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PFAPA-Syndrom: Wenn Kinder immer wieder Fieber bekommen


PFAPA-Syndrom
Wenn Kinder immer wieder Fieber bekommen

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 31.08.2016Lesedauer: 6 Min.
PFAPA: Wenn Kinder immer wieder hohes Fieber bekommen, handelt es sich möglicherweise um das PFAPA-Syndrom.Vergrößern des Bildes
Wenn Kinder immer wieder hohes Fieber bekommen, handelt es sich möglicherweise um das PFAPA-Syndrom. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Plötzlich bekommt das Kind hohes Fieber, bis zu 41 Grad. Die Mandeln sind geschwollen, die Lymphknoten auch, und das Blutbild deutet auf einen starken Bakterienbefall hin. Eine Behandlung mit Antibiotika hilft nicht. Nach ein paar Tagen ist der Spuk vorbei - um nur wenige Wochen später wiederzukommen. Betroffenen Familien haben eine Ärzte-Odyssee hinter sich, bis sie wissen, was ihr Kind hat: das PFAPA-Syndrom.

Beim PFAPA-Syndrom - die Abkürzung steht für periodisches Fieber, aphthöse Stomatitis, Pharyngitis, zervikale Adenitis - handelt es sich um eine der rätselhaftesten Kinderkrankheiten. Bis jetzt ist ungeklärt, was dahinter steckt und warum das PFAPA-Syndrom einfach wieder verschwindet. Experten vermuten, dass es sich um eine überschießende Immunreaktion handelt. Ob der Körper dabei gegen sich selbst arbeitet oder ob noch nicht identifizierte Erreger die Auslöser sind, lässt sich noch nicht beantworten.

Diese Symptome sind typisch für das PFAPA-Syndrom

Es beginnt in der Regel aber vor dem fünften Lebensjahr, oft bereits in den ersten Lebensmonaten: Alle drei bis acht Wochen bekommt das Kind hohes Fieber, manchmal Bauch- und Kopfschmerzen, der Hals ist gerötet, oft treten große Aphthen im Mund auf, die Lymphknoten sind geschwollen und das Blutbild deutet auf sehr hohe Entzündungswerte hin.

"Und dann bekommt man ein Antibiotikum. Es hilft aber nicht. Und das Spiel wiederholt sich immer wieder", erzählt Sylvia Kroner, die mit ihrem heute vierjährigen Sohn zwei Jahre lang von Arzt zu Arzt gelaufen ist. "Da kann man verzweifeln. Es fühlt sich fürchterlich an, wenn man nachts um drei neben einem schon wieder hochfiebernden Kind sitzt, dessen Blutbild einem die schlimmsten Schreckensszenarien ins Kopfkino zaubert. Man hat fürchterliche Angst um sein Kind."

PFAPA: Das Fieber geht, die Angst bleibt

Bis zu sechs Tage können die Fieberschübe dauern, dann sind sie wie aus heiterem Himmel verschwunden. Aber die Angst bleibt. Die betroffene Mutter sagt: "Irgendwann habe ich die Krankheit schon am Geruch erkannt. Sie war wie ein Feind, der hinter der Ecke gelauert hat, um mich und meine Familie tagelang schachmatt zu setzen." Oft hat es zwei Wochen gedauert, bis der Junge sich wieder komplett erholt hatte. Und kurz danach ging es schon wieder los. "Doch wir hatten Glück im Unglück: Als wir wieder einmal mit ihm in der Notfallsprechstunde saßen, war dort ein Kinderarzt zuständig, der bereits nach ein paar Minuten vermutete, dass es sich um PFAPA handeln könnte."

Warum die Diagnose von PFAPA so schwierig ist

"Fast jedes Kind, das bei uns landet, hat bereits eine Odyssee von Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten hinter sich", bestätigt Thomas Lutz, Leiter des Bereiches Kinder-Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg, im Gespräch mit der Elternredaktion von t-online.de. Er verweist auf die Schwierigkeit der Diagnose: "Die typischen Aphthen im Mund zeigen sich nicht bei jedem Schub. Hinzu kommt, dass die Erkrankung wie eine Mandelentzündung aussieht, zu der dann auch die hohen Entzündungswerte im Blut passen würden. Und ein, zwei Tage später geht es dem Kind ja auch wieder besser."

