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Mehrsprachige Erziehung: Wie sich das positiv aufs Gehirn auswirkt


Gündoğan, Schweinsteiger und Co.
Sie erziehen ihre Kinder mehrsprachig – das hat Folgen

Von t-online, saz

Aktualisiert am 24.06.2024Lesedauer: 3 Min.
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Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanović: Sie sprechen mit den Söhnen Deutsch, Serbisch, Englisch und Spanisch. (Quelle: IMAGO/Ervin Monn/imago)
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Viele Profisportler erziehen ihre Kinder mehrsprachig. Auf das Gehirn kann sich das positiv auswirken. Das sagen Studien zur mehrsprachigen Erziehung.

Ob Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanović, Dirk und Jessica Nowitzki oder İlkay und Sara Gündoğan: All diese internationalen Sportler- bzw. Promipaare erziehen ihre Kinder mehrsprachig. Dabei spricht jeder Elternteil häufig die jeweilige Muttersprache, die Familiensprache zu Hause ist hingegen oft Englisch. Und manchmal kommen sogar noch mehr Sprachen zusammen.

So hat der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft nun im Interview mit der "Bild am Sonntag" erzählt, dass der gut einjährige Sohn neben Französisch (der Muttersprache seiner Frau Sara), Deutsch und Türkisch auch Italienisch und Spanisch zu hören bekomme. Italienisch, weil Sara Gündoğan lange in Italien wohnte, Spanisch, weil die Familie in Barcelona lebt. Zu Hause spreche man Englisch.

Was aber macht die Mehrsprachigkeit mit Kindern? Ist das Gehirn des Kindes überfordert oder steckt es die unterschiedlichen Eindrücke gut weg? Und was raten Experten, wie man es richtig macht?

Wie verarbeiten Kinder Mehrsprachigkeit?

Entgegen früherer Annahmen zeigen Studien heute: Kinder kommen mit Mehrsprachigkeit gut klar.

Kinder, die zum Beispiel zweisprachig aufwachsen, entwickeln demnach von Anfang an getrennte Sprachsysteme für jede Sprache. Wenn Kinder Sprachen mischen (sog. Code-Switching), sei dies ein Zeichen dafür, dass sie den erlernten Wortschatz "effizient" einsetzen – oder ganz einfach die Erwachsenen um sie herum nachahmen, die ebenfalls oft Sprachen mischen.

Keine wissenschaftlichen Belege gibt es dagegen dafür, dass Mehrsprachigkeit zu sprachlichen Entwicklungsstörungen führt. Für Experten sind solche Entwicklungsstörungen stattdessen in der Regel bereits angeboren. Was bei Kindern, die mehrsprachig aufwachsen, allerdings passieren kann: Sie benutzen zunächst weniger Wörter in einer Sprache als Kinder, die einsprachig aufwachsen.

Haben mehrsprachige Kinder einen geringeren Wortschatz?

Das werde oft als "sprachliche Entwicklungsstörung" interpretiert. Laut Sprachforschern steckt dahinter aber etwas anderes: Denn Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, bauen in der Regel gleichzeitig unterschiedlichen Wortschatz in ihren Umfeldsprachen auf. Oft wird etwa beim Spielen eine Sprache gesprochen, beim Essen oder beim Ins-Bett-Bringen eine andere. Die Anzahl bekannter Wörter in einer Sprache kann daher zunächst geringer sein.

Blickt man aber auf den Wortschatz über alle erlernten Sprachen, legen Studien nahe, dass dieser ebenso umfangreich sein kann wie der eines Kindes, das einsprachig aufwächst. Um die sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes zu beurteilen, setzen einige Wissenschaftler auf das "konzeptuelle Verständnis" ("conceptual vocabulary"). Man fragt sich also: Erkennt das Kind ein Konzept und findet die richtige Vokabel dazu – in irgendeiner Sprache?

Über die Zeit, so die Meinung vieler Forscher, würde sich der Wortschatz in den aktiv gesprochenen Umfeldsprachen angleichen, der "Input" in allen Sprachen erhöht.

Welche Strategien zur Kommunikation gibt es?

Es gibt verschiedene Strategien, wie Eltern und das Umfeld mit mehrsprachig aufwachsenden Kindern kommunizieren können. Eine Strategie, die sich etabliert hat, ist der "One person, one language"-Ansatz, also eine Person spricht konsequent eine Sprache mit dem Kind. Bekannt ist auch der ortsbezogene Einsatz einer Sprache, zum Beispiel: Zu Hause gilt die Familiensprache (z. B. Englisch), draußen die Landessprache (z. B. Spanisch).

Schließlich gibt es die sogenannte "aktivitätsbezogene Methode": Beim Essen sprechen Familienmitglieder Deutsch, beim Spielen Englisch. Oder die zeitgebundene Methode: etwa morgens nach dem Aufstehen Türkisch, tagsüber Englisch, abends Französisch. Wer nun Angst hat zu irren: Die Forschung zeigt, dass es die eine "perfekte" Strategie nicht gibt.

"Sondern es kommt darauf an, das Kind möglichst oft und möglichst vielfältig sprachlich anzuregen", sagt Wiebke Scharff Rethfeldt, Professorin für Logopädie an der Hochschule Bremen, der Deutschen Welle. Wichtig ist also, mit Kindern über viele verschiedene Dinge möglichst viel zu sprechen – in der Sprache, in der sich Eltern und das Umfeld am wohlsten fühlen.

Vorteile von Mehrsprachigkeit

Mittlerweile hat sich in der Wissenschaft die Sicht durchgesetzt, dass sich eine mehrsprachige Erziehung positiv auf das Gehirn auswirkt. Weil die neuronalen Verbindungen gestärkt würden, könne das Gehirn "flexibler" arbeiten, also etwa besser zwischen Aufgaben wechseln, irrelevante Informationen ausblenden und Probleme lösen.

In einer amerikanischen Langzeitstudie zeigten Kinder auch eine bessere und flexiblere Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Das Lernen oder Erinnern fiel ihnen leichter. Auch die sogenannte "kognitive Reserve" sei bei mehrsprachigen Menschen höher: Das Gehirn kann also Schäden besser kompensieren und Funktionen länger aufrechterhalten.

Manche Studien deuten tatsächlich darauf hin, dass bei mehrsprachigen Menschen die Symptome von Alzheimer und Demenz erst einige Jahre später auftreten als bei einsprachigen Personen. Schließlich fördert Mehrsprachigkeit auch einen wichtigen "Soft Skill": das interkulturelle Verständnis.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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