Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Erkältungswelle: Muss der Staat eingreifen? Infektionen bedrohen die gesamte Gesellschaft
Die Zahl der Erkältungsfälle steigt. Sollte dies ein Anlass sein, in der Öffentlichkeit wieder verpflichtend Maske zu tragen? Zwei t-online-Redakteure diskutieren.
Schniefende Nasen, lautes Schnauben in Büros, Bussen und Bahnen: Die Erkältungswelle hat Deutschland wieder im Griff – gut möglich, dass uns im Winter auch eine Grippewelle bevorsteht. In vielen asiatischen Ländern ist die Maske in solchen Situationen Standard, hierzulande sieht man seit dem Ende der Corona-Pandemie medizinische Masken jedoch nur vereinzelt im öffentlichen Raum. Um möglichst viele vor Viren zu schützen, reicht Rücksichtnahme oder Eigenverantwortung offenbar nicht aus.
Wäre es sinnvoll, die Maske im Ernstfall wieder zur Pflicht zu machen? Ein Pro und Kontra:
Ein kleiner Preis für unsere Gesundheit
Es waren nicht nur Abstandsregeln und Impfungen, die uns die Corona-Pandemie haben überstehen lassen. Wir verdanken das gleichermaßen einer umfangreichen Maskenpflicht. Denn eins ist sicher: Hätten wir in Bus und Bahn einzig und allein auf die Rücksichtnahme unserer Mitmenschen vertraut, wären die Fallzahlen vermutlich weitaus höher ausgefallen.
Man sieht es jetzt wieder: Aktuell grassiert eine Erkältungswelle – doch im öffentlichen Nahverkehr wird weiterhin gedrängelt und dicht an dicht gestanden, Schniefnase hin oder her. Es wird munter in die eigene Hand geniest, ehe diese nach einer Haltestange greift, oder hemmungslos in die umstehende Menge gehustet. Die Viren freut's, schließlich sind die stickigen, feuchten Wagen ein idealer Nährboden, um sich zu vermehren und zu verteilen.
Jeder möchte den bevorstehenden Winter möglichst unbeschadet überstehen. Und das einfachste zur Verfügung stehende Mittel im ÖPNV ist nun mal die Atemschutzmaske. Sie mag nicht sexy aussehen, aber – seien wir ehrlich – Menschen mit laufenden Nasen gewinnen wahrscheinlich ohnehin keinen Schönheitswettbewerb.
Natürlich könnte man argumentieren, dass jeder für sich selbst entscheiden kann. Aber Eigenverantwortung allein genügt nicht. Infektionen bedrohen die gesamte Gesellschaft: Es gab in Deutschland bereits Grippesaisons mit mehr als 25.000 Toten, insgesamt sind hierzulande mehr als 180.000 Menschen durch Corona gestorben.
Besonders in der kalten Jahreszeit steigen die Fallzahlen. Wenn das Tragen einer Maske hilft, Arztpraxen, Krankenhäuser und Leichenschauhäuser zu entlasten, sollten wir diesen Preis für unsere Gesundheit zahlen. Und wenn das nicht freiwillig geschieht, muss eben eine allgemeine Pflicht her.
Nicht in einen kollektiven Alarmmodus verfallen
Auch ich bin dankbar dafür, wenn Erkrankte Verantwortung für ihr Umfeld übernehmen und ihre Keime und Bakterien nicht überall verteilen – wenn sie schon unbedingt das Haus verlassen müssen, anstatt sich auszukurieren. Das trifft vor allem auf Ballungsräume wie Großstädte, aber auch auf Büros zu. Daher lehne ich das Tragen einer Maske nicht grundsätzlich ab.
Eine erneute Maskenpflicht halte ich jedoch für Unsinn. Denn im Gegensatz zur Corona-Pandemie sind die möglichen Auswirkungen einer Erkältung deutlich harmloser. Offen bleibt auch die Frage, ob man sein Immunsystem vor allen schlechten Dingen im Leben fernhalten sollte, statt es (in einem vertretbaren Rahmen) zu stärken.
Vor allem müssen wir uns aber die Frage stellen: Wollen wir künftig ernsthaft jedes Jahr beim Ansteigen der Erkältungszahlen in einen kollektiven Alarmmodus verfallen, pünktlich zum 1. Oktober die Masken aufziehen und bis zum Frühlingsanfang in der Öffentlichkeit nicht mehr absetzen? Was sehr zugespitzt klingt, ist gleichzeitig aber auch mein Appell an die Vernunft: Übernehmen Sie selbst Verantwortung für Ihre Mitmenschen. Bleiben Sie zu Hause oder setzen Sie im Zweifelsfall freiwillig eine Maske auf – bevor jemand auf die Idee kommt, eine Pflicht daraus zu machen.
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