Das PFAPA-Syndrom ist noch nicht lange bekannt

Das Fieber, das 1987 zum ersten Mal in der Fachliteratur beschrieben wurde, betrifft fast nur Kinder und dabei mehr Jungs als Mädchen. Ob es vererbbar ist oder nicht, ist bisher noch unklar. Eine Studie mit 94 Betroffenen aus 22 Ländern und unterschiedlichem ethnischen Hintergrund gab keine Hinweise darauf. Laut Statistik sind deutschlandweit rund 1000 Kinder unter fünf Jahren betroffen, aber die Dunkelziffer dürfte relativ hoch sein.

Vorsorglicher Test auf Leukämie

Bisher lässt sich PFAPA nur identifizieren, indem man genau auf die Symptome achtet und andere Krankheiten ausschließt, die zu hohen Entzündungswerten im Blut führen. Dazu führen die Ärzte Fieberprotokolle und achten genau darauf, ob sich die Werte nach dem Schub wieder normalisieren. "Das ist ein wichtiges Zeichen dafür, dass es sich nicht um eine andere Erkrankung, zum Beispiel eine entzündliche Darmerkrankung handelt", erklärt Oberarzt Lutz.

Er ergänzt: "Auch Leukämie kann man nie ausschließen. Deshalb machen wir, vor allem bei sehr kleinen Patienten, über deren Krankheitsverlauf man noch nicht so viel sagen kann, eine Knochenmarkspunktion. Die ist nicht gefährlich, das Kind schläft währenddessen. Aber so können wir uns sicher sein. Wenn Kinder bereits länger betroffen sind, bevor sie zu uns kommen, geben wir ihnen bei typischem Verlauf während eines Fieberschubes Kortison. Verschwindet das Fieber dann innerhalb der nächsten Stunden, kann man die Diagnose stellen."

Langzeitfolgen von PFAPA sind unwahrscheinlich

Sylvia Kroner wünscht sich, sie hätte früher gewusst, dass PFAPA der Auslöser für das häufige Fieber ihres Kindes ist. "Ich habe Fieber bis jetzt immer für einen Freund gehalten, der Krankheiten niederschlägt. Und habe Jan daher auch immer fiebern lassen. Zu erkennen, dass das in diesem Fall völlig unsinnig war, hat mich echt getroffen. Es wäre der ganzen Familie einiges erspart geblieben, wenn wir früher gewusst hätten, was mit dem Kleinen los ist."

Die Mutter macht sich Sorgen über die vielen Antibiotikagaben und mögliche Langzeitfolgen des PFAPA-Syndroms. Oberärztin Annette Jansson, Leiterin der Kinder-Rheumatologie der Uniklinik München, schätzt diese Gefahr als sehr gering ein. Allerdings kann sie mögliche Folgen nicht ausschließen, genauso wenig wie die Gefahr, andere Infektionen zu spät zu bemerken. "Wenn das Kind regelmäßig hohes Fieber hat, dann ist es schon schwierig, nichts anderes zu übersehen", meint auch ihr Heidelberger Kollege Thomas Lutz. "Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass Eltern, die bereits mehrere dieser Episoden mitgemacht haben, genau sagen können, wie das Fieber verläuft. Sie kennen ihr Kind und merken sofort, wenn etwas anders ist als sonst."

Fieberschübe werden meistens mit Kortison bekämpft

Eine medizinische Waffe gegen PFAPA ist noch nicht gefunden. Medikamente, die eigentlich bei säurebedingten Magenbeschwerden eingesetzt werden, zeigten Erfolge, sind aber inzwischen schon wieder umstritten. Das am häufigsten eingesetzte Mittel ist Kortison. Es unterbricht die Schübe, aber es kann auch deren Abstände verkürzen. Außerdem ist eine gewisse Skepsis angebracht, weil Kortison zunächst einmal alles Mögliche unterdrückt. Das sollten Eltern wissen, bevor sie sich dafür entscheiden.

Entfernung der Mandeln kann bei PFAPA helfen

Eine weitere Möglichkeit ist die Entfernung der Rachenmandeln. Etwa 70 Prozent der Kinder haben danach keine Beschwerden mehr. Allerdings sollen Fälle aufgetreten sein, bei denen das Fieber im Jugendalter wiederkam. Auch dazu fehlen Langzeitbeobachtungen.

"Wir haben Eltern, die sehen das relativ gelassen. Es genügt ihnen zu wissen, mit was sie es zu tun haben. Das hilft ihnen, die Fieberschübe gemeinsam mit dem Kind durchzustehen. Sie greifen dann lediglich zu fiebersenkenden Mitteln und hoffen darauf, dass auch bei ihrem Kind die Schübe im Lauf der Zeit weniger werden, die Abstände größer. Fehlt ein Kind allerdings dauernd in der Schule, weil es durchgängig alle drei, vier Wochen hohes Fieber hat, dann entscheiden sich viele Eltern für das Kortison, bei hohem Leidensdruck auch für die Operation", sagt Lutz.

