Wirkstoff aus dem Meer Neues Schmerzmittel soll Opioide ersetzen
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Forscher aus Deutschland haben ein neues Schmerzmittel entdeckt. Das Besondere: Es scheint so wirksam wie Opioide zu sein – jedoch ohne Suchtpotenzial.
Könnte ein Meerespilz die Lösung der globalen Opioid-Krise sein? Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) scheinen auf einen vielversprechenden Wirkstoff gestoßen zu sein. Damit könnte eine lang ersehnte Alternative zu den gefährlichen und suchterzeugenden Opioiden ins Blickfeld rücken – und das ausgerechnet aus dem Meer.
Was sind Opioide?
Opioide – umgangssprachlich auch als Opiate bezeichnet – werden bei starken, dauerhaften Schmerzen eingesetzt. Beispiele der Schmerzmittel sind Buprenorphin, Fentanyl, Tilidin, Morphin und Oxycodon.
Opioid-Krise auch in Deutschland
Opioide wie Morphium gehören zu den stärksten Schmerzmitteln überhaupt und sind für Patienten im letzten Stadium schwerer Erkrankungen oft unverzichtbar. Doch sie sind nicht ungefährlich: Bei unsachgemäßem Gebrauch können sie zu Abhängigkeit und drastischen Nebenwirkungen wie Atemstillstand führen. In den USA hat die übermäßige Verschreibung von Opioiden bei leichten Beschwerden zu einer wahren Krise geführt – fast 645.000 Menschen starben dort zwischen 1999 und 2021 an einer Überdosis.
Auch in Deutschland ist das Problem angekommen – Opioide werden hier häufig zum Strecken von Heroin verwendet. Die Folgen sind verheerend: Während Heroin erst ab einer Dosis von 200 Milligramm tödlich wirkt, genügen beim Opioid Fentanyl bereits zwei Milligramm. Mehr als 1.000 Menschen starben im Jahr 2022 in Deutschland durch den Konsum von Opioiden.
Angesichts dieser alarmierenden Zahlen besteht ein dringender Bedarf an sichereren Schmerzmitteln. Hier kommen die Mainzer Forscher ins Spiel.
Neues Schmerzmittel könnte Opioide langfristig ersetzen
Im Rahmen ihrer Studie nutzten sie eine chemische Datenbank mit mehr als 40.000 Naturprodukten, um nach alternativen Wirkstoffen zu suchen. Nach aufwendigen Berechnungen und Analysen konnten sie einen Stoff identifizieren, der sich als Schmerzmittel eignen könnte: Aniquinazolin B, gewonnen aus dem Meerespilz Aspergillus nidulans.
Sie stellten fest, dass dieser alle Kriterien erfüllt: Er bindet gut an die entsprechenden Schmerzrezeptoren und hat die notwendigen Eigenschaften eines Arzneimittels. "Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass dieser Wirkstoff eine ähnliche Wirkung haben könnte wie Opioide, jedoch deutlich weniger Nebenwirkungen aufweist", fasst Studienautorin Roxana Damiescu in einer Pressmitteilung der Universität zusammen. Diese Entdeckung könnte ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung der Opioid-Krise sein.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- chemistry-europe.onlinelibrary.wiley.com: "Aniquinazoline B, a fungal natural product, activates the µ-opioid receptor" (englisch)
- presse.uni-mainz.de: "Neues Schmerzmittel könnte Opioide langfristig ersetzen"
- cdc.gov: "Understanding the Opioid Overdose Epidemic" (englisch)
- dhs.de: "Opiat- und Opioid-Schmerzmittel"