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Taubheitsgefühl nach Zeckenstich: Wie eine Neuroborreliose zu erkennen ist


Taubheitsgefühl und andere Anzeichen
Wie Sie eine Neuroborreliose nach einem Zeckenstich erkennen


Aktualisiert am 08.08.2024Lesedauer: 5 Min.
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Junge hat Kopfschmerzen: Besonders bei Kindern führt eine Neuroborreliose häufig zu einer Hirnhautentzündung.Vergrößern des Bildes
Junge hat Kopfschmerzen: Besonders bei Kindern führt eine Neuroborreliose häufig zu einer Hirnhautentzündung. (Quelle: Imgorthand/getty-images-bilder)

Führt ein Zeckenstich (umgangssprachlich: Zeckenbiss) zur Neuroborreliose, sind verschiedene Symptome möglich – unter anderem ein Taubheitsgefühl.

Einige Zecken tragen Bakterien in sich, die beim Stechen auf den Menschen übergehen können. Solch eine Infektion wird Lyme-Borreliose oder kurz Borreliose genannt.

Das Risiko, nach einem Zeckenstich an einer Borreliose zu erkranken, ist insgesamt sehr gering. Denn nicht alle Zecken übertragen Borrelien. Und wenn, geschieht das nicht sofort, sondern erst, wenn die Zecke schon etwa zwölf Stunden gesaugt hat. Darüber hinaus wird das Immunsystem oftmals mit den Erregern fertig, bevor es zur Erkrankung kommt.

Wenn nicht, breiten sich die Borrelien zunächst in der Haut aus. Dann können sie andere Organe befallen. Sind hauptsächlich die Nerven betroffen, spricht man von einer Neuroborreliose. Sie entwickelt sich bei etwa 3 bis 12 von 100 Erkrankten.

Übrigens: Zeckenstiche können neben der Lyme-Borreliose auch andere Krankheiten nach sich ziehen. So übertragen einige Zecken Viren, die eine Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute (Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME) hervorrufen. Ein weiteres, aber eher exotisches Beispiel ist die Zeckenparalyse (Zeckenlähmung), die sich unter anderem durch Kribbeln, Doppeltsehen, Schluckbeschwerden, Sprachstörungen sowie eine Lähmung der Arme und Beine bemerkbar macht. Sie entsteht durch nervenschädigende Giftstoffe, die manche Zeckenarten beim Stechen in den menschlichen Körper abgeben. Diese Arten sind vor allem außerhalb Europas anzutreffen, etwa mancherorts in Kanada sowie den USA.

Neuroborreliose: Symptome

Die Symptome einer Neuroborreliose zeigen sich erst einige Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich. So lange dauert es, bis sich die Erreger von der Einstichstelle über die Haut im Körper ausbreiten und schließlich das Nervensystem angreifen.

Gut zu wissen

Der Beginn der Infektion zeichnet sich oft schon ab, bevor die Erreger das Nervensystem befallen und eine Neuroborreliose auslösen: Ein bis zwei Wochen nach dem Stich kann um die Einstichstelle eine ringförmige Hautrötung erscheinen, die sich nach außen hin ausdehnt, also "wandert". Dieser Ausschlag wird als Wanderröte bezeichnet. Zu den weiteren möglichen Symptomen zählen grippeähnliche Beschwerden wie Abgeschlagenheit und Fieber. Bei manchen Erkrankten entwickeln sind rot-bläuliche, knotenförmige Schwellungen an Ohrläppchen, Brustwarze sowie im Intimbereich (Lymphozytome). Zudem kann eine Borreliose die Gelenke betreffen, was sich unter anderem durch Gelenkschmerzen äußert.

Eine Neuroborreliose ruft insbesondere folgende Beschwerden hervor:

  • vor allem nachts auftretende, brennende Schmerzen, die vom Rückenmark ausgehen und in andere Körperregionen ausstrahlen
  • Lähmungen im Gesicht (ein- oder beidseitig)
  • Muskelschwäche und Lähmungen an Armen und Beinen
  • Taubheitsgefühle
  • selten eine Lähmung des Augenmuskels, der das Auge nach außen bewegt

Diese Symptome entstehen durch eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarksnerven. Fachleute fassen die Beschwerden auch unter dem Namen Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom oder kurz Bannwarth-Syndrom zusammen.

Die Schmerzen beginnen oft in dem Körperteil mit dem Stich und werden dann zunächst immer stärker, bis sie nach einigen Stunden bis Tagen ein Maximum erreicht haben. Einige Betroffene beschreiben die Schmerzen als bohrend, beißend oder reißend. Normale Schmerzmittel helfen bei dieser Art von Schmerzen nicht oder kaum.

Die Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühle setzen bei den meisten Erkrankten nach einer Woche bis vier Wochen ein. Bei einer Gesichtslähmung hängen die Mundwinkel herunter, die Betroffenen können ihre Stirn nicht mehr runzeln und ihre Augen – beziehungsweise ein Auge – nicht mehr schließen.

Bei einem Drittel der Betroffenen erstreckt sich die Lähmung auf beide Gesichtshälften. Eine beidseitige Gesichtslähmung kommt im Allgemeinen sehr selten vor – wenn, ist sie ein sicheres Anzeichen für eine Neuroborreliose.

Die Entzündung kann auch auf die Hirnhaut übergehen. Mögliche Anzeichen für eine Hirnhautentzündung sind:

  • Fieber
  • Kopfschmerzen
  • ein steifer Nacken
  • Licht- und Geräuschempfindlichkeit
  • Übelkeit
  • Verwirrtheit
  • Bewusstseinsstörungen

Bei Erwachsenen tritt die Hirnhautentzündung meist zusammen mit der Hirn- und Rückenmarksentzündung auf, selten allein. Bei Kindern hingegen kann die Neuroborreliose auch nur die Hirnhaut und die Hirnnerven betreffen.

Sehr selten führt eine Neuroborreliose zu einer Entzündung der Blutgefäße im Gehirn und in der Folge zu Schlaganfällen.

Symptome einer späten Neuroborreliose

Fast immer – bei etwa 98 von 100 Betroffenen – dauert es nur wenige Wochen bis Monate, bis die Beschwerden beginnen. Die Symptome können sich aber auch schleichend über Monate bis Jahre entwickeln. Fachleute sprechen dann von einer späten oder chronischen Neuroborreliose. Sie kommt bei weniger als 2 von 100 Betroffenen vor.

Eine späte Neuroborreliose kann etwa folgende Erkrankungen verursachen:

  • eine Entzündung des Zentralnervensystems, also des Gehirns und Rückenmarks
  • (sehr selten) eine Hirnhautentzündung

Die Entzündung des zentralen Nervensystems kann unter anderem Gangstörungen verursachen und dazu führen, dass die Betroffenen ihre Blase nicht mehr richtig entleeren können.

Eine Borreliose kann als Spätfolge eine dauerhafte Hautentzündung verursachen. Diese sehr seltene sogenannte Acrodermatitis chronica kann auch mit einer Entzündung der Nerven einhergehen. Diese wird nicht als Neuroborreliose bezeichnet, sondern Fachleute sprechen von einer "Polyneuropathie im Rahmen einer Acrodermatitis chronica".

Sie tritt vor allem bei älteren Frauen auf. Betroffen sind typischerweise die Gliedmaßen. Die Erkrankten bemerken etwa Hautveränderungen wie Rötungen, Schwellungen oder rissige Stellen. Zudem stellen sie Anzeichen für Nervenschäden bei sich fest. Zu den möglichen Symptomen gehören Taubheitsgefühle, Kribbeln und Brennen sowie ein verstärktes Schmerzempfinden.

Neuroborreliose bei Kindern

Bei Kindern äußert sich die Neuroborreliose in der Regel durch

  • eine Gesichtslähmung und
  • Symptome einer Hirnhautentzündung.

Bei Kindern ist die Neuroborreliose die häufigste Ursache für eine Gesichtslähmung.

Die Hirnhautentzündung kann unter anderem zu einem steifen Nacken sowie zu Kopfschmerzen führen. Auch Appetitlosigkeit und ein allgemeines Krankheitsgefühl sind mögliche Folgen. Bei einer Neuroborreliose treten diese Symptome meist phasenweise auf, das bedeutet: Die Beschwerden lassen zwischendurch nach oder klingen ab und verschlimmern sich dann wieder. So kann es vorkommen, dass die Erkrankung mitunter erst spät erkannt wird.

Das Bannwarth-Syndrom tritt bei Kindern – anders als bei Erwachsenen – nur vereinzelt auf. Die brennenden Schmerzen, die für dieses Syndrom typisch sind, kommen bei Kindern somit sehr selten vor.

Späte Neuroborreliose bei Kindern

Wie bei Erwachsenen beginnt eine Neuroborreliose bei Kindern fast immer einige Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich. Die späte Neuroborreliose, die erst Monate bis Jahre nach der Infektion erkannt wird, ist auch im Kindesalter äußerst selten. Mögliche Anzeichen dafür sind bei Kindern zum Beispiel:

  • Krampfanfälle
  • Lähmungen
  • Probleme bei der Blasen- und Darmentleerung
  • geistige Einschränkungen
  • verändertes Gemüt

Behandlung: Ist Neuroborreliose heilbar?

Zur Behandlung der Neuroborreliose werden Antibiotika eingesetzt. Gängig ist etwa der Wirkstoff Doxycyclin. Meist dauert die Behandlung zwei Wochen. Bei der – sehr seltenen – späten Neuroborreliose kann sie drei Wochen in Anspruch nehmen.

Ob eine Neuroborreliose vollständig heilbar ist, lässt sich im Vorhinein nicht sicher sagen. Das hängt auch vom Ausmaß der Schäden ab, die die Infektion im Körper angerichtet hat. Wie gut Antibiotika bei Neuroborreliose helfen, ist insgesamt noch nicht ausreichend erforscht. Bisherige Studien legen aber nahe, dass eine Antibiotikatherapie die häufigsten Symptome der Neuroborreliose vollständig beseitigen kann.

Grundsätzlich besteht also eine gute Chance, dass die Beschwerden nach der Antibiotikatherapie nachlassen. Wenn auch nicht sofort: In vielen Fällen dauert es nach der Behandlung einige Monate oder sogar Jahre, bis die Schmerzen und die anderen Beschwerden so weit zurückgegangen sind, dass die Betroffenen ihren alltäglichen Aktivitäten wieder wie gewohnt nachgehen können.

Neuroborreliose: Spätfolgen & Therapie im Spätstadium

Bei einigen Erkrankten zieht die Neuroborreliose trotz Antibiotika bleibende Beschwerden nach sich, etwa:

  • Empfindungsstörungen
  • Lähmungserscheinungen
  • Schmerzen
  • Gangunsicherheit
  • Schwindel

Grund dafür sind nicht mehr die Erreger selbst, sondern die Schäden, die sie im Nervensystem hinterlassen haben und die noch nicht ausgeheilt sind. Eine höher dosierte, längerfristige oder gar dauerhafte Antibiotikatherapie hilft daher nicht. Im Gegenteil: Antibiotika würden nicht zur weiteren Genesung beitragen, sondern eher schaden, weil sie Nebenwirkungen mit sich bringen und den Körper zusätzlich belasten.

Ärztinnen und Ärzte stimmen die Therapie der Neuroborreliose im Spätstadium gezielt auf die einzelnen Symptome ab. Je nachdem, welche Beschwerden im Vordergrund stehen, können folgende Maßnahmen helfen:

  • Physiotherapie
  • Ergotherapie
  • Sprachtherapie (Logopädie)
  • psychologische Unterstützung

Neuroborreliose: MRT zur Diagnose nötig?

Bei Anzeichen für eine Neuroborreliose untersucht die Ärztin oder der Arzt sowohl das Blut als auch das Nervenwasser auf Borrelien-Antikörper. Das sind Abwehrstoffe, mit denen der Körper die Borreliose-Erreger bekämpft. Im Falle einer Borreliose lassen sie sich im Blut und bei einer Neuroborreliose auch im Nervenwasser (Liquor) nachweisen.

Eine MRT hingegen ist zur Diagnose nicht notwendig. Das bildgebende Verfahren kommt nur in Sonderfällen zum Einsatz – zum Beispiel bei Verdacht auf eine Entzündung von Blutgefäßen im Gehirn. Derartige Entzündungen können als sehr seltene Folge der Neuroborreliose vorkommen und sich etwa durch Schlaganfälle bemerkbar machen. Sie lassen sich mithilfe einer MRT feststellen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Online-Informationen des Robert-Koch-Instituts: www.rki.de (Abrufdatum: 7.8.2024)
  • Online-Informationen von AMBOSS: www.amboss.com (Abrufdatum: 7.8.2024)
  • Online-Informationen von Deximed: www.deximed.de (Abrufdatum: 7.8.2024)
  • Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: "Neuroborreliose". (PDF) AWMF-Leitlinien-Register Nr. 030/071 (Stand: 30.4.2024)
  • "Neuroborreliose: Prognose nach Antibiotika-Therapie in der Regel günstig". Online-Informationen der Pharmazeutischen Zeitung: www.pharmazeutische-zeitung.de (Stand: 9.8.2020)
  • "Borreliose". Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: www.gesundheitsinformation.de (Stand: 10.4.2019)
  • Christen, H.-J., Eiffert, H. (2019). Neuroborreliose im Kindesalter. Kinderheilkunde, Jahrgang 167, Heft 1, S. 67-79 (Januar 2019)
  • "Lyme-Borreliose erkennen und behandeln". Online-Informationen der Deutschen Apotheker Zeitung: www.deutsche-apotheker-zeitung.de (Stand: 19.6.2018)
  • Sonnleitner, A.E. et al.: "Borreliose im Kindes- und Jugendalter". Monatsschrift Kinderheilkunde, Vol. 163, Iss. 5, pp 418-426 (Mai 2015)
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