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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neue Virusvariante entdeckt Experten warnen vor neuer Pandemie
![Weltweit kommt es zu Ausbrüchen der Vogelgrippe wie hier in Tschechien im Februar 2024: Droht hier eine neue Pandemie? Weltweit kommt es zu Ausbrüchen der Vogelgrippe wie hier in Tschechien im Februar 2024: Droht hier eine neue Pandemie?](https://images.t-online.de/2024/12/v1KBUrYNDjcR/0x152:2917x1641/fit-in/1920x0/weltweit-kommt-es-zu-ausbruechen-der-vogelgrippe-wie-hier-in-tschechien-im-februar-2024-droht-hier-eine-neue-pandemie.jpg)
Seit etwa einem Jahr grassiert die Vogelgrippe unter Milchkühen in den USA. Nun wurde eine Entwicklung beobachtet, die Experten besondere Sorgen bereitet.
H5N1 ist der wissenschaftliche Name für die Vogelgrippe, die – wie der Name schon sagt – zunächst bei Vögeln auftrat. Seit einigen Jahren überspringt das Virus jedoch immer mehr Arten und wurde unter anderem bereits in Füchsen, Nerzen, Seelöwen und Katzen nachgewiesen – allesamt Säugetiere.
Besondere Aufmerksamkeit erlangte der Übersprung auf Rinderherden in den USA im Frühjahr 2024. Ende des vergangenen Jahres betonte der Virologe Alexander Kekulé im Interview mit t-online: "Die Amerikaner tun viel zu wenig, um die Ausbreitung einzudämmen. Die Farmer und die Milchindustrie verweigern sogar die Probennahmen durch die Überwachungsbehörden, da wirkt die Spaltung der Gesellschaft wegen der Corona-Maßnahmen noch nach. Profit geht hier offenbar vor Sicherheit. Spuren des H5N1-Virus werden in den USA bereits regelmäßig in handelsüblicher Milch gefunden. Dass ein technologisch hoch entwickeltes Land das nicht in den Griff bekommt, ist inakzeptabel."
Gefährlicher neuer Genotyp
Nun wurde im US-Bundesstaat Nevada eine neue Variante des Virus entdeckt. Zum Verständnis: Bislang wurde der Genotyp B3.13 als Erreger der Ausbrüche identifiziert. Nun wurde die Variante D.1 entdeckt. Damit gab es innerhalb eines Jahres den zweiten Virus-Eintrag bei Milchkühen – und das, obwohl die Ausbreitung der bisherigen Variante immer noch nicht gestoppt werden konnte. Der in Nevada infizierte Mann soll über entzündete Augen oder eine Bindehautentzündung geklagt haben, berichtet der TV-Sender CNN.
Demzufolge wurde der Subtyp bereits Ende Oktober bei Arbeitern im Bundesstaat Washington bestätigt, die zwar Atemwegssymptome entwickelten, deren Infektionen jedoch als mild beschrieben wurden.
Was über die Symptome bekannt ist
Bis auf zwei schwere Fälle verliefen die Erkrankungen nach einer Infektion beim Menschen eher leicht bis mittelschwer, erklärte die US-Gesundheitsbehörde CDC. Es zeigten sich grippeähnliche Symptome wie Fieber, Halsschmerzen, Atemnot und Husten. Auch von Bindehautentzündung, Nasen- oder Zahnfleischbluten, Durchfall, Erbrechen und Bauchschmerzen wurde berichtet. Allerdings könnten auch neurologische Symptome (Krampfanfälle) und Gehirnentzündung mit einer Vogelgrippe-Infektion in Verbindung stehen.
Sofortige Maßnahmen gefordert
Doch Experten sind alarmiert: Wie das Science Media Center Germany (SMC) berichtet, fordert das deutsche Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), das für die Überwachung und Eindämmung von Tierseuchen zuständig ist, "sofortige, landesweite und konsequente Maßnahmen" zur Eindämmung. Zirkuliere das Virus fortlaufend in Nutztieren, die engen Kontakt zu Menschen haben, steige das Risiko für einen Übersprung auf den Menschen.
Bislang wurden in den USA 68 Infektionen mit der Vogelgrippe beim Menschen nachgewiesen. Eine 65-jährige Person starb, nachdem sie sich durch Vögel in ihrem Garten mit dem Krankheitserreger infiziert hatte. Ein 13-jähriges Mädchen in Kanada erlitt einen schweren Verlauf mit multiplem Organversagen. Wo sich das Mädchen infiziert hat, ist bislang nicht klar. Das Erschreckende: Beide schweren Fälle gehen auf eine Infektion mit dem neu entdeckten Genotyp zurück.
Eintrag bei Milchkühen beunruhigt die Wissenschaftler
Die Schweizer Virologin Barbara Wieland sagte dem SMC: "Die Tatsache, dass ein weiteres H5N1-Virus den Weg in Milchkühe geschafft hat, ist [...] bedenklich und zeigt klar, dass aufgrund der massiven Viruszirkulation in den USA wegen zahlreichen Ausbrüchen in Wildvögeln und in Nutzgeflügel, die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Übertritt steigt. [...] Es ist also essenziell, Maßnahmen zu treffen, die eine Weiterverbreitung des Virus in Kühen, aber auch in Geflügel, verhindern. Entscheidend ist, dem Virus möglichst wenig Gelegenheit zu geben, sich weiter an Säugetiere anzupassen.“
Auch Drosten warnte vor neuer Pandemie
Die Befürchtung der meisten Experten ist, dass es zu einer Mutation kommt, die eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich macht. Bereits im Sommer 2024 warnte der Leiter der Virologie an der Berliner Charité, Christian Drosten, im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Ausbreitung der Vogelgrippe unter Säugetieren könne auch "glimpflich ablaufen. […] Aber es kann auch schon der Anlauf zu einer nächsten Pandemie sein, den wir hier live mitverfolgen."
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine neuseeländische Studie aus dem Sommer. "Sollte sich H5N1 von Mensch zu Mensch übertragen, wäre die Welt sehr wahrscheinlich erneut überfordert", warnte die frühere neuseeländische Premierministerin und Studien-Co-Autorin Helen Clark.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Science Media Center: "Neue Vogelgrippe-Variante in Kühen in den USA nachgewiesen" (Pressemitteilung 10.02.2025)
- CNN: "Bird flu variant found in Nevada cows shows signs of adaptation to mammals" (08.02.2025, englisch)
- Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Viele Menschen hätten nicht sterben müssen" (29.06.2024)
- zdf.de: "Drosten: Vogelgrippe Kandidat für Pandemie" (29.06.2024)