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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ritalin & Co. So gefährlich sind die Hirndoping-Medikamente
ADHS ist weitverbreitet. Die zur Behandlung eingesetzten Medikamente bergen Risiken – insbesondere für nicht von der Störung betroffene Menschen.
Etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen sind von der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) betroffen. Sie ist damit eine der am häufigsten diagnostizierten psychischen Störungen in dieser Altersgruppe. Auch bei Erwachsenen wird der Anteil der Betroffenen an der Gesamtbevölkerung auf fünf Prozent geschätzt.
Was ist ADHS?
Die drei Hauptsymptome der Verhaltensstörung sind Hyperaktivität (also ein übersteigerter Bewegungsdrang), Unaufmerksamkeit (die Konzentrationsfähigkeit ist gestört) und Impulsivität (das Reagieren auf Reize ohne darüber nachzudenken).
ADHS-Betroffene sind somit leicht abzulenken, sind unruhiger, ungeduldiger und unachtsamer, können sich schwer konzentrieren und erleben ihr Leben meist als chaotisch und unorganisiert.
Bei einigen Kindern und bei den meisten erwachsenen Betroffenen fehlt das Merkmal der Hyperaktivität. Sie sind also weniger zappelig, dann spricht man von ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung).
Wie wird ADHS diagnostiziert?
Standardisierte Fragebögen können Anhaltspunkte für die Diagnose bieten. Zudem sollte die Verhaltensauffälligkeit bei Kindern mindestens seit sechs Monaten bestehen. In der Regel folgt eine körperliche und neurologische Untersuchung, um andere Ursachen auszuschließen.
Wurde ADHS in der Kindheit übersehen, manifestieren sich die Symptome auch im Erwachsenenalter. Die Betroffenen wissen meist um ihre Auffälligkeiten, kennen aber die Ursache nicht. Häufig wird dann ein Arzt aufgesucht, wenn sich deutliche Probleme im Alltag zeigen – etwa Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, Konflikte in der Beziehung oder Begleiterkrankungen (häufig sind Suchterkrankungen oder Depressionen).
Wichtig zu wissen: Die Verhaltensstörung ist nicht heilbar. Aber es gibt eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, dazu zählt unter anderem eine Verhaltenstherapie, aber auch der Einsatz von Medikamenten.
Welche Medikamente gibt es?
Zugelassen sind fünf Wirkstoffe:
- Methylphenidat (vor allem bekannt unter dem Handelsnamen Ritalin, kann aber auch als Medikinet oder Concerta verkauft werden, zudem gibt es diverse Nachahmerpräparate)
- Atomoxetin (Handelsnamen Strattera)
- Dexamfetamin (Attentin)
- Lisdexamfetamin (Elvanse)
- Guanfacin (Intuniv)
Die Wirkung ist bei allen ähnlich: Sie erhöhen die Konzentration des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn und verbessern so die Weiterleitung von Nervenimpulsen. Das wiederum mildert die Symptome der ADHS. Besonders bekannt geworden ist Ritalin. Denn es wird häufig missbraucht.
Welche Gefahren gehen von den Medikamenten aus?
Bei vielen der Wirkstoffe, die gegen ADHS eingesetzt werden, handelt es sich um Wirkstoffe aus der Familie der Amphetamine.
Sie mindern die Symptome von ADHS, da sie die Hirnchemie beeinflussen und die Ausschüttung von Dopamin fördern. Damit kommen ADHS-Patienten eher zur Ruhe. Auf gesunde Menschen haben sie jedoch die gegenteilige Wirkung. Auf sie wirken Amphetamine stimulierend, wach machend und leistungssteigernd. Gefühle wie Euphorie und Wohlbefinden werden ausgelöst, das Selbstvertrauen gesteigert.
Ritalin als Leistungsdroge
Daher wurde insbesondere Ritalin dafür bekannt, dass es auch als Partydroge und vor allem zur Leistungssteigerung eingesetzt wird – von Menschen, die nicht an ADHS leiden. Hier ist auch die Gefahr einer Abhängigkeit gegeben. Das Hirndoping kann dazu führen, dass es immer wieder angewandt wird (psychische Abhängigkeit), die Nebenwirkungen sind jedoch gefährlich. Es kann zu Psychosen und/oder Herz-Kreislauf-Problemen führen. Auch andere ADHS-Medikamente werden als Freizeitdrogen oder zur Leistungssteigerung missbraucht.
Experten betonen jedoch, dass die Medikamente, wenn sie bei ADHS-Betroffenen regelmäßig und in bestimmten Dosen eingesetzt werden, nicht zu Abhängigkeit führen. Auch hätten mit Psychopharmaka behandelte ADHS-Patienten kein erhöhtes Risiko für späteren Drogenmissbrauch oder eine Suchterkrankung. Dieses Risiko ist meist dann erhöht, wenn ADHS nicht behandelt wird (Selbstmedikation).
In der Regel zeigen die Arzneimittel auch kaum oder nur wenige Nebenwirkungen - in einigen Fällen können etwa Appetitminderung, Übelkeit, Schlafprobleme, Puls- und Blutdrucksteigerungen auftreten. Auch eine vorübergehende Wachstumsverlangsamung bei Kindern gehört zu den seltenen Nebenwirkungen.
Seit einiger Zeit wird auch der Einsatz von Cannabis bei erwachsenen ADHS-Patienten diskutiert. Dazu wurden aber noch keine ausreichenden Untersuchungen vorgenommen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org: "Behandlung von ADHS mit Medikamenten" (abgerufen am 13.01.2025)
- www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org: "Ursachen von ADHS" (abgerufen am 13.01.2025)
- gemeinsam-adhs-begegnen.de: "ADHS-Diagnose bei Erwachsenen" (abgerufen am 13.01.2025)
- gelbe-liste.de