Gesundheit Das richten Tattoos im Körper an
Längst ist es nicht mehr nur der Seemann, der einen farbigen Anker auf dem Oberarm trägt. Ob Rose am Knöchel oder Schriftzeichen am Handgelenk: Tattoos sind mitten in der Gesellschaft angekommen. Und der Körperschmuck wird immer beliebter. Schätzungen zufolge ist jeder Zehnte in Europa tätowiert, unter den Jugendlichen ist es sogar jeder Vierte. Doch was nach außen als schöne Verzierung scheint, kann nach innen gefährlich wirken. Viele Farben sind mit Pigmenten versetzt, die schädliche, oft aber unbekannte Auswirkungen für unsere Gesundheit haben. Experten schlagen jetzt Alarm.
Viele Tattoofarben enthalten unbekannte Stoffe
Ein Problem, das viele Mediziner beschäftigt, ist die unzureichende Überprüfung der Tattoofarben. Zwar sind einige bekanntermaßen gefährliche Farbstoffe inzwischen durch die Tätowiermittel-Verordnung verboten. Doch stetig kommen neue Farben auf den Markt, die nur selten auf ihre gesundheitlichen Auswirkungen überprüft werden. Auf der ersten internationalen Konferenz für Tattoo-Sicherheit in Berlin wird deshalb jetzt diskutiert, was beim Tatöwieren so unter die Haut wandert - und was dies im Körper auslösen kann. "In der Farbe Schwarz ist beispielsweise Ruß", sagt der Pharmakologe und Hauptorganisator der Konferenz Prof. Andreas Luch. Da könne man genauso gut Kettenrauchen.
Kaum Studien über Wirkung der Farben
"Jeder verlässt sich darauf, dass die Behörden es richten", sagt Wolfgang Bäumler, Physiker an der Universität Regensburg. Doch das Vertrauen in die Behörden sei nicht gerechtfertigt. Es gebe kaum Wissen über die Wirkung der Farben - vor allem nicht über langfristige Folgen. Bäumler hat seit Ende der 90er Jahre zahlreiche Untersuchungen zu den am häufigsten verwendeten Pigmenten erstellt. "Die Farben bleiben nicht an der Stelle, wo sie eingestochen werden", sagt er. Aber wohin sie im Körper abtransportiert werden, sei nicht erforscht. "Bei Tattoos in der Nähe von Lymphknoten sind diese auf jeden Fall genauso bunt wie die Tätowierung."
Bei 70 Prozent der Tätowierten kommt es zu Komplikationen
Professor Luch berichtet von einem 60-jährigen Mann, der stark allergisch auf eine Tätowierung reagierte. Sein Hautarzt überwies ihn in eine Klinik, doch ein Eindämmen der Reaktion war unmöglich. "Schließlich wurde der Hautlappen mit dem Tattoo herausgeschnitten", berichtet Luch. Bei rund 70 Prozent der Menschen gebe es akut eine "lokale Reaktion" - eine Blutung, Schwellung oder Verkrustung. "Bei etwa sechs Prozent der Fälle bleibt etwas zurück", sagt er. Das kann eine Sensibilisierung der Haut sein oder kleine Knötchen.
Tattoofarben können womöglich Krebs erregen
Auch Reaktionen des ganzen Menschen kämen vor. Luch nennt "Schwindel, Abgeschlagenheit und Fieber". Die Menge der verwendeten Pigmentmasse ist nicht unerheblich: "Bei einer Tätowierung des ganzen Oberkörpers werden rund zehn Gramm Pigment verwendet, für einen Oberarm etwa zwei Gramm", hat er errechnet. Auch Hautirritationen sind nicht selten. Vor allem unreine Farben können als Spätfolge Hautkrebs auslösen, warnen Experten. Allerdings gibt es noch keine großen Studien hierzu.
Neue Techniken sollen Risiken mindern
Auf der Berliner Tagung sollen neue Technologien erörtert werden, die die Sicherheit erhöhen könnten. Das Berliner Unternehmen Surflay stellt eine Methode vor, nach der die Pigmente mit einer Schicht überzogen werden, die den Abtransport einzelner Inhaltsstoffe verhindert. "Das dient der Haltbarkeit der Farbe und dem Gesundheitsschutz", sagt Lars Dähne von Surflay.
Über 20.000 Tattoo-Studios arbeiten illegal
Die Gesundheit von Tattoo-Fans hat auch Andreas Schmidt im Auge, der ein Tattoo-Studio bei Mönchengladbach betreibt und den Verband der "Deutschen Organisierten Tätowierer" auf der Konferenz vertritt. Schmidt warnt vor allem vor den nicht-registrierten Tattoostudios. "Ein Freund von mir tätowiert jetzt auch", sei der Satz, den er am meisten hasse. Neben geschätzten rund 6000 legalen Studios gebe es rund 20.000 illegale. "Beim Tätowieren kann man eine Menge falsch machen", warnt er.
Tattoo entfernt - Giftstoffe bleiben
Jeder zwanzigste bereut seine Entscheidung für ein Tattoo und lässt es per Laser entfernen. Doch damit sind noch lange nicht die gefährlichen Farbstoffe aus dem Körper verschwunden, warnt Bäumler. So heißt es eben womöglich doch: Einmal tätowiert, immer tätowiert. Denn auch wenn man die Rose oder den Tiger nicht mehr sieht - sie haben im Körper ihre Spuren hinterlassen. Um das Risiko für den Einzelnen zu verringern, sollten sich Tattoofans nur an zertifizierte Tätowierer wenden, die auf die Qualität der Farbe achten. Auch unterliegen sie der Kontrolle durch das Gesundheitsamt. Endgültige Sicherheit können aber auch sie nicht bieten. Denn was die Farben genau im Körper anrichten, zeigt die Forschung womöglich erst in einigen Jahren.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.