So funktioniert die Technologie Moderna will Impfungen gegen Krebs bis 2030 auf den Markt bringen
Die großen Pharmahersteller arbeiten mit Hochdruck an Impfstoffen gegen Krebs. Bis Ende des Jahrzehnts sollen so auch andere Krankheiten therapiert werden.
Die Forschung im Kampf gegen Krebs schreitet schnell voran: Das Pharmaunternehmen Moderna hat sich jetzt zuversichtlich geäußert, dass bis 2030 Impfstoffe gegen Herzprobleme, Autoimmunkrankheiten und sogar Krebs verfügbar sein sollen.
"Der Impfstoff wird hochwirksam sein und viele Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen von Leben retten. Ich denke, wir werden in der Lage sein, den Menschen auf der ganzen Welt personalisierte Krebsimpfstoffe gegen mehrere verschiedene Tumorarten anzubieten", sagte Dr. Paul Burton, Leiter der medizinischen Abteilung bei Moderna, dem britischen "Guardian". Grundlage ist die sogenannte mRNA-Technologie, auf deren Basis für Patienten individuelle Therapien hergestellt werden können (mehr dazu lesen Sie weiter unten im Artikel).
Therapien gegen seltene Krankheiten möglich
Möglich ist Burton zufolge auch, dass künftig mehrere Atemwegsinfektionen durch eine einzige Injektion abgedeckt werden könnten. Auf diese Weise könnte man gefährdete Menschen gegen Covid, Grippe und das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) schützen. Und auch Therapien gegen seltene Krankheiten könnten zur Verfügung stehen.
Moderna ist nicht das erste Unternehmen, das in den kommenden Jahren Impfungen gegen Krebs erproben will: Mitte Februar hatte Biontech seine Pläne für Krebsimpfungen auf mRNA-Basis präzisiert: Zunächst solle ein Mittel gegen Hodenkrebs entwickelt werden. Bis 2027 sollten dann "mehrere Produkte von Biontech als Krebstherapien auf den Markt kommen, wenn die Studien erfolgreich verlaufen", sagte Aufsichtsratschef Helmut Jeggle in der "Augsburger Allgemeinen". Zwar betreffe dies zunächst eine eher kleine Zielgruppe – bei Erfolg könnte die Methode aber auch schnell auf andere Krebsarten ausgeweitet werden. Schon in diesem Jahr will Biontech klinische Studien in Großbritannien starten.
Sowohl Moderna als auch Biontech waren vor der Corona-Pandemie mit dem Ziel gestartet, Impfungen gegen Krebs zu entwickeln. Die Pandemie hat die Forschung an der mRNA-Technologie beschleunigt, sie kam schon bei Corona-Impfungen zum Einsatz.
Erste Erfolge in experimentellen Studien
Im Januar hatte Moderna laut "Guardian" die Ergebnisse einer fortgeschrittenen Studie seines experimentellen mRNA-Impfstoffs gegen RSV vorgestellt: Der Impfstoff sei bei Patienten über 60 Jahren zu 83,7 Prozent wirksam gewesen bei der Vorbeugung gegen mindestens zwei Symptome, beispielsweise Husten und Fieber. Die US Food and Drug Administration (FDA) wertete dies als Therapiedurchbruch – die Behörden wollen den Impfstoff also beschleunigt prüfen. Im Februar bekam ein experimenteller Moderna-Impfstoff gegen Hautkrebs denselben Status.
Wie funktioniert die mRNA-Technologie?
Um eine individuelle Impfung gegen Krebs mit mRNA-Technologie entwickeln zu können, werden den erkrankten und operierten Menschen Gewebeproben von den Tumor- und den gesunden Zellen abgenommen. In Laboruntersuchungen wird ermittelt, welche Proteine die beiden Zellarten voneinander unterscheiden. Ein Protein, das typisch für die Krebszellen ist, wird dann mittels der mRNA-Technologie verimpft. Damit wird das Immunsystem alarmiert und eine Immunreaktion stimuliert. Die Folge: Der Körper attackiert die Krebszellen.
"Der Ansatz ist sehr gut für die Krebsbekämpfung geeignet", erklärte Dr. Andreas Radbruch, Immunologe und wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin, im Interview mit t-online (lesen Sie den gesamten Artikel hier). "Diese Technologie erlaubt es, sehr schnell einen für jeden Patienten individuell angepassten Impfstoff zu produzieren, der präzise die geringen Unterschiede zwischen Krebszellen und gesunden Körperzellen ausnutzt, das Immunsystem alarmiert und es gezielt die Tumorzellen angreifen lässt."
Einen Nachteil hat die Technologie bei Krebs-Impfstoffen in der Entwicklungsphase aber noch: Sie kann bislang nur bei Menschen angewandt werden, die bereits an Krebs erkrankt sind. Die individuellen Profile der Krebszellen müssen erst einmal erkennbar werden.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- guardian.com: "Cancer and heart disease vaccines ‘ready by end of the decade'"
- Archivmaterial