanada) stecken und verbringen hier zwei eisige Winter. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die Überlebenden im Frühjahr 1848 einen verzweifelten Marsch von 400 Kilometern in Richtung Süden unternahmen. Die meisten starben jedoch auf der King-William-Insel. Einige wenige schafften es bis zur nördlichen Küste des Festlandes, bevor sie den extremen Bedingungen erlagen.

Hochrangiger Seefahrer

Nun haben Forscher der Universitäten von Waterloo und Lakehead in Kanada es geschafft, eines der Crewmitglieder als James Fitzjames zu identifizieren. Und nicht nur das. Sie fanden auch heraus, dass die Leiche des zweiten Kommandanten der HMS Erebus seinen Kameraden als Nahrung in der Schneewüste diente.

Wie das? Seit dem 19. Jahrhundert sind auf der King-William-Insel insgesamt 451 Knochen von mindestens 13 Franklin-Seglern gefunden worden. Die Forscher entnahmen ihnen bereits in der Vergangenheit DNA-Proben. Diese konnten nun mit der DNA-Probe eines lebenden Nachkommens von Fitzjames verglichen werden. Den Treffer landete dabei eine Probe, die aus einem Unterkieferknochen entnommen worden war.

"Wir haben mit einer qualitativ hochwertigen Probe gearbeitet, die es uns ermöglichte, ein Y-Chromosomen-Profil zu erstellen, und wir hatten das Glück, eine Übereinstimmung zu erhalten", schreibt Stephen Fratpietro vom Lakehead Paleo-DNA-Labor in der im Fachmagazin "Journal of Archaeological Science: Reports" veröffentlichten Studie. Fitzjames sei damit nach John Gregory, Ingenieur an Bord der HMS Erebus, erst das zweite identifizierte Mitglied der Franklin-Expedition.

"Weder Rang noch Status waren das bestimmende Prinzip"

Was die Identifikation von Fitzjames außerdem so besonders macht, ist die Beschaffenheit seines Kieferknochens. Er weist mehrere Schnittspuren auf – Hinweise auf Kannibalismus in den letzten Tagen der Expedition. Schon 1850 hatten laut einer Pressemitteilung der Universität von Waterloo lokale Inuit davon berichtet, dass sich Überlebende der Expedition von den Leichen ihrer Kameraden ernährten. Später, in den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts, konnten diese Berichte durch eine Untersuchung bestätigt werden.

"Der Unterkiefer von James Fitzjames ist einer der Knochen, die mehrere Schnittwunden aufweisen", schreibt Douglas Stenton, Professor für Anthropologie in Waterloo. "Dies zeigt, dass er zumindest einige der anderen Seeleute, die umkamen, überlebte und dass in den letzten verzweifelten Tagen der Expedition, als sie sich zu retten versuchten, weder Rang noch Status das bestimmende Prinzip waren."

Die sterblichen Überreste von Fitzjames und den anderen Matrosen ruhen heute in einem Gedenkstein an der Fundstelle.

Verwendete Quellen
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