Ukraine-Krieg und steigende Preise Ifo-Experten kappen Wirtschaftsprognose deutlich
Die Deutschen spüren die Folgen des Ukraine-Kriegs vor allem beim Einkaufen sowie an der Tankstelle. Doch auch die Wirtschaft leidet unter den hohen Preisen. Das Ifo-Institut rechnet mit deutlich weniger Wachstum in diesem Jahr.
Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und den in diesem Zuge stark gestiegenen Energiepreisen senkt das Münchner Ifo-Institut seine Konjunkturprognose deutlich. Die Ökonomen kürzen ihre Vorhersage für das Wirtschaftswachstum für dieses Jahr auf 2,5 Prozent. Im März, kurz nach Kriegsbeginn also, erwartete das Institut noch einen Zuwachs der deutschen Wirtschaft von 3,1 Prozent.
Für das kommende Jahr gehen die Konjunkturforscher nun davon aus, dass die Wirtschaft um 3,7 Prozent anziehe. "Die Wirtschaftsleistung liegt derzeit noch immer ein Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau von Ende 2019", sagt Timo Wollmershäuser, Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen, laut einer Mitteilung. "Wir rechnen aber mit einem allmählichen Rückgang der Rohstoffpreise und der Materialengpässe im zweiten Halbjahr."
Experten erwarten fast 7 Prozent Inflation
Die Inflation dürfte den Forschern zufolge auf 6,8 Prozent zulegen und erst kommendes Jahr auf 3,3 Prozent zurückgehen. Im März rechneten sie noch mit einer Teuerungsrate zwischen 5,1 und 6,1 Prozent. Ende 2021 waren sie gar noch von 3,3 Prozent ausgegangen.
Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte bereits Ende April im Interview mit t-online, er erwarte noch weiter steigende Inflationsraten. "Der Inflationsdruck wird die kommenden Monate hoch bleiben", so Fuest damals. "Viele Firmen planen gerade erst, die Preise anzuheben."
Im Mai sprang die jährliche Inflationsrate in Deutschland mit 7,9 Prozent auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet mit weiter steigenden Preisen.
Laut neuen EZB-Prognosen steigt die Inflationsrate im Jahr 2022 auf durchschnittlich 6,8 Prozent in der Eurozone und liegt damit deutlich über dem EZB-Ziel von zwei Prozent. Preistreibend wirkten sich demnach insbesondere Energie- und Lebensmittelpreise aus. Zuletzt kündigte die Notenbank daher an, den Leitzins im Juli anzuheben. Mehr dazu lesen Sie hier.
Steigende Preise dämpfen Konsum
Wollmershäuser sagt nun, der mit den hohen Preisen verbundene Kaufkraftverlust habe sich gerade zu Jahresbeginn "in einem rückläufigen Warenkonsum niedergeschlagen". Das heißt: Die Deutschen haben weniger gekauft und dafür mehr gespart.
Dank eines spürbaren Anstiegs der Ausgaben für Dienstleistungen wie etwa Reisen sei allerdings der private Konsum insgesamt im ersten Vierteljahr nicht gesunken, sondern stabil geblieben, so Wollmershäuser weiter. Das habe vor allem am Abflauen der Corona-Welle gelegen. Im weiteren Verlauf des Jahres dürfte sich diese Normalisierung fortsetzen und so zum Wachstum der deutschen Wirtschaft beitragen, erwarten die Wirtschaftsforscher.
Daher rechnen die Ifo-Experten auch mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit: Die Zahl der Arbeitslosen könnte von 2,6 Millionen auf 2,3 Millionen Menschen zurückgehen. Im kommenden Jahr könnte die Zahl dann fast unverändert bleiben.
- Eigene Recherche
- Pressemitteilung des Ifo-Instituts
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters