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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Debatte um Herd-Verbot Wie gefährlich ist Gas für die Gesundheit?
In den USA tobt ein Kampf um die Nutzung von Gasherden. Sind sie wirklich gesundheitsschädlich und müssen verboten werden?
Ein Haushaltsgerät ist Stein des Anstoßes eines Kulturkampfes in den Vereinigten Staaten. Der Einbau und damit die zukünftige Nutzung von Gasherden sind bereits ab 2024 in New York in Neubauten verboten, Städte in Kalifornien wie Los Angeles und San Francisco wollen nachziehen. Die Gründe für den Ausstieg lagen zunächst in der Klimaunfreundlichkeit der Geräte. In New York gilt: Es dürfen demnächst in neuen Gebäuden keine Küchengeräte mit fossilem Brennstoff mehr betrieben werden.
Doch nun kommt ein neuer Aspekt in die Debatte: Der Chef der US-Verbraucherschutzbehörde CPSC, Richard Trumka, hat Maßnahmen seiner Behörde gegen die Gasherde angekündigt – und zwar aus gesundheitlichen Gründen. Anlass ist eine kürzlich veröffentlichte Studie, die auf die Gesundheitsgefahren der Gasnutzung verweist. Nun eskaliert der Konflikt auf der politischen Ebene.
Asthma bei Kindern häufiger
Was ist passiert? US-Forscher kamen in ihrer Analyse zu dem Ergebnis, dass knapp 13 Prozent der Asthmaerkrankungen bei Kindern auf den Gebrauch von Gasherden zurückzuführen sind. Dieser Prozentsatz sei vergleichbar mit der Wirkung des Passivrauchens.
In den USA ist etwa jeder dritte Haushalt mit einem Gasherd als Kochstelle ausgestattet, damit wäre ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung einem potenziellen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Trumka verkündete: "Dies ist eine versteckte Gefahr. Jede Option liegt auf dem Tisch. Produkte, die nicht sicher gemacht werden können, können verboten werden."
Bei Asthma reagieren die Atemwege überempfindlich auf bestimmte Reize. Nicht die Lunge ist erkrankt, sondern die Bronchien, also das Röhrensystem, in dem die Luft zur Lunge und wieder heraustransportiert wird. Diese Atemwege sind bei Asthmatikern chronisch entzündet und dadurch verengt.
Ist ein Gasherd wirklich so gefährlich? Klar ist: Bei der Verbrennung von Gas werden Schadstoffe wie Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid und Feinstaub frei.
Bereits eine Metaanalyse aus dem Jahr 2013 kam zu einem ähnlichen Ergebnis wie die aktuelle Studie. Bei Kindern, die in Haushalten mit Gasherden lebten, wurden mit 42 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit Asthmasymptome und mit 24 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit lebenslanges Asthma diagnostiziert. Die Forscher stellten einen Zusammenhang von Stickstoffdioxid (NO2) und den Symptomen her.
Bundesumweltamt rät zum Lüften der Küche
Doch eindeutig ist diese Wechselbeziehung nicht. Möglich wären auch andere Ursachen für die Krankheitsentwicklung, etwa eine allgemein schlechte Luftqualität in der Umgebung oder das Leben in einem Raucherhaushalt.
Dennoch: Die Annahme, dass die Nutzung eines Gasherdes nicht ganz risikolos ist, scheint nicht nur von der neuen US-Studie getragen zu werden. Auch das Bundesumweltamt analysierte 2020 das Gefahrenpotenzial: "Durch das Kochen und Backen mit Gasherden oder das Rauchen in der Wohnung können kurzzeitig hohe NO2-Belastungen entstehen."
Es verweist jedoch darauf, dass kurzzeitige und seltene Belastungen mit hoher Stickstoffdioxid-Konzentration im Allgemeinen ohne gesundheitliche Folgen bleiben. Abhilfe schaffen demnach Lüften oder eine Dunstabzugshaube mit einer Abluftführung, um das Gas rasch nach draußen zu befördern.
Dazu raten auch Forscher der Universität Stanford, die 2022 die Emissionen in 53 Haushalten mit Gasherd gemessen haben. In 32 stellten sie fest, dass die Herde Stickoxide in die Raumluft abgaben. Verwiesen wurde darauf, dass gerade in kleinen Küchen der Grenzwert für die Belastung mit Stickstoffdioxid schnell, bereits innerhalb weniger Minuten überschritten sein könnte. Der Rat: Küchen mit Gasherden gut zu lüften und Dunstabzugshauben zu nutzen.
Stickstoffoxide entstehen als Produkte unerwünschter Nebenreaktionen bei Verbrennungsprozessen. Die Hauptquellen von Stickstoffoxiden sind Verbrennungsmotoren und Feuerungsanlagen für Kohle, Öl, Gas, Holz und Abfälle. In Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr die bedeutendste Quelle.
Methan tritt auch aus ausgeschalteten Geräten aus
Stickstoffdioxid spielte vor allem 2018 im Diesel-Skandal eine Rolle. Es handelt sich um ein Gas, das während einer Kurzzeitbelastung (und einer Überschreitung der entsprechenden Grenzwerte) zu Hustenanfällen führen kann, bei Vorerkrankten sogar zu Luftnot. Einige Studien deuten an, dass es unter einer Langzeitbelastung auch zur Entwicklung chronischer Krankheiten wie Herzerkrankungen oder Diabetes kommen kann. Diese Erkenntnisse gelten aber bislang nicht als gesichert.
Die für die Allgemeinheit größere Gefahr scheint allerdings von den Methanemissionen der Herde auszugehen – und zwar selbst dann, wenn sie gar nicht eingeschaltet sind. Dies ermittelten die Stanford-Forscher. Demnach entsprechen die Methanemissionen der Gasherde in den Vereinigten Staaten ungefähr dem Kohlendioxid-Ausstoß, der von einer halben Million gasbetriebener Autos in einem Jahr freigesetzt wird.
Das Besondere: Drei Viertel der Emissionen wurden freigesetzt, während der Herd eigentlich ausgeschaltet war. Es scheint sich also um Lecks in den Geräten zu handeln. Methan gilt als ein besonders klimaschädliches Gas, das den Treibhauseffekt auf der Erde entscheidend verstärkt.
In Deutschland kochen etwa sechs Prozent der Haushalte mit Gas.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Studie: "Population Attributable Fraction of Gas Stoves and Childhood Asthma in the United States" (21.12.2022, englisch)
- smithsonianmag.com: "Gas Stoves Are Worse for Climate and Health Than Previously Thought" (1. 02.2022, englisch)
- umweltbundesamt.de: "Stickstoffdioxid im Innenraum: Aktueller Kenntnisstand Indoor nitrogen dioxide: Current state of knowledge" (Nr.1 /2020)
- Studie: "Methane and NOx Emissions from Natural Gas Stoves, Cooktops, and Ovens in Residential Homes" (27.02.2022, englisch)
- quarks.de: "Wie sehr schädigt Stickstoffdioxid die Gesundheit wirklich?" (13.12.2021)
- Studie: "Meta-analysis of the effects of indoor nitrogen dioxide and gas cooking on asthma and wheeze in children" (20.08.2013, englisch)
- Nachrichtenagentur dpa