Werden Sie oft gestochen? Diese Gerüche ziehen Mücken magisch an
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Manche Menschen ziehen Mücken geradezu magisch an, die Stiche sind extrem lästig. Unsere Kolumnistin Dr. Yael Adler erklärt, was dahintersteckt und wer besonders betroffen ist.
Kaum wird es Sommer, versammeln sich juckende und nicht sehr dekorative rote Stellen auf unserer Haut. Nur warum werden die einen dauernd gestochen, andere aber bleiben weitgehend verschont? Gut 20 Prozent der Menschen sind Mückenizer, also beliebte Mückenopfer. Dabei wollen nur die weiblichen Mücken ihr Blut, angezogen durch die darin enthaltenen Proteine und das notwendige Eisen für ihre Eiablage.
Zur Person
Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.
Mückenfrauen selbst kämen mit Nektar und Pflanzensäften bestens zurecht, aber für die Nachkommen muss es die nichtvegane, menschliche oder tierische Blutsuppe sein! Dazu punktiert die Mücke zielsicher Kapillargefäße in der Lederhaut des Opfers und zapft bei jedem Stich 0,001 bis 0,01 Milliliter Blut.
Mückenspeichel ist ein genialer Cocktail aus Betäubungsmittel (um unbemerkt zuzustechen), Blutverdünner (damit Blut nicht im Rüssel gerinnt und ihn verstopft), gefäßerweiternden Substanzen (die noch mehr Blutzufuhr aus dem Wirt garantieren) sowie Enzymen und Eiweißen. Letztere helfen, um den Cocktail im Gewebe zu verteilen und wirken außerdem antibakteriell. Der Juckreizbotenstoff Histamin wird als Reaktion auf körperfremde Stoffe aus dem Mückenspeichel aus den Speichern der Lederhaut, den Mastzellen, freigesetzt. Trotz antibakterieller Stoffe im Speichel kann sich ein aufgekratzter Mückenstich bakteriell infizieren, da man beim Kratzen Hautkeime einarbeitet.
Mücken lieben Opferduft
Mücken orientieren sich bestens in die Richtung jener Menschen, deren Blut sie mögen: diejenigen mit ausgeprägtem Opfergeruch. Menschlicher Schweiß wird von Bakterien auf der Haut zersetzt; da entstehen individuelle Geruchsbilder. Milchsäure, Ammoniak, Harnsäure und Fettsäuren in bestimmten Mischungsverhältnissen – das ist der Duft, der Mückenweibchen provoziert.
Der menschliche Duft arrangiert sich aus einer Vielzahl an Komponenten. Ganz genau weiß man bisher nicht, was die Topseller-Aromen für Mücken sind, aber sicher ist, dass neben dem Schweißgeruch auch die Gene eine Rolle spielen. Das Abatmen von CO2, besonders beim Sport, finden Mücken ebenfalls äußerst stechhaltig und reisen dazu aus bis zu 50 Metern Entfernung an. Auch Parfüm, Weichspüler, duftende Bodylotions und Duschgele locken Mücken. Besonders delikat und häufig gestochen sind Menschen mit der Blutgruppe 0. Im Volksmund haben sie das berühmte "süße Blut". Menschen der Blutgruppe A hingegen sind deutlich unattraktiver.
Eine Blutgruppe wird bevorzugt
Tatsache ist, dass die meisten Menschen auf ihrer Hautoberfläche ein chemisches Signal präsentieren, das die Blutgruppe an die Flugsauger verrät. Die Leibspeise für Mücken wäre ein nach Aftershave duftender, stark schwitzender und wild atmender Sportler mit Blutgruppe 0 und Käsefüßen – im Mückenschlemmerparadies nur zu toppen von einer sportlichen Schwangeren: Sie hat eine höhere Körpertemperatur und atmet noch mehr Kohlendioxid aus!
Was aber tun, damit Mücken in uns kein "All you can eat" erriechen? Diethyltoluamid (DEET) und Icaridin sind gut wirksame Chemiekeulen und wehren Mücken (und Zecken) für bis zu sechs Stunden ab. DEET allerdings reizt Schleimhäute und Nervensystem, ist für Kleinkinder und Schwangere damit nicht empfehlenswert. Icaridin ist schon weniger aggressiv, jedoch immer noch alles andere als Bio. Doch Biostoffe sind leider auch keine gute Alternative, weil sie schwächer wirken als die synthetischen und teilweise potente Auslöser für Kontaktallergien sind. Für den Körper ganz unbedenklich ist mechanischer Schutz – lange Kleidung und Moskitonetze!
Hilft eine Zwiebel bei Stichen?
Bienen und Wespen stechen hingegen nicht vorsätzlich, sondern nur aus Notwehr. Ihre Stiche sind für Allergiker gefährlich, für Nichtallergiker zumindest schmerzhaft und unangenehm. Nach einem Stich gibt es effektive Hausmittel. Mein persönlicher Favorit ist die Zwiebel: frisch aufschneiden und den austretenden Saft direkt auf die Stichstelle reiben.
Auf keinen Fall sollte man einen verbliebenen Stachel mit den Zähnen herausziehen: dabei besteht die Gefahr, dass Gift an die Mundschleimhaut gelangt und dort massive Schwellungen bis hin zu Atemnot hervorruft. Den Stachel lieber vorsichtig wegkratzen, dabei aber nicht zusammendrücken, um nicht zusätzlich Gift in die Haut zu pressen! Anschließend, falls zur Hand, mit Eis kühlen: Kälte zieht die Gefäße zusammen, so kann sich das Gift nicht so schnell in der Haut verteilen.
Hitze zerstört Insektengift
Um das ins Gewebe eingedrungene Gift zu bekämpfen, kann man kurz darauf mit Hitze gegensteuern. Dazu gibt es "Stichheiler" aus der Apotheke, die man auflegt, und die eine gerade noch erträgliche Hitze abgeben. Gelingt es, das Gift im Gewebe auf 40 bis 50 Grad Celsius zu erhitzen, werden die Eiweißbestandteile im Gift zerstört, und der Juckreiz nimmt ab. Außerdem irritiert man die Nervenenden, die so eine Weile keinen Juckreiz mehr ans Hirn vermelden. Also erst Zwiebel, dann Kälte, dann Hitze. Auch eine starke Kortisoncreme kann Entzündungen effektiv lindern.
Dafür, dass Stiche jucken, rot werden und anschwellen, sorgt vor allem Histamin, das gleichzeitig der Allergiebotenstoff ist. Im Falle einer Allergie gegen Insektengift können Quaddeln am gesamten Körper auftreten („Nesselsucht“). Dramatischer wird es, wenn das Histamin die Blutgefäße weit stellt, sodass das Blut der Erdanziehung folgend in den Beinen versackt, nicht mehr für Gehirn und Herz zur Verfügung steht, und es zu einer Verengung der Atemwege kommt. Dann wird eine Insektengiftallergie lebensbedrohlich, da ein allergischer Schock mit Todesfolge droht.
Notfallset gegen Allergien
Das Antihistaminikum muss innerlich verabreicht werden – in Form von Tropfen, Saft, Tabletten oder einer Spritze. Wer allergisch gegen Bienen- und Wespengift ist, sollte immer ein entsprechendes Notfallset mit sich führen – ein flüssiges Antihistaminikum, flüssiges Kortison, beide oral einzunehmen, und einen Adrenalin-Injektor, den man sich notfalls durch die Jeans in den Oberschenkelmuskel rammen kann. So rettet man Leben.
Auch eine Hyposensibilisierung über drei bis fünf Jahre ist zu empfehlen. Dabei wird das allergieauslösende Gift in kleinen Dosierungen immer wieder in die Haut gespritzt. Das Immunsystem hat so Zeit, Antikörper gegen das Gift zu bilden und dieses bei einem neuerlichen Stich zu neutralisieren.
Machen Sie aber aus einer Mücke keinen Elefanten und kommen Sie gesund durch die Zeit!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Eigene Meinung