Kortison nie eigenmächtig einsetzen

Auch Oberärztin Jansson meint: "Welche Therapie sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab." Sie warnt jedoch davor, Eltern die Entscheidung allein zu überlassen. "Ich halte es nicht grundsätzlich für sinnvoll, Eltern Kortison in Zäpfchen- oder Tablettenform mit nach Hause zu geben, damit sie es beim nächsten Schub selbstständig verabreichen können." Sie sieht die Gefahr, dass das Medikament falsch angewendet wird und gibt zu bedenken, dass man sich sogar in Fachkreisen über die Dosierung nicht einmal einig ist.

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Es gibt wenige Medikamente zur Therapie von PFAPA

PFAPA fällt offiziell in den Bereich der seltenen Erkrankungen und für die interessiert sich die Pharmaforschung wenig. Die gezielte Entwicklung von Medikamenten ist meistens nicht profitabel. Zwar haben Forscher neben Kortison zwei Medikamente im Visier, die gegen PFAPA wirken könnten, doch diese sind wegen ihrer Nebenwirkungen umstritten.

"Die Behandlung mit Anakinra hat das Potenzial, diesen Kindern eine weitgehend symptomfreie Kindheit zu ermöglichen", schreibt Daniel Kastner in einer Mitteilung des National Human Genome Research Institutes. Allerdings ist das sehr teure Medikament, das in Deutschland zur Behandlung von rheumatoider Arthritis verwendet wird, nicht frei von Nebenwirkungen und für Kinder noch nicht zugelassen. Zudem muss es täglich gespritzt werden. Eine größere Studie soll jetzt erst einmal an anderen Entzündungskrankheiten zeigen, wie wirksam und sicher die Therapie im Kindesalter langfristig ist.

Ein weiteres Medikament, das immer wieder ins Gespräch kommt, heißt Canakinumab. Nach nur einer Spritze bleibt der Wirkstoff wochenlang im Körper. "Es hat grundsätzlich eine ähnliche Wirkung wie Anakinra, bremst also die Entzündungsreaktion", erklärt Jansson. Die Gründerin der Kinder-Rheumahilfe, mahnt, Nutzen und Risiken sorgsam abzuwägen: "Natürlich gibt es Krankheiten, bei denen ein solches Medikament Gold wert ist. Aber man muss sich bewusst machen, dass es sich bei PFAPA um eine Erkrankung handelt, die normalerweise von selbst verschwindet. Ist da ein solch gravierender Eingriff ins Immunsystem gerechtfertigt?"

Hilft Homöopathie gegen PFAPA?

Bei schweren Verläufen von PFAPA müsse man abwägen, welche Therapie die sicherste ist. "Aber gerade bei dieser Erkrankung braucht es oft nur die Information, dass das Kind keinen dauerhaften Schaden erleiden wird, Geduld und ein wenig Unterstützung", weiß Jansson. Eine Art der Unterstützung könnte die Homöopathie sein. Sylvia und ihr Mann haben sich vor einem Jahr entschlossen, ihren Sohn auf diese Weise behandeln zu lassen. Seitdem haben sich die Abstände zwischen den Fieberanfällen deutlich vergrößert. Ob das nun an den Globuli liegt oder daran, dass der Junge älter wird, kann niemand sagen. "Wer heilt, hat recht", meint die Ärztin und verweist dabei darauf, dass auch die Uniklinik München eng mit einer Homöopathin zusammenarbeitet. Die Ärztin warnt aber gleichzeitig vor Scharlatanen, die mit der Angst der Eltern ihr Geld machen.

Das Kinderkrankheiten-Lexikon bietet einen Überblick über die häufigsten Kinderkrankheiten. In den Artikeln werden Symptome, Behandlung und mögliche Folgen der Kinderkrankheiten erklärt. Eltern erfahren, bei welchen Anzeichen das Kind schnell zum Arzt muss und bei welchen Krankheiten auch Hausmittel helfen können. Sie finden auch die Information, ob und wie lange Kinderkrankheiten ansteckend sind. Manchen Kinderkrankheiten kann man durch Impfung vorbeugen. Einen Überblick über die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen bietet ergänzend unser Impfkalender.